»Danke, dass du dich für mich eingesetzt hast«, flüsterte ich, als Steve und ich abends im Bett lagen.
Er drehte sich auf den Rücken und streichelte mir über den Kopf. »Ist doch selbstverständlich. Wenn wir nicht zusammenhalten, wer sollte es sonst tun? Ich kenne das doch auch: Die Leute verstehen nicht, dass wir nun einmal anders sind.«
Ich schmiegte mich an seine Brust und ließ es zu, dass er den Arm um mich legte. »Weißt du daher so genau, warum ich nicht mit ihnen zusammen sein kann?«
Er kraulte mir weiter über den Nacken und nickte. »Vielleicht. Du hast mir ja immerhin schon einiges über dich erzählt.«
Ja, vermutlich hatte er recht. Auch wenn wir uns erst seit gestern Abend real kannten, wir kannten die Geschichte des jeweils anderen und wenn man genauer darüber nachdachte, waren sie sehr ähnlich. »Was ist das denn dann mit dem Kerl, den du so toll findest?«
Er zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, was daraus wird. Ich wollte die Woche nutzen, um mir darüber klarzuwerden, was genau ich mir davon erhoffe. Daher bin ich für ihn auch nicht zu erreichen, auch wenn er mir trotzdem gestern und heute geschrieben hat, dass er mir eine gute Nacht, bzw. einen schönen Tag wünscht.«
Ich grinste. »Das klingt ja verdammt süß. Und du hast ihm nicht geantwortet?«
Steve schüttelte den Kopf. »Ich will wissen, ob er mir trotzdem weiter schreibt oder aufdringlich wird oder das Interesse verliert.«
»Das ist doch Unsinn!«, beschloss ich und richtete mich auf. »Was willst du denn damit erreichen? Damit vergraulst du ihn doch nur. Oder willst du ihm ernsthaft am Ende der Woche sagen: ›Hey, das war nur ein Test, ich mag dich trotzdem‹? Los, hol dein Handy, wünsch ihm einen schönen Abend und entschuldige dich, dass du bisher keine Zeit hattest.«
Steve zog die Augenbraue hoch, sah mich eine Weile eindringlich an, dann lachte er. »Und sowas muss ich mir von dem Kerl sagen lassen, dessen Lover ich vorhin angeschrien hab, weil er selbst nicht in der Lage war, ihm seine Gefühle zu erklären.«
»Du hast es doch selbst gesagt: Wenn wir nicht zusammenhalten, wer sonst? Ich sag ja nicht, dass du ihm deine ewige Liebe gestehen sollst, aber solche Spielchen sind doch total daneben. Er kann es nur falsch machen.«
Ergeben seufzte Steve und stand auf, um sein Handy zu holen. Während er die Nachricht tippte, lag ich neben ihm und beobachtete ihn. Er bemerkte es vermutlich nicht einmal, aber er lächelte dabei die ganze Zeit.
Nachdem er fertig war, deutete ich auf den Bildschirm, wo noch immer ein hübscher Kerl zu sehen war. »Ist er das? Der ist echt süß. Mir wäre er zu aalglatt, aber echt nicht zu verachten.«
Verlegen nickte Steve. »Ja. Ich dachte das auch erst, aber er ist wirklich total lieb.«
»Ist es dann überhaupt okay, wenn du mich in Naturalien bezahlst?« Ich grinste ihn an.
Einen Moment stockte er, doch dann breitete sich ein Lachen auf seinem Gesicht aus. »Ich dachte ja, das war ein Scherz.«
»War es eigentlich auch. Aber dann haben wir die Getränke stehen lassen und irgendeine Bezahlung möchte ich ja wohl auch haben.«
»Wie? Die erste Probestunde war nicht umsonst?« Er machte große Augen, doch sein breites Grinsen strafte seinem Erstaunen Lügen.
»Nope! Ist eine Kostenfalle.«
Er lachte und steckte mich damit an.
Nachdem wir uns beruhigt hatten, kuschelte ich mich wieder an seine Brust. »Ernsthaft, ist das hier dann überhaupt okay?«
Steve griff nach meiner Hand und legte sie sich ebenfalls auf die Brust. Automatisch streichelte ich darüber. »Ja, ich denke schon. Immerhin sind wir nicht zusammen. Wir haben uns ja noch nicht mal geküsst.«
»Oh, ich dachte, ihr wärt schon etwas weiter.«
Kopfschüttelnd streichelte er mir über den Rücken. »Nein. Darum weiß ich auch nicht, ob da überhaupt was draus wird. Ich weiß ja bisher nicht einmal, ob er in mir mehr sieht als einen potentiellen Freund. Also Kumpel-Freund, ohne Sex und so. Geschweige denn, was er davon halten würde, wenn ich ihn wirklich anmachen würde.«
Nachdenklich nickte ich. »Weißt du denn, ob er überhaupt Interesse an Männern hat?«
»Ja. Das wäre auch das nächste Problem: Er ist offen schwul.«
Ich murmelte zustimmend. Schon klar, dann wäre es auch bei Steve vorbei mit dem Versteckspiel. Dennoch bezweifelte ich, dass es auf die Art bei ihnen jemals weitergehen würde. »Warum fragst du ihn dann nicht einfach, was er von dir hält und ob er Interesse hat?«
»Was?!« Steve lachte und schüttelte mich damit durch. »Ich kann doch nicht einfach hingehen und ihn fragen, ob er mit mir gehen will. Am besten noch mit Zettelchen zum Ankreuzen. Wir sind doch keine zehn mehr.«
»Doch, klar!« Ich musste ebenfalls bei der Vorstellung lachen. Immerhin wurde Steve ja jetzt schon leicht rot. Wie wäre es dann erst, wenn er vor dem Typen stand? »Ich meine, du musst ja nicht so plump fragen, aber vielleicht mal, ob er überhaupt eine Beziehung möchte oder ihm sagen, dass du ihn magst oder so. Zumindest bei meinem besten Freund funktioniert das wohl recht gut.«
Über Steves Gesicht huschte ein verschmitztes Grinsen. »Und du hast natürlich diesen Braunhaarigen und seinen Freund auch danach gefragt ...«
Kurz war ich verwirrt, doch dann verstand ich, worauf er hinauswollte. Er war wohl selbst noch nicht sicher, ob er wirklich mehr wollte.
»Du bist süß«, stellte er nach einer Weile fest, die wir uns einfach nur angeschaut hatten.
»Weißt du doch gar nicht!«, protestierte ich. »Du hast es gar nicht probiert.«
»Doch, deine Lippen und Zunge. Aber keine Sorge, alles andere lässt sich nachholen!« Er griff nach meiner Hand und wollte daran lecken.
»Ih!« Schnell zog ich sie zurück und zwickte ihn in die Seite. »Du bist widerlich!«
»Was? Na warte!« Er griff nach mir und kitzelte mich. Lachend wehrte ich mich dagegen, versuchte meinerseits, ihn zu kitzeln, aber auch gleichzeitig seine Hände abzuwehren.