CN: Missbrauch
»Stimmt es, dass dein Freund einer von den Death Demons war?«, fragte Laura, als sie nach der Party in meinen Armen lag.
Das Bett war eindeutig nicht für mehr als eine Person gedacht, aber sie hatte ja unbedingt hier schlafen müssen. Mir passte das überhaupt nicht. Es war mein Bett und da wollte ich keine meiner Affären haben. Aber wie ich am Abend von Alison erfahren hatte, sah Laura sich selbst auch als mehr.
»Nein.« Auch wenn es mir nicht passte, diese Lüge musste sein. Nicht nur, weil mich die Wahrheit in Teufelsküche gebrachte hätte, sondern auch, weil es niemanden etwas anging. Das durfte niemals an die Öffentlichkeit gelangen, nichts, was damit zusammenhing. »Wie kommst du auf den Mist?«
»Es gab immer Gerüchte darüber, dass du mit einem der anderen zusammen bist und auch mit ihm zusammen wohnst. Ich dachte nur, dass sie vielleicht stimmen könnten, weil das mit deinem Freund ja auch gestimmt hat. Isaac, warum hast du mir das nie erzählt?« Sie drehte sich auf den Rücken und sah mir ins Gesicht.
»Weil es niemanden etwas angeht. Es war nur eine Phase.« Konnte sie nicht einfach aufhören, diese Fragen zu stellen? Ich konnte sie ihr kaum beantworten, ohne ausfallend zu werden. Doch das hätte nicht nur Lance geweckt, sondern sie auch vertrieben. Und so sehr sie mich auch gerade nervte: Ich hatte so lange gebraucht, sie rumzukriegen, da verscheuchte ich sie doch nicht einfach wieder.
»Also sind das wirklich alles nur Gerüchte?« Noch immer klang sie unsicher.
Ich gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Sie sollte bitte nicht so anfangen. Wenn sie so weiter machte, würde mir nichts weiter übrig bleiben, als sie zu vertreiben, weil sie sich zu sehr in mein Privatleben einmischte. Das alles war vorbei und hatte nichts mit ihr zu tun. »Ja. Glaub doch nicht jeden Mist, den irgendjemand erzählt.«
»Aber was soll ich denn sonst glauben? Du erzählst ja nie was über dich. Du wolltest mir ja nicht mal verraten, wie du richtig heißt. Ich kann dich doch nicht immer nur Samsa nennen.«
»Können die anderen doch auch«, gab ich trocken zurück. So schwer war der Name doch nun auch nicht.
»Aber ich will dich nicht genauso nennen wie jeder x-beliebige andere auch.« Ihre Stimme klang schon fast bockig. Dennoch hatte ich keine Lust mehr auf diese Diskussion. Sie sollte sich gar nicht erst angewöhnen diesen Namen zu verwenden, der sie nichts anging und den sie nicht einmal kennen sollte!
»Dann denk dir selbst etwas aus, Puschel.« Ich nahm ihren geflochtenen Pferdeschwanz zwischen die Finger und kitzelte sie mit dem Ende am Ohr.
Lachend zog sie den Kopf weg, wischte sich über das Ohr und entzog mir dann den Zopf.
Gut, wenn sie noch lachte, war sie mir nicht böse, sonst wäre sie nur genervt gewesen. »Ich mag nicht, dass jeder den Namen kennt. Es geht die meisten einfach nichts an. Ich hab nur nichts gesagt, damit er dir nicht vielleicht mal vor anderen herausrutscht. Und jetzt sollten wir schlafen, bevor wir Lance wecken.«
Nicht, dass das wirklich hätte passieren können. Wenn er getrunken hatte, hatte Lance einen sehr tiefen Schlaf. Aber das wusste sie zum Glück ja nicht. Ich hatte einfach keine Lust, weiter über dieses leidige Thema zu diskutieren. Auf die Dauer würde ich dann meine Wut darüber nicht mehr verbergen können.
Sie drehte sich zu mir und küsste mich kurz. »Ist gut. Schlaf schön.«
»Na, gefällt dir das?«, raunte er an mein Ohr.
Vehement schüttelte ich den Kopf, senkte ihn noch weiter, während ich mit den Tränen kämpfte. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht gönnen!
»Warum nicht? Ist es nicht schön, so von mir genommen zu werden?«
»Lass mich! Ich will nicht!«, schrie ich ihn an. Oder vielmehr die Wand vor mir. Dennoch tat es gut, viel zu oft hielt ich einfach den Mund.
»Aber gerade wolltest du doch noch.« Eine Hand drückte mich zwischen den Schulterblättern fester gegen die Wand, verhinderte, dass ich mich aufrichtete. Die Stimme war so schneidend kalt, bescherte mir eine Gänsehaut. »Oder bin ich dir nicht gut genug? Meinst du, das Bürschchen hätte es dir besser besorgen können, ja?«
»Ich hab doch nur mit ihm geredet!«, brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Stöße brannten in meinem ganzen Körper nach.
»Natürlich, mein Süßer.« Er strich mir mit der freien Hand durch die Haare. Diese Geste sollte wohl liebevoll sein, doch sie schürte nur noch mehr den Ekel, der in meinem Inneren brodelte. »So, wie du mit jedem einfach nur redest. Ich hab doch gesehen, wie du ihn schon den ganzen Abend angeschmachtet hast. Leider wirst du mit mir vorliebnehmen müssen.«
Während er sich erneut in mich drängte, schob ich den Arsch ruckartig heraus. Es brannte höllisch, brachte ihn aber aus dem Konzept. Diesen Moment nutzte ich, um schnell wieder nach vorne zu schnellen, ihm dadurch zu entkommen. Blitzschnell drehte ich mich herum, hatte die Wand nun in meinem Rücken.
»Lass mich in Ruhe, du widerliches Arschloch!«, schrie ich ihm in die schrecklich verzehrte, kaum noch menschliche Fratze. Ich stieß ihn von mir und nahm die Beine in die Hand. So schnell ich konnte, lief in die Schwärze davon, immer weiter. Ohne Ziel, einfach immer weiter, einfach nur weg von diesem Monster, das sich in meinem Leben eingenistet hatte.
Schwer atmend und schweißgebadet wachte ich auf, brauchte einen kurzen Moment, um mich zu orientieren. Ich hatte es geschafft dem Traum und seinem Dämon zu entkommen. Wenigstens dort gelang es mir. Manchmal.
Ich lag in meinem Bett, neben mir schlief Laura fest an mich geklammert. Vorsichtig, darauf bedacht, sie nicht zu wecken, befreite ich mich aus ihrem Griff. Wenn sie jetzt aufwachte, würde sie nur wieder Fragen stellen, die ich ihr nicht beantworten wollte.
Als ich es endlich aus dem Bett geschafft hatte, schlich ich mich ins Bad. Die Uhr des Duschradios zeigte gerade einmal acht Uhr fünfunddreißig. Ich musste mir also keine Sorgen machen, dass bald jemand aufwachte. Wir hatten uns alle erst gegen Sechs ins Bett begeben.
Ich stieg unter die Dusche, hoffte, dass ich so auch die letzten Fetzen des Traumes loswurde. Zumindest für diese Nacht würde ich dann wohl wieder ruhig schlafen können. Damit ich ein paar Tage länger Ruhe hatte, musste ich die Fantasien aus meinem Kopf bekommen, die sich dort am vorherigen Morgen eingeschlichen hatten. Doch ich kannte nur eine zuverlässige Methode und diese war keine Option!
»Isaac?«, hörte ich irgendwann ein Flüstern von der Tür. »Ist alles gut?«
»Ja, alles gut. Hab nur schlecht geschlafen. Geh wieder ins Bett«, forderte ich Lance auf, ohne hinter dem Vorhang hervorzutreten. Dennoch stellte ich die Dusche ab. Wie lange stand ich schon wieder hier? Das Radio verriet, dass es bereits wieder eine halbe Stunde war. »Du musst wirklich nicht ständig nach mir schauen.«
»Hätte ich auch nicht. Aber deine Freundin hat mich geweckt, weil du plötzlich weg warst.« Tatsächlich klang er noch verschlafen, ich hatte es vorher durch die Dusche nicht gehört. Ich hielt die Hand nach draußen und bekam auch prompt ein Handtuch von ihm gereicht.
»Ich hab keine Freundin«, gab ich patzig zur Antwort, während ich mich abtrocknete. Er sollte sie nicht auch noch mit solchen Aussagen bestätigen!
Ich sah regelrecht vor mir, wie er die Augen verdrehte. »Dann eben die Frau, mit der du seit mehreren Monaten eine Affäre hast, die du mindestens einmal die Woche triffst, fast immer bei ihr schläfst und die gerade in unserem Zimmer hockt und sich fragt, wo ihr Freund mitten in der Nacht abgeblieben ist. Und das ›Freund‹ sind nicht meine Worte!«
Jetzt war es an mir, die Augen zu verdrehen. Seit wann war er denn so ein Moralapostel? »Du hättest ihr auch einfach sagen können, dass sie die Ohren aufsperren soll.«
»Du bist echt mal wieder super freundlich. Was soll ich ihr denn sagen, warum du mitten in der Nacht duschen gehst? Kannst du mir das mal erklären?«
»Technisch gesehen haben wir morgens«, widersprach ich noch immer schlecht gelaunt. Die sollten mich doch alle mal in Ruhe lassen! »Kannst ihr sagen, ich mache Frühstück.«
»Wie du willst. Ich geh nochmal schlafen. Die anderen sind bestimmt auch dankbar, wenn ihr nicht so laut seid.« Ich hörte, dass er die Tür wieder hinter sich zuzog und trat dann aus der Dusche. Damit war meine Nacht dann wohl beendet. Ein toller Start ins neue Jahr.
In der Küche räumte ich etwas Zeug auf den Tisch und stellte die Kaffeemaschine an. Dann ging ich zurück ins Schlafzimmer und zog mich leise an, um Lance nicht erneut zu wecken. Laura kroch lächelnd aus dem Bett und schmiegte sich freudig an mich, dankbar, weil ich daran gedacht hätte, dass sie wegen der Katzen losmusste. Ich hatte gar nicht vor, diese Ansicht zu berichtigen. Wenn sie meinte, sich so etwas einbilden zu müssen, war sie selbst schuld.
Den Rest des Tages hatte ich die WG für mich. Cohen und Andrej trafen sich mit Freunden und Lance fuhr zu seinen Eltern. Ich hätte durchaus mit ihm gehen können, immerhin hatte ich die Paynes auch schon seit Weihnachten nicht mehr gesehen, aber ich wollte auch mal ein wenig Zeit für mich haben. In so einer WG kam das viel zu selten vor.
Eine Weile setzte ich mich ins Wohnzimmer und sah fern. Doch so wirklich lenkte es mich nicht ab. Immer wieder gingen meine Gedanken zu der Fantasie vom vorherigen Morgen. Sie ließ mir einfach keine Ruhe. Ich konnte die imaginären Berührungen regelrecht spüren.
Ich hasste es. Hasste es so sehr! Warum konnten sie mich nicht in Ruhe mein Leben führen lassen, warum mussten mich diese alten Sehnsüchte immer wieder einfangen? Wie sollte ich so mit gutem Gewissen behaupten, ich hätte kein Interesse an Männern, wenn mich diese Hirngespinste alle paar Wochen quälten? Ich wollte diese ganze Scheiße doch einfach nur hinter mir lassen und neu anfangen!
Doch natürlich half alles nichts. Wenn mein Kopf keine Ruhe geben wollte, dann musste ich dem eben nachgeben. Wenn ich es noch weiter hinauszögerte, würde es nur schlimmer werden. Und lieber kümmerte ich mich selbst darum, als in ein paar Tagen wieder in irgendeinem Hotel- oder Schlafzimmer aufzuwachen und mich für die vorangegangene Nacht zu verachten.
Ich begab mich ins Schlafzimmer und schloss hinter mir ab. Wenn Lance früher zurückkam als gedacht, wollte ich nicht von ihm erwischt werden. Natürlich war das in den letzten eineinhalb Jahren nicht ausgeblieben, dennoch wäre es in solchen Momenten besonders peinlich, zumal ich nicht wusste, wie ich ihm das hätte erklären sollen. Wie hätte er die Wahrheit verstehen sollen?
Ich zog mich aus und legte mich zurück ins Bett. Während ich vorsichtig die Gedanken in meinem Kopf zuließ, streichelte ich über meinen Bauch. Dennoch konnte ich mich nicht ganz darauf einlassen. Zu groß war die Angst vor den Gedanken, die ich in meinem Kopf nicht haben wollte, vor den Fantasien, die ich mit einer Frau nie würde ausleben können. Bestärkte ich sie nicht noch, indem ich ihnen nachgab? Aber welche andere Wahl hatte ich schon? Alles Ignorieren hatte bisher nicht geholfen und würde es wohl auch weiterhin nicht. Vielleicht war ich auch einfach zu schwach, versuchte es nicht streng genug. Andererseits entfachte dieses Verlangen jedoch nicht nur meine Lust, sondern konnte auch so hartnäckig werden, mich mit Albträumen zu strafen, wenn ich es ignorierte. Und die Albträume waren so viel schlimmer, als den Gedanken einfach nachzugeben.
Manchmal verfluchte ich, es überhaupt jemals ausprobiert zu haben, mich jemals darauf eingelassen zu haben. Immerhin hatte ich vorher nie solche Fantasien gehabt. Dann wurde mir jedoch klar, dass ich so oder so irgendwann erfahren hätte, wie es funktionierte, diese naive Blase sowieso irgendwann geplatzt wäre, in der ich mich als Siebzehnjähriger befunden hatte, und dann hätte ich es ausprobieren wollen. Ich konnte also niemandem einen Vorwurf machen, es mir gezeigt zu haben.
Nach und nach entspannte ich mich doch und konnte die negativen Gedanken verdrängen. Langsam wanderte ich mit der Hand weiter in die südlichen Regionen und umfasste meine kaum vorhandene Erektion. Meine Hand war zwar eindeutig kein Ersatz für das, was in meinem Kopf vor sich ging, aber vielleicht konnte sie mir ja dennoch helfen. Ich ließ mich weiter in die Fantasien fallen, rieb dabei über meinen Schwanz, der sich nur träge aufrichtete.
Fuck! So sehr ich es auch versuchte, es reichte nicht. Die letzten kleinen Details, die ich noch in die hintersten Ecken verbannte und mit einer Mauer abschirmte, rebellierten. Sie nahmen es mir übel, bereits gestern nicht zum Zug gekommen zu sein und nun auch noch ignoriert zu werden, während ich den Rest zuließ.
Ich kämpfte noch einen Moment mit ihnen, dann ließ ich sie zu. Ich war allein, es würde keiner mitbekommen, woran ich mich aufgeilte, es geschah allein in meinem Kopf. Davon allein würde ich schon keine Panikattacke bekommen. Hoffte ich.
Die attraktive Frau, mit der ich bisher in meinen Gedanken herumgefummelt hatte, verwandelte sich fast augenblicklich in einen ebenso attraktiven Kerl. Mit geschmeidigen Bewegungen stand er auf und begab sich hinter mich. Es war niemand Bestimmtes, einfach nur ein gesichtsloses Gedankengespinst. Dennoch konnte ich seine Hände auf meiner Haut fast körperlich spüren, wie sie über meine Seiten strichen, während sich sein steifer Schwanz gegen meinen Hintern drückte. Mir entwich ein wohliges Seufzen, als er begann, sich an mir zu reiben und dann Stück für Stück in mich eindrang.
Auch wenn es nur eine Fantasie war, mein Körper reagierte darauf, gierte regelrecht danach, diese Dinge wirklich zu spüren. Daher war ich auch wenig verwundert, dass die Hand an meinem Schwanz nichts brachte. Mein Körper sehnte sich nach dem Gefühl, ausgefüllt zu werden. Am besten mal wieder bei vollem Bewusstsein und nicht sturzbetrunken. Doch diesen Wunsch konnte ich ihm nur bedingt erfüllen.
Genervt streckte ich mich zu meinem Nachttisch, kramte ein wenig darin herum und fand dann endlich, was ich suchte. Konnte Gleitgel schlecht werden? Ich bezweifelte es.
Ich tropfte mir etwas davon auf den Finger, verrieb es und nahm dabei meinen ganzen Mut zusammen. Es war so lange her, dass ich das das letzte Mal getan hatte, ich hatte ein wenig Angst, dass es schmerzen würde. Dabei war das Unsinn. Und selbst wenn: Ich hatte schon viel schlimmere Schmerzen erlebt.
Tief durchatmend schloss ich die Augen und näherte mich mit dem Finger an mein Hinterteil an. Langsam ließ ich ihn zwischen die Backen gleiten, dann über den Muskel, der mein Ziel versperrte, massierte ihn vorsichtig. Fast schon automatisch glitt mein Finger dazwischen. Obwohl es so lange her war, wusste ich noch ganz genau, wo ich suchen musste. Zielsicher fand ich den richtigen Punkt und strich darüber. Blitze zuckten durch meinen Körper, ließen mich schnell den Atem ausstoßen. Scheiße! Wie konnte sich etwas, das man doch gar nicht wollte, dennoch so gut anfühlen? Aber das kannte ich von mir ja nicht anders.
Einige Minuten später lag ich völlig erschöpft auf dem Bett. Als die imaginären Hände begannen träge über meinen verschwitzten Körper zu streicheln, scheuchte ich sie weg, sperrte sie zurück in ihre Ecke. Sie sollten sich gar nicht erst einbilden, willkommen zu sein. Genauso wie die dazugehörigen Gedanken. Ich wollte beides nicht, sie konnten mir gern gestohlen bleiben! Ich war völlig zufrieden damit, gelegentlich mit der einen oder anderen Frau zu schlafen. Ich brauchte keine Männer!
Eilig sprang ich auf und schlüpfte noch einmal unter die Dusche. Ich wollte die letzten Ausläufer der Lust von mir fortspülen. Selbst wenn ich hoffen konnte, die nächste Zeit von ähnlichen Gelüsten und den elenden Albträumen befreit zu sein, hatte ich nicht vor, das allzu bald zu wiederholen.
»I’m afraid of my thougths and
I’m falling apart
I’m surrounded by fear
Stuck in despair
And if I make it from here I’ll be good, I swear«
Alice in Videoland – Numb