»Hey Toby«, wurden wir sofort von der Verkäuferin begrüßt. »Wo hast du denn Roger gelassen?«
Toby lächelte und reichte ihr die Hand. »Hi. Roger muss arbeiten. Dafür hab ich einen Freund mitgebracht.«
»Soso, ein Freund.« Sie zwinkerte Toby wissend zu, dann glitt der neugierige Blick der Frau mittleren Alters im Netzoberteil zu mir.
Mir war das Ganze unheimlich peinlich und ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zu verstecken. Da half es auch nicht, dass Toby meine Hand hielt und mich aufmunternd anlächelte. Dass sie Toby und Roger kannte, machte es nicht besser. Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir einfach unbehelligt hätten hinein und dann wieder hinaus gehen können.
Doch dann gab ich mir einen Ruck. Hier gingen jeden Tag Kunden ein und aus, die vermutlich noch viel ausgefallenere Wünsche hatten als wir. Es gab nichts, wofür ich mich schämen musste. Außerdem sah die Frau trotz ihres Alters recht ansehnlich aus. Fünf bis zehn Jahre jünger und sie hätte sicher meinem Typ entsprochen.
Ich setzte mein selbstsicherstes Lächeln auf und hielt ihr ebenfalls die Hand hin. »Hi, ich bin Samsa.«
Sie lächelte erfreut. »Hallo. Ich bin Regina. Was kann ich denn für euch tun?«
Toby wartete einen Moment, ob ich antwortete, dann übernahm er das. Er erklärte der Frau, was wir suchten, während ich meinen Blick schweifen ließ. Von dem, was er da erzählte, verstand ich sowieso nur die Hälfte, nämlich genau so viel, wie groß der Dildo etwa sein sollte, alles andere war für mich völlig unverständlich.
Die meisten Dinge, die hier hingen, hätten mich früher sicher interessiert und auch jetzt konnte ich zumindest nicht anders, als wenigstens einen kurzen Blick darauf zu werfen. An einer Wand waren Metall- und Lederbänder befestigt, an einer anderen eine Menge Kleinkram wie Kondome und Gleitgele. Mehr erkannte ich aber erstmal nicht, da ich die beiden anderen Bereiche, die abführten, nicht einsehen konnte. Und mich allein auf den Weg zu machen, traute ich mich nicht.
Doch das war auch gar nicht nötig, denn Tobys Hände legten sich bereits auf meine Hüfte. »Komm mit.«
Begleitet von der Dame gingen wir in den linken Bereich, in dem sich so ziemlich alles befand, was man sich in irgendeiner Form halbwegs gefahrlos in diverse Körperöffnungen stecken oder in das man Körperteile einführen konnte. Ich fühlte mich erschlagen, doch Tobys Anwesenheit machte es erträglicher.
Flink griff Regina in die Regale und stellte eine Auswahl an Dildos auf einen kleinen Tisch. Wenig später verkündete sie: »Das sollten so die sein, die etwa deinen Kriterien entsprechen.«
»Danke, Regina. Könntest du uns einen Moment allein lassen? Wir rufen dich, wenn wir dich brauchen.«
»Klar, kein Thema. Nur keine Dummheiten anstellen.« Sie zwinkerte uns zu und ging dann wieder nach vorne.
Unschlüssig starrte ich den Tisch an, auf dem nun ein gutes Dutzend verschiedener Dildos in unterschiedlichen Farben, Formen und Dicken stand. Und nun? Ich hatte mir das ein wenig einfacher vorgestellt, als Toby und Roger vorgeschlagen hatten, etwas Passendes zu kaufen, weil ich bei ihnen nicht fündig wurde. Ich war eher davon ausgegangen, dass ich mir vielleicht zwei oder drei ansah und dann entschied, ob sie mir gefielen. Aber ich hatte doch nicht mit so einer Auswahl gerechnet.
»Du kannst sie ruhig anfassen und schauen, wie sie sich anfühlen. Wie ich Regina kenne, ist da wirklich von allem etwas dabei.« Das glaubte ich Toby aufs Wort, einige der Dinger sahen echt abenteuerlich aus. »Oder soll ich dich allein lassen?«
»Nein, schon gut. Ich hab einfach nur nicht mit so einer großen Auswahl gerechnet.« Ich hielt ihn an der Hand fest, da er sich bereits umdrehte. »Kannst du mir ein wenig helfen?«
Er lächelte und legte dann die Arme von hinten um meine Hüfte. Sanft hauchte er mir einen Kuss auf den Kopf. »Da kann ich dir nicht wirklich helfen. Du musst wissen, welcher dich anspricht.«
Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, nickte und ging auf den Tisch zu. Toby blieb dicht hinter mir, ließ mich zum Glück nicht los. Zögerlich griff ich nach dem Dildo, der mir am nächsten stand. Schon beim ersten Zugreifen merkte ich, dass er ziemlich weich war. Funktionierte das überhaupt? Skeptisch stellte ich ihn zur Seite.
So ging ich alle durch. Ich sah sie mir an, erfühlte das Material und die Härte, stellte mir vor, wie sich Größe und Form auswirken könnten. Ich wusste, dass ich nicht gezwungen war, mir einen auszusuchen. Die Abmachung war deutlich: Wenn ich einen fand, der mir zusagte, nahmen wir ihn mit, wenn nicht, fuhren wir in ein paar Tagen in einen anderen Shop, sofern ich Lust hatte. Sie zwangen mir keinen auf.
Am Ende standen noch drei Dildos vor mir, die auf den ersten Blick interessant erschienen. Sie waren etwa so groß wie der, der mich schon in Tobys und Rogers Sammlung gefallen hatte, und nicht sonderlich viel dicker. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass das angenehm wäre. Außerdem hatten sie alle ein ähnliches Material wie Tobys. Sie wirkten nicht zu hart, hatten aber dennoch eine ansprechende Festigkeit.
»Hmm ... ich weiß nicht«, murmelte ich.
»Was stört dich denn? Vielleicht hat Regina sonst noch irgendwo einen Ähnlichen. Je besser wir ihr sagen können, was wir suchen, umso eher kann sie uns helfen.«
›Der Preis?‹, schoss es mir durch den Kopf, doch ich sprach es nicht an. Ich wusste, dass Toby das nicht gelten lassen würde. Dennoch hätte ich nie damit gerechnet, dass die Dinger so viel kosteten. Gut, einige der Aussortierten waren nicht einmal halb so teuer, doch mit denen konnte ich mich überhaupt nicht anfreunden.
Daher sprach ich lieber etwas anderes an: »Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt.« Immerhin sah von den dreien nur ein einziger wie ein menschlicher Penis aus. Der Zweite wirkte wie ein Kunstgebilde, während der letzte etwas von einem Fantasiewesen hatte. »Ich meine, wie viel davon man wirklich spürt. Und ob das nicht vielleicht doch wehtut.«
Toby deutete auf den Menschlichaussehenden. »Warum dann nicht der? Ich glaub nicht, dass du damit etwas falsch machen kannst.«
Ja, das war auch mein Gedanke, weshalb ich ihn nach langem Überlegen wieder in die Auswahl genommen hatte, obwohl er schon aussortiert gewesen war. »Ich weiß nicht. Von der Oberfläche find ich ihn angenehm, aber er wirkt so hart.« Ich griff nach dem Fantasieding und drückte die Oberfläche mit den Fingern etwas ein. »Das ist, glaube ich, etwas angenehmer, aber ich weiß nicht, ob sich das ganze Zeug daran wirklich lohnt.«
Ich sah auf und Toby nickte. Er nahm mir den Dildo ab und befühlte ihn ebenfalls. Während er mit dem Daumen über die Oberfläche glitt, blieb er mehrmals an den Details hängen. Nachdenklich verzog er das Gesicht. »Ich könnte Regina fragen, ob sie etwas Ähnliches da hat mit weniger Schnick-Schnack. Könnte nur sein, dass der dann größer oder kleiner ausfällt.«
»Ich kann es mir ja mal anschauen.« Auch wenn er mich nie drängen würde, wusste ich, dass er sich zumindest wünschte, dass ich etwas fand. Daher wollte ich es wenigstens versuchen. Immerhin konnte ich ja auch nur davon profitieren. Im schlimmsten Fall kam es eben in ihre Sammlung, wenn es mir nach dem Praxistest nicht zusagte.
»Dann warte eben.« Toby stellte den Dildo zurück auf den Tisch und verließ mich.
Während ich auf Toby wartete, sah ich mich in der Abteilung genauer um. Es war echt erstaunlich, was es alles gab. Bei vielem konnte ich nicht einmal zuordnen, wozu es gedacht war, anderes fand ich ziemlich merkwürdig. Wer brauchte denn Nachbildungen von Muschis, Ärschen oder Mündern, um seinen Schwanz dort reinzustecken? Und war das nicht unglaublich eklig, wenn darin alles klebte?
Es dauerte eine ganze Weile, bevor Toby in Begleitung von Regina zurückkam. Ertappt stellte ich das Teil weg, das ich gerade in der Hand hielt. Es sah aus wie das weibliche Pendant zu dem Dildo, der mich interessierte.
Regina ging nicht darauf ein, sondern lächelte mich freundlich an. »Welcher davon hat es dir denn angetan?«
Es kostete mich etwas Überwindung, doch dann erinnerte ich mich, dass ich einen Ruf zu verteidigen hatte, und griff nach dem Dildo, um ihn ihr zu zeigen. »Der hier. Aber ich bin mir wegen der ganzen Sachen nicht so sicher.«
Sie grinste mich an, sprach jedoch weiter, bevor ich verlegen den Kopf einziehen konnte: »Aber es sollten schon ein paar ungewöhnliche Details dran sein? Oder etwas wirklich Einfaches mit dem Material?«
Ich wollte mit den Schultern zucken – Woher sollte ich das denn wissen? – doch Toby übernahm das Antworten für mich: »Nein, es darf schon in der Art sein. Nur nicht so viel auf einmal. Eventuell ein paar sanftere Übergänge.«
Während sich Regina umdrehte, um im Sortiment zu suchen, raunte Toby mir ins Ohr: »Ich weiß doch, wie empfindlich du bist. Du wirst dich sicher über ein paar Extras freuen. Dann wird es auch nicht so schnell langweilig.«
Empört starrte ich ihn an. Das konnte er doch hier nicht einfach so sagen! Doch er lachte nur. Mein Blick wurde böse. War ja schön, wenn ihm das nicht peinlich war, mir hingegen schon. Immerhin ging es um meinen Hintern. Reichte es nicht, dass es offensichtlich war, dass das Teil genau dorthin gesteckt werden sollte, musste er auch noch solche Details verraten?
Regina lenkte mich ab, bevor ich etwas dazu sagen konnte. »Wie wäre es mit einem von denen?«
Sie hielt zwei ähnliche Modelle hoch. Der eine war kleiner, der andere etwas größer als der, den ich zuerst entdeckt hatte. Als ich sie mir genauer ansah, merkte ich, dass der kleinere ein wenig aussah, wie die Zunge irgendeines Wesens. Er war mehrmals leicht gekrümmt und lief am Ende spitz zu. Der andere sah mehr nach einem Penis aus, hatte aber dennoch eine eher ungewöhnliche Form. An einigen Stellen wurde er etwas dicker und unter der Eichel befanden sich ein paar kleine Kügelchen.
Sofort griff ich danach und drehte ihn ein paar Mal. Neben den offensichtlichen Details gab es noch ein paar andere, die jedoch erst auf den zweiten Blick auffielen, sowie eine dünne Ader, die sich den Schaft entlang zog. Das Teil sah zwar merkwürdig aus, war schwarz und grau marmoriert und definitiv nicht menschlich, dennoch empfand ich es als sehr anziehend. Außerdem fühlte es sich genauso angenehm an wie mein bisheriger Favorit. Vorsichtig ließ ich den Daumen über die kugelförmigen Erhebungen gleiten.
Das Grinsen war deutlich in Tobys Stimme zu hören, als er mir erneut ins Ohr raunte: »Ich weiß, woran du denkst. Gefällt er dir?«
Sofort nickte ich. Ja, er war tatsächlich auf seine Art sehr schön. Dennoch war ich unsicher. »Ist das denn in Ordnung? Weil der jetzt doch größer ist?«
Immerhin waren wir ja extra losgegangen, weil die bei Toby und Roger zu Hause zu groß gewesen waren oder sehr hart. Ich konnte es nicht ganz einschätzen, aber vermutlich war der jetzt auch nur bedingt kleiner als Tobys persönlicher Dildo.
»Nein, das ist völlig in Ordnung. Hauptsache du fühlst dich damit wohl.« Zärtlich strich er mir durch die Haare. »Zu groß ist er sicher nicht, wenn das deine Sorge ist.«
Ich nickte. Ja, das wäre meine zweite Befürchtung gewesen. Aber wenn Toby das sagte, würde es schon stimmen, er konnte das deutlich besser einschätzen.
»Also der?« Toby strich über meinen Nacken.
»Ja, ich denke schon.« Erneut sah ich auf das Spielzeug. Doch, mit dem Gedanken konnte ich mich gut anfreunden. Es sah wirklich interessant aus.