•‡Dezerias Sicht‡•
Ich fühlte mich elendig, mein Kopf pochte wie verrückt und jeder Knochen im Leib tat mir weh. Mein Mund und meine Kehle fühlten sich zudem schrecklich trocken an. Benommen öffnete ich die Lider. Ich lag auf kahlen weißen Kacheln. Vollkommen nackt. Was war bloß passiert? Hatte ich geschlafen?
Verwirrt setzte ich mich auf. Der Boden strahlte eine sonderliche Wärme aus, die mich beunruhigte. Vielleicht Magie oder irgendwelche Adelstechnik. Dumpfe Erinnerungen waberten in meinem Kopf. Ich schluckte. Dieser Raum – ich erkannte ihn wieder. Und mehr noch. Vergewaltigung war plötzlich alles, an was ich denken konnte. Reznick, nein, Hendrick hatte zwischen meinen gespreizten Beinen gestanden, um mich zu benutzen – oder?
Panisch horchte ich in mich hinein. Spürte da unten aber zum Glück nichts Verdächtiges. Mir war nichts passiert. Hoffte ich zumindest. Es reichte mir schon, dass sonst alles weh tat. Und dann auch noch dieser schreckliche Durst und Hunger.
“Du bist mit Abstand die interessanteste Beseelte, die mir jemals untergekommen ist ...” Erschrocken zuckte ich zusammen und drehte den Kopf ruckartig zu der Stimme.
“Jedenfalls, wenn es um das ahnungslose Verhalten geht.” Meine Augen wurden groß. Der Anblick von Reznicks Vater war wie ein Schlag ins Gesicht. Mein Herz raste. Schnell presste ich die Beine zusammen und hielt die Arme vor meine Brüste – bedeckte meine Blöße so gut es ging. Weglaufen hatte hier ohnehin keinen Sinn. Ich war mit ihm eingesperrt.
“Niemand würde bei deinen Reaktionen, so wie du sie auch jetzt nur zu deutlich zeigst, davon ausgehen, dass du ein Elementar bist.” Er schmunzelte. “Mimikry eines einfachen niederen Bauers, so dumm und doch äußerst effektiv. Man könnte meinen, du hast ernsthaft Angst, dass ich mich sexuell für deinen Körper interessiere. Amüsant. Jedoch brauchst du dieses Schauspiel für mich nicht weiter aufrechterhalten. Wir sind doch unter uns”, sprach er in einem belustigten Ton, während er genüsslich ein Weinglas schwenkte.
Wie er da saß. Königlich auf einem Sessel umgeben von allerhand leuchtenden Buchstaben und Zahlen, die rechts und links neben ihm schwebten. Dazu noch zwei verschiedene Bilder, die ebenso magisch in der Luft hingen. Eins zeigte Zerian gefesselt und verletzt auf einem Altar mit einer rothaarigen Frau. Ich erkannte es sofort wieder. Genau dasselbe hatte ich in dem Raum bei diesem Lichtheini gesehen. Das andere stammte dagegen vom Anwesen des Grafen. Es war der Moment gewesen, wo Zerian mich befreit hatte.
“Verzeiht, Re’Nya’Ca Fyl. Leopold Weckmelan, dass ich Euch störe, aber ich bringe für die Dame Speis und Trank.” Ich drehte den Kopf zurück nach vorn und entdeckte erneut dieses kindliche unheimliche Dienstmädchen. Sie trug wie bereits vorhin eine gefüllte Karaffe mit einem zusätzlichen Glas und ein Brötchen auf ihrem Tablet.
“Gut, gut. Bring es ihr”, sprach Reznicks Vater und schon setzte sie sich in Bewegung. Ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, stellte sie alles vor mir auf den Boden und verschwand anschließend wieder in der Wand. Das war unheimlich.
“Du musst etwas zu dir nehmen. Das sollte dir doch mittlerweile klar sein. Deine Körperwerte sind miserabel.” Mir das zu sagen war unnötig. Meine Augen starrten wie von selbst auf die Sachen. Die gelbe Flüssigkeit in dem Gefäß roch fruchtig süß und auch der Duft und das Aussehen des belegten Brötchens ließ meinen Magen laut knurren. Aber. Konnte ich das? Es gefahrlos zu mir nehmen? Eigentlich spielte es keine Rolle. Ich war so hungrig und durstig, dass mein Körper von selbst handelte. Ich stürzte mich regelrecht auf das Essen.
“Sehr schön. Für einen Moment dachte ich schon, du willst weiterhin auf Trotz setzen. Ich bin allerdings kein Freund von solchem Getue, musst du wissen. Du solltest meine Großzügigkeit, dich frei speisen zu lassen, nicht als schwäche interpretieren. Ich hätte es auch anders handhaben können. Dich lähmen zum Beispiel und mit einem Schlauch im Hals dazu zwingen können.” Bei diesen Worten verschluckte ich mich prompt an einem Bissen und hustete erbärmlich.
“Unterlasse bitte diese nervigen Laute und iss anständig. Ich will nicht, dass du mir zusammenbrichst. Ich habe schließlich noch einige Fragen und brenne darauf, deine Antworten zu hören.”
Hust-keuchend und mit Tränen in den Augen blickte ich zu ihm rüber. “W-was seid Ihr n-nur für e-ein schrecklicher Mensch? Er-erst überfallt Ihr mich und ver-versucht, mich umzubringen! Dann lande ich hier in dieser ...”, ich machte eine ausschweifende Handbewegung, “Hölle und Ihr ma-macht mit meinem Körper komische Dinge ... Ihr lasst mich nackt auf dem Boden essen wie ein Tier ... Warum? Bei den Göttern, warum? Für irgendwelche dummen Fragen!?”, schimpfte ich wütend und ohne, dass ich es gewollt hatte, bildete sich eine dünne Eisschicht unter meinem Körper.
“Das ermüdet mich”, erwiderte er gelangweilt und trank sein Wein aus. “Ich will lediglich wissen, was für eine Abmachung du mit meiner Frau getroffen hast. Achte aber darauf, wie du mit mir sprichst. Von meiner Gunst hängt ab, was mit dir als Nächstes geschieht. Respektlosigkeit dulde ich von einem wie dir nicht. Ich kann dich ohne Mühe direkt zum Verschlingen schicken ... Das willst du doch nicht, oder?”
“Abmachung? Verschlingen? Wovon redet Ihr? Wenn Ihr mich töten wollt, dann tun es doch! Ist mir egal! Mein Leben hat ohnehin keinen Sinn mehr! Alle, die mir etwas bedeutet haben, sind tot!” Ich schnappte mir die halbleere Karaffe und warf sie auf ihn – traf aber nicht. Das Glas samt gefrorenem Inhalt zerschlug knapp einen Meter vor ihm an einer unsichtbaren Wand. Er sah erst auf die Scherben, dann zu mir und lachte. Ein unheimliches langes Lachen, das mir sofort eine Gänsehaut verpasste und sicherlich nichts Gutes zu bedeuten hatte.
“Du versuchst immer noch diese Täuschung?”, fragte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht und erhob sich – schritt zu mir.
“Es ist in der Tat ein wundervoller Einfall, das muss ich euch schon anrechnen. Aber. Ob du nun weiterhin an dieser Behauptung festhältst oder meine Frau alles so inszeniert, dass selbst eine ganze Parzelle zerstört wird ... Es bringt nichts. Ich weiß sehr genau, dass Alexander noch lebt.” “Wovon redet Ihr da?”, fragte ich verwirrt und drückte die Arme fest vor meine Brust, während er um mich herum stolzierte.
“Sie ist ziemlich gut geworden, wenn es darum geht, ein verworrenes und aufregendes Spiel nach meinem Geschmack zu spielen. Aber wir neigen uns dem Ende. Ich weiß es und sie weiß es. Dir sollte ebenso klar sein, dass es sinnlos ist, mir weiter etwas vorzumachen. Egal, was sie dir gesagt oder was ihr abgemacht habt. Es ist hinfällig, denn du bist jetzt hier. Und hier entscheide ich allein, was geschehen wird”, sprach er mit einem bedrohlichen Unterton und blieb direkt vor mir stehen.
Ich blickte zu ihm auf und verstand weiterhin kein Wort. “Ich weiß nicht, was Ihr meint. Ich kenne Eure Frau überhaupt nicht und jetzt soll Reznick doch nicht tot sein? Aber warum hatte sein Zwilling es dann behauptet? Lebt Zerian auch noch? Was soll das alles?”, fragte ich und rutschte etwas von ihm ab. Sein Lächeln nahm gefährliche Züge an.
“Verstehe”, sagte er deutlich verärgert und hob die Hand. Leuchtende Schrift tanzte sogleich vor seinen Fingern. “Keinerlei Information für mich, hm? Fein. Du erliegst vermutlich dem Trugschluss, dass ihr stärker seid als ich. Aber. Nur weil ihr eine Kopie von mir getötet habt, solltest du nicht übermütig werden.”
Plötzlich fegte ein gewaltiger Ruck durch meinen Leib. Glühender Schmerz flammte überall in mir. Ich spürte lauter Dinge, die aber irgendwie nicht sein konnten. Ich erstickte, obwohl ich atmete. Meine Muskeln verkrampften und doch bewegte ich mich kein bisschen. Ein Gefühl, als würden meine Knochen brechen, aber ich saß weiterhin unbewegt auf dem Boden. Nicht Mal das kleinste Zittern überkam mich. Es war unbeschreiblich grauenvoll und doch – ich konnte noch nicht einmal schreien. Ich konnte gar nichts machen, außer stumm diese Qual zu erdulden, die zweifelsohne von ihm kam. Von diesem Monster. Vom König der Rea.
“Na? Angenehm? Ich kann deinem Körper jeden nur erdenklichen Schmerz fühlen lassen. Um ehrlich zu sein, könnte ich dich auch durch verschiedenste chemische Prozesse in deinem Gehirn dazu zwingen, mir die Wahrheit zu sagen. Aber. Wo bliebe denn da die Erziehung? So macht es doch mehr Spaß. Es gibt keinen, der dieses Spiel lange durchhält. Vertraue mir. Spätestens nach dem zweiten Mal, sagst du mir alles, was ich wissen will.”
Der Schmerz verging augenblicklich. Ich sackte keuchend zusammen und tastete verstört meinen schweißbenetzten Körper ab. Fand aber nichts. Da war keine Verletzung, auch wenn ich zuletzt deutlich einen glühenden Dolch pausenlos auf mich einstechen gespürt hatte. Ein Gefühl so unerträglich – so echt.
“Wie sieht es jetzt aus? Magst du reden oder noch eine Runde?”, fragte er lieblich und schritt erneut um mich herum. “Wa-was wollt Ihr ... v-von mir?” “Was ich von dir will?” Er seufzte. “Dein dummes Getue wird dir hier nicht weiterhelfen, aber gut. Dann eben auf ein Neues.”
*
Wellen aus Schmerzen kamen und gingen. Wie oft konnte ich nicht zählen. Zu erschöpft war mein Verstand. Ich wollte hier raus – hier weg. Aber nichts, was ich sagte, schien Reznicks Vater zu gefallen. Ob ich jetzt schwieg, weil ich keine Antwort auf seine Frage wusste, oder mir irgendetwas ausdachte – es blieb dasselbe. Jedes Mal erhielt ich diese entsetzliche Strafe.
“Aufhören ... bitte ...”, wimmerte ich völlig fertig auf dem Boden liegend. Tränen liefen ununterbrochen über meine Wangen. Ich konnte nicht mehr – wünschte mir nur noch, dass ich endlich sterben würde.
“Du hast genug?”, fragte der Dämon, der sich zwischenzeitlich wieder gemütlich auf seinem Sessel gesetzt hatte. Ein Mensch war er in meinen Augen schlichtweg nicht mehr. Kein Mensch würde einem so etwas antun. Immer und immer wieder.
“... Ich weiß nichts ... Das schwöre ich ...” “Daran hältst du wahrlich fest? Erstaunlich. Ich kenne niemanden, der das sieben Mal durchgestanden hat. Leider müssen wir an dieser Stelle auch aufhören. Dein Geist wird zu schwach und ich will unbedingt wissen, wo meine Frau dich und deinen Freund her hat. Daher müssen wir es jetzt leider auf die einfache Variante machen. Äußerst schade.” Seine Worte klangen wie Spott in meinen Ohren, aber viel Bedeutung schenkte ich ihnen nicht. Es war schon die ganze Zeit egal, was ich sagte – was er sagte. Meine Ohren rauschten. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wenn ich es gekonnt hätte – er wäre tot. Ich hätte den Wein in der Flasche neben ihm vereist. Seinen Körper mit langen Streben durchbohrt, aber es ging nicht. Ich konnte nicht einmal meine Augen ohne Probleme offenhalten.
“So, das sollte reichen. Und jetzt ganz von vorn, Henriette. Wo hat meine Frau dich und deinen Freund her? Von welchem Planeten?” Ich runzelte die Stirn. Plötzlich empfand ich seltsame Klarheit. Seine Frage blieb für mich zwar weiterhin ein Rätsel, aber mein Kopf wollte nicht mehr zerspringen. Ich – konnte mich konzentrieren!
Geradezu besessen fixierten meine Augen den kleinen Tisch mit dem Wein. Nur eine Armeslänge galt es zu überwinden. Das Eis musste sich bis zu ihm ausbreiten. Ich hatte nur diese eine Chance. Und zwar – JETZT!
Die Flasche zersprang mit einem lauten Knall und die rötliche Flüssigkeit bildete binnen Sekunden eine nadelartige Eisfläche. Dennoch. Es klappte nicht so, wie ich es gewollt hatte. Ich erreichte zwar das Monster. Aber das Eis durchbohrte ihn nicht. Aber warum? Ich hatte mir bildlich vorgestellt, wie ich ihn tötete. Eis seinen Oberkörper durchschlug und ihm dieses widerwärtige Lächeln aus seinem Gesicht riss. Warum – klappte es nicht?
“Hm, was anderes fällt dir nicht ein? Äußerst seltsam”, sprach er nachdenklich und stand auf – klopfte sich den gefrorenen Wein ab, als wäre es lediglich belangloser Staub. Ich hatte nicht einmal seine Kleidung beschädigt. Wie konnte das sein? War ich zu schwach?
“Du verhältst dich eigenartig. Kannst du kein Eis aus deinem Körper erschaffen? Oder geht es nur zusammen mit deinem Freund, dem Wasserelementar?”, fragte er und kam mit langen Schritten auf mich zu. Er packte grob meine Haare und zog mich mit Leichtigkeit hoch. Meine Kopfhaut brannte und doch war ich nicht stark genug, um mich zu wehren. Schlaff hing ich in seinem Griff und sah ihm verzweifelt in die Augen.
“Antworte!” “Ich ... weiß es nicht ...” “Du weißt es nicht? Und jetzt? Ich bin dir so nahe, warum machst du kein Eis?” “Es geht nicht ...” Er ließ mich los. Hart schlug ich auf den Boden auf. Nur verschwommen erkannte ich, dass vor ihm wieder diese unheilvollen rotleuchenden Zeilen schwebten. Kam jetzt die nächste Folter?
“Hm, woher kommst du?” “Aus Rotterval ...”, antwortete ich, ohne es gewollt zu haben. Ängstlich rollte ich mich zu einer Kugel ein und wünschte mir, einfach nicht mehr hier zu sein.
“Wie heißen deine Eltern?” “Elisabeth und Robert D’go ...” “Woher stammen sie?” “Meine Mutter ... kam aus Halvigaw und mein Vater ... Er lebte schon immer in Rotterval.” Warum ich es ihm sagte, verstand ich nicht, genauso wenig warum er es wissen wollte.
“Wo hat meine Frau dich und den Wasserelementar her?” Oh, Gott! Da war sie wieder. Die Frage, die er mir bereits so oft gestellt hatte und die ich nicht beantworten konnte. Ich wollte es auch nicht noch einmal wiederholen – die Lippen fest aufeinanderpressen, aber die Worte entwichen trotzdem meinem Mund: “Ich weiß es nicht ...”
“Seltsam. Das ergibt keinen Sinn”, murmelte das Monster und sofort riss etwas meinen Körper in die Luft. Ich schwebte aufrecht, gleich einer Puppe, die man an unsichtbaren Fäden aufgeknüpft hatte. Eine neue Panikwelle flutete mich, als ich so wehrlos vor ihm prangte.
“Du sagst die Wahrheit, aber wie kann das sein?”, fragte er und sah mich nachdenklich an. “Du bist unleugbar ein Elementar und dann doch wieder nicht. Hmm. Wenn man nach den Aufzeichnungen aus dem Feuertempel in Mewasinas geht, scheint auch der andere seine Fähigkeiten nicht immer einsetzen zu können, nicht wahr? Was die Frage aufwirft, was genau ihr seid. Nichts Halbes und nichts Ganzes? Vielleicht ... Zwiespalt. Zwei Seelen?” Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, während er grübelnd hin und her schritt.
“Aber ... Es kann nichts Lebendes beseelt werden ...” Er stoppte – sah mich an. Lange. Schließlich kehrte in sein Gesicht wieder dieses unheimliche Lächeln, welches mir einen unangenehmen Schauer bereitete und nichts Gutes bedeuten konnte.
“Mir kam eine Idee ... Lass uns gleich mal etwas ausprobieren”, sprach er freudig und machte eine Handbewegung in der Luft. Vor ihm fuhr ein kleines Podest aus dem Boden. Mit großen Augen sah ich die vielen schmalen Messer und unterschiedlichen großen Spritzen darauf.
“Bitte ...”, hauchte ich ängstlich, als er eine mittelgroße in die Hand nahm und sich dicht vor mir stellte.
“Ach, du brauchst keine Angst haben. Das wird ausnahmsweise mal nicht schmerzen. Vermute ich”, sprach er gelassen und schob zu meinem Erstaunen seinen rechten Ärmel hoch, um sich die Nadel kurz darauf selbst in die Beuge zu stechen. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Spritze zudem leer war. Er füllte sie mit seinem Blut. Ich blinzelte. Sein Blut war ungewöhnlich dunkel – schwarz mit einem leicht silbernen Schimmer. Was hatte das zu bedeuten?
“Jetzt zu dir.” Er griff nach meinem steifen Arm und stach ohne zu zögern hinein – verabreichte mir sein Blut. Ich schluckte schwer. “Was tut Ihr da?” “Dumme Frage. Das siehst du doch. Du bekommst mein Blut und jetzt warten wir, ob dein Körper darauf reagiert.” Er drehte sich herum und legte die Spritze fort. Mit einigen Fingerbewegungen ließ er das Podest verschwinden, sowie auch alles andere im Raum.
“Spürst du schon was?”, fragte er und schenkte mir wieder seine volle Aufmerksamkeit. Verwirrt und besorgt starrte ich auf meinen Arm. Er wollte wissen, ob ich was spürte? Auf sein Blut reagierte? Wie genau sollte sich das äußern? Schmerzen hatte ich jedenfalls keine. Nur Kälte kroch in meinen Adern. Ich stutzte. Mein Arm wurde tatsächlich deutlich kälter. Meinte er das?
“Es ist kalt”, sagte ich schließlich, weil der Drang ihm zu antworten einfach unfassbar stark war. “Überall oder nur auf einer Seite?” “Nur der linke Arm. Wobei ... Nein. Es wandert die Schulter rauf.” Okay. Jetzt raste mein Herz definitiv vor Panik. Was auch immer er mir da gegeben hatte. Ich spürte es meinem Körper rauf und runter kriechen. Langsam aber dafür überdeutlich.
“Es ist in meinem Auge!” Ich blinzelte, aber die trübe Sicht, die sich in meinem linken Auge bildete, verschwand nicht. Wurde nur immer schlimmer. Ich kniff probehalber das rechte zusammen und musste zu meinem entsetzen feststellen, dass alles dunkel wurde. Ich konnte nur noch auf einem Auge sehen!
“Was habt Ihr mir angetan?!”, schrie ich und versuchte, auf meine linke Körperseite zu blicken – vergeblich. Ich konnte den Kopf nicht drehen. Einzig was ich erkannte, war eine wachsende dünne Eisschicht auf einer meiner Brüste. Dem anhaltenden knisternden Geräusch nach zu urteilen, musste ähnliches außerhalb meiner Sicht passieren. Ich schluckte. Meine gesamte linke Körperseite wurde taub. Bei den Göttern! Was passierte hier nur?