Petra sah von Helmut zu Rudi, dann wieder zu Helmut. Ihre Augen wurden feucht.
"Aber... aber...es könnte doch auch sein, dass er erkannt hat, dass es gefährlich ist, in diesem Umfeld zu recherchieren... Dass er mich nur schützen wollte, oder?"
Den beiden Männern tat es in der Seele weh, zu sehen, wie Petras Kartenhaus in sich zusammenfiel. Der einzige Mann, dem sie jemals - zumindest beruflich - quasi als Kamerad, wirklich Vertrauen entgegengebracht hatte, hatte sich nun als Gegner entpuppt!
"Wie soll ich ihnen das jetzt sagen, Petra? Es tut mir wahnsinnig leid, aber ich fürchte, bei dieser - ihrer Version des Geschehens, ist ihr Wunsch der Vater des Gedankens... Ich fürchte, dass diese "Entsorger" von ihren Nachforschungen erfahren haben, und sich ihren Redakteur "gekauft" haben. Ob er mit den beiden Mordversuchen in Verbindung steht, wissen wir nicht. Es könnte sein, muss aber nicht! Zumindest aber musste er über ihren Kollaps und ihren Aufenthaltsort informiert worden sein. Und aus welchem Grund sollte er wohl informiert gewesen sein, wenn es nicht darum ging, die Machenschaften dieser Gangster nicht ans Licht zu bringen?"
"Sie meinen, er wurde aufgefordert, dafür zu sorgen, dass meine Ergebnisse nicht veröffentlicht werden?"
"Genau! Denn andernfalls, wäre ein Außenstehender damit beauftragt worden. Wir müssen davon ausgehen, dass er dafür bezahlt, oder aber möglicherweise dazu gezwungen wurde, ihre Recherchen zu unterbinden und eine Reportage zu verhindern. Vermutlich ab dem Moment, in dem man erkannte, im Fokus ihrer Ermittlungen zu stehen."
Petra zitterte. Sie hatte jedes Wort - und nun auch den Sinn derselben verstanden. Eine Träne kullerte über ihre Wange. Helmut erhob sich vom Schreibtisch auf den er sich ihr gegenüber lässig gesetzt hatte. Er brauchte nur einen Schritt um bei ihr zu sein. Er ging an ihrer Seite in die Hocke, nahm ihre Hand und sagte leise:
"Ich weiß, es tut weh, mein Schatz! Aber es ist nun mal so, wie es ist. Rudi wird ausforschen, inwieweit Hannes involviert war, aber du darfst deshalb nicht das Vertrauen zu jedem Mann verlieren!"
"Das tu ich doch nicht... Aber ich frag mich langsam, ob es drüben nicht schöner war, als auf dieser Scheiß-Welt!"
"Zugegeben, der Tunnel mit dem Licht hatte schon was... Aber du bist nicht wirklich durchgegangen. Also ist nicht gesagt, ob es drüben wirklich schöner ist!"
"Wieso weißt du, wie der Tunnel ist?"
"Du hast ihn mir gezeigt, Kleines! Du weißt es nur nicht! Du wolltest drüben auf mich warten..."
Schwester Monika suchte indessen in ihrem Fach im Schwesternzimmer nach dem USB-Stick mit Musik, den sie im Nachtdienst manchmal einsteckte. Darauf würde sie die relevanten Aufnahmen abspeichern. Dann würde sie die Aufnahme wieder aktivieren. Es musste niemand sehen, was sich zwischen Helmut und Petra zugetragen hatte, zumindest nicht das Private... Es nahm ein paar Minuten in Anspruch. Sie suchte nochmal eine besonders gute Stelle und druckte das Standbild aus, den Rest speicherte sie auf den Stick. Sie zog das Blatt mit dem Bild des Mörders aus dem Drucker und konnte nun die Originalaufnahme getrost wieder überschreiben lassen. Ihre Kollegin kam mit einem Tablett.
"Ich hab noch eins gekriegt! Iss es solang es noch warm ist. Ich vertrete dich inzwischen hier, Moni!"
"Oh, vielen Dank! Ich brauch jetzt einmal ein Paar Minuten für mich. Ich bin bald wieder da, Maria."
Sie nahm das Tablett und ging, sich immer wieder umsehend, zu Helmuts Büro. Auch dort drehte sie sich nochmal um, und vergewisserte sich, dass niemand sie beobachtete. Sie klopfte und sagte verhalten: "Essen ist fertig!", worauf Rudi ihr die Tür öffnete.
"Schaun sie Frau Hager, ich hab noch ein schönes Schonkostmenü für sie aufgetrie... Aber was ist denn? Warum weinen sie denn? Es wird alles gut! Sie werden seh`n. Und ich hab auch noch eine Überraschung für euch alle!"
Sie wandte sich Helmut zu und fragte ihn:
"Was würden sie sagen, wenn es mir gelungen wäre aus den Aufnahmen der Patientenüberwachung genau die relevanten Szenen und eine Frontalaufnahme des Täters zu sichern?"
"Ich könnte sie küssen, Schwester Monika! Aber... was heißt relevante Szenen?"
Monika lächelte. Keine Angst, Herr Doktor, nur die wirklich Relevanten, meine ich..."