【♤】Leopolds Sicht【♤】
Dezeria bemühte sich sichtlich angespannt, den Körper meines Sohnes zu massieren. Leider waren ihre Berührungen viel zu zaghaft, um unterbewusst von ihm wahrgenommen zu werden. So hatte ich mir das nicht gedacht. Mir mehr von dieser Behandlung versprochen. Bei dieser geringen Wirkung hätte ich auch weiterhin eine Puppe damit beauftragen können.
“Du kannst ruhig fest zupacken. Er wird davon schon nicht kaputt gehen.” Sie sah zu mir. Trotz und Missbilligung blitzte kurz in ihren Augen, bevor die Angst gewann. Sie verkniff sich den Kommentar, der zweifellos auf ihrer Zunge gelegen hatte. Es stimmte mich zufrieden. Wobei. Nein. Sie hörte schon wieder nicht auf das, was ich sagte. Ihre Bewegungen blieben gleich. Sanft. Vorsichtig.
“Du sollst ihn stärker anfassen! So schwer kann das doch nicht sein.” Wieder dieser abfällige Blick, den ich nicht leiden konnte, bevor sie endlich tat, was ich wollte.
“Warum sagt Ihr nicht gleich, dass ich ihn töten soll ...” Ihre Widerworte kamen nur geflüstert, dennoch hörte ich sie laut und deutlich. Eigentlich hätte ich sie für diesen frechen Kommentar rügen müssen, aber Aufmüpfigkeit war besser als diese aufkommende Gleichgültigkeit, die ich vorhin an ihr hatte feststellen müssen. Sowas durfte nicht erneut passieren. War gefährlich. Es lag nicht in meinem Interesse, dass sie ihren Lebenswillen verlor. Zu viel Instabilität bedeutete den Tod, wie bei jedem Elementar.
Nachdenklich betrachtete ich das Tablet und besah mir die Daten des Sil-Mods. Irgendwie verlief noch immer nicht alles so, wie es sollte. Der Verstand meines Kindes reagierte heute unglaublich aggressiv auf diese Manipulation. Das war schlecht. Ebenso, dass ich immer noch keine Idee hatte, welche Erinnerungen ich ihm diesmal geben sollte. Ungewöhnlich für meine Verhältnisse. Normalerweise fiel es mir nicht so schwer, für ihn ein neues Leben zusammenzustellen. Ärgerlich. Das lag nur an dieser neuartigen Waffe. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu den technischen Daten zurück. Wie gefährlich konnte mir dieses Ding werden? War die Grundkonstruktion vielleicht auch für meine Projekte brauchbar? Wenn sie Dezeria nicht bekommen konnten, würde es auch mit einer anderen Essenz funktionieren?
Ich seufzte. Dieses innerliche Chaos brachte mich nicht weiter. War lästig und kräftezehrend. Erstmal eins nach dem anderen. Hendrickson hatte aktuell die höchste Priorität. Je länger ich ihn in dieser gezwungenen Stase ließ, desto schlimmer würde sein Zustand werden. Seine Essenz kämpfte unerbittlich dagegen an.
Genervt scrolle ich durch seine alten Myt-Dateien und überflog kurz die Inhaltsangaben. Im Laufe der Zeit hatte ich ihm bereits eine beachtliche Menge an Erinnerungen verpasst. Von einfach gestrickten bis hin zu Wahnvorstellungen. Die letzte hatte dabei mit am besten gewirkt. Ein Gespinst aus Furcht vor einer Aussortierung, die mich noch immer schmunzeln ließ. Es war absurd, dass ich weitere Kinder erschuf, nur um sie dann zu töten, wenn sie mir keinen Nutzen brachten. Als würde ich so etwas jemals tun.
Vermutlich lag die Wirksamkeit aber auch nicht nur an der Angst, die ich ihm eingepflanzt hatte. Vielleicht war es die Kombination mit der zusätzlichen Aufgabe, mir bei meinen Elementar-Forschungen zu helfen. Es hatte ihn gut beschäftigt. Hervorragende Ablenkung geschaffen, damit er sich nicht langweilte. Einziger Nachteil daran war, dass er ab und an echtes Wissen erlangte. Die Wahrheit war jedoch gefährlich. Würde unerwünschte Fragen und einen Widerspruch in der Myt-Datei hervorrufen. Erneut. Das konnte ich nicht gebrauchen. Nicht jetzt.
Ich hatte im Moment für solche umfangreichen Manipulationen weder die nötige Zeit, noch Aufmerksamkeit. Aber sowas war unabdingbar für ein derart ausgeklügeltes Spiel im Spiel. Ich musste Tonnen an Daten und Informationen, auf die er in meinen Laboren unweigerlich Zugriff hatte, aufwendig für ihn abändern. Umständlich. Ermüdend. Zumal ich ihn dabei auch nie wirklich aus den Augen lassen konnte. Ich brauchte etwas Einfacheres. Etwas, wo ich ihn auch mal länger alleine lassen konnte.
Gedankenversunken blickte ich auf. Wenn doch nur der gezüchtete Körper in der Aufbereitungsanlage schon fertig wäre. Damit könnte ich meinen Sohn sicherlich ewig an mich binden. Unkompliziert. Unproblematisch. Das perfekte Druckmittel. Nun. Falls sich darin eine Seele befand, aber ich war guter Dinge. Bisher entwickelte er sich prächtig. Das Gewebe hatte den gefüllten Bleasta angenommen und die Gedankenströme zeigten erste schwache Impulse. Einen Namen hatte ich mir auch schon überlegt. Fiona.
Ich lächelte in mich hinein. Es machte unheimlich viel Spaß, sich Namen auszudenken. Kein Wunder, dass Ophelia es so gerne tat. Es verlieh einem diese ganz bestimmte Macht. Macht, welche ich unbedingt auch über Dezeria haben wollte. Wieso funktionierte nur bei ihr bislang einfach nichts? Schon wieder wurden ihre Bewegungen sanfter, bis sie schließlich komplett aufhörte, mein Kind zu massieren.
“Darf man fragen, was nun dein Problem ist?” Ihre Augen fixierten mich entschlossen. Deutlich sah ich Aufmüpfigkeit darinnen. Ich konnte das nicht leiden. Es war widersprüchlich. Ich wusste es ja selbst. Ich sollte froh darüber sein, dass sie sich gegen mich stellte, weil ihr das einen guten Lebensinhalt gab. Sie am Brechen hinderte. Dennoch. Es störte mich. Ich konnte es dabei nicht einmal genau in Worte fassen. Irgendetwas an ihr reizte mich ungewöhnlich stark. Zermürbte mich wie ein stetiger Wassertropfen, der den Stein aushöhlte. Lästig.
“Diese Behandlung. Er wird immer heißer! Er wird daran noch sterben!” Genervt verdrehte ich die Augen. Schon wieder dieses leidige Thema.
“Natürlich bessert es sich nicht, weil du viel zu zärtlich bist! Er trägt Wind in sich, schon vergessen? Er braucht Stimulation, damit sein Körper nicht zerbricht. So schwer zu begreifen ist das nicht. Was soll ich machen, damit du endlich deine Aufgabe ohne Rumgeheule erfüllst, hm?” Es knackte kurz mehrfach hintereinander und dann zersprang plötzlich das Bleasta an ihr. Wie feiner Sand bröselten die Kristalle von ihrem Hals und den Handgelenken.
“Danke ...”, hauchte sie und legte eifrig eine dünne Eisschicht auf mein Kind. Sie deutete ihre Freilassung – ihre zurückgewonnenen Fähigkeiten – als einen Akt meiner Gnade. War es aber nicht. Ich hatte damit nichts zu tun. Nein. Ganz und gar nicht!
Verstört starrte ich sie an. Sah ihre vorsichtigen Bewegungen und das Eis, welches zwischen ihren Fingern wuchs. Wie war das möglich? Dass sie gegen mein Blut nach und nach eine Immunität entwickelt hatte, war schon unfassbar – aber das? Es gab nicht einen einzigen Elementar, der gegen meine Kristalle bestehen konnte. Gut, es hatte auch noch nie einer existiert, der mein Blut neutralisieren konnte. Lediglich unterschiedliche Abwehrreaktionen hatten sich gezeigt. Sonst nichts. Das war beunruhigend!
“Gleich geht es dir besser ...”, flüsterte Dezeria und bedeckte Hendrickson weiter mit Eis. Ich runzelte die Stirn. Sollte ich sie gewähren lassen? Ich war mir unschlüssig. Eigenartig. Seit sie hier war, passierte mir das ständig. Hatte das eine Bedeutung? Und wenn ja, welche? Wobei. Es war nichtssagend. Sie sollte gar nicht erst die Macht haben, mich zu beeinflussen. Niemand hatte Macht über mich!
Wut wallte durch meine Adern. Etwas in mir wollte sie unbedingt dafür bestrafen. Sie unterwerfen. Töten. Aber das war verrückt. Ich brauchte sie doch. Sie war wichtig. Nützlich. Diese sonderlichen Schübe musste ich unbedingt im Auge behalten. Derartige Gefühlsschwankungen überfielen mich ja sonst auch nie.
Mit Mühe unterdrückte ich meinen Zorn und beschloss, Dezeria vorerst in Ruhe zu lassen. Das war sicherer. Später musste ich unbedingt eine größere Analyse von mir anfertigen. Wenn sie tatsächlich mein Gegenpol war, könnte das knifflig werden. Und lästig. Überaus lästig.
Konzentriert musterte ich jede ihrer Bewegungen. Behutsam strichen ihre Hände über die Haut meines Sohnes. Ein flüchtiger Blick auf das Tablet verriet mir, dass sich seine Werte deutlich besserten. Fast den Normbereich erreichten. Äußerst erfreulich. Es stimmte mich zufrieden. Jedenfalls so lange, bis sie seinen Hals passierte und weiter hinaufwanderte. Ihre Finger erreichten seine Schläfen und berührten den Sil-Mod. Meine Augen wurden groß. Sie wollte ihn entfernen!
Blitzschnell eilte ich zu ihr und packte ihre Handgelenke. Hielt sie ruckartig auf. “Das bleibt dran!” Sie fuhr erschrocken zusammen und erstarrte. Ängstlich sah sie mich an, aber es dauerte nicht lange, bis sich Widerstand in ihr rührte.
“Wieso? Ich will seine Stirn kühlen.”
“Weil ich noch nicht fertig bin, deswegen!”
“Mit was denn fertig?” Sie runzelte die Stirn und betrachtete genauer die weiß-silberne Tec. “Wozu ist das gut? Hat er deswegen Fieber?” Ich rollte mit den Augen und ließ sie los.
“Er wird solange dieses Fieber haben, bis ich mit seinen Erinnerungen fertig bin. Reicht dir das als Antwort?” Warum ich dies als Frage formulierte, wunderte mich selbst. Vor allem hatte ich das nicht schon vorhin erklärt?
“Erinnerungen?” Offensichtlich nicht, oder? Und selbst wenn nicht, sie brauchte es nicht zu wissen. Warum redete ich überhaupt mit ihr? Normalerweise hielt ich nicht viel vom Plaudern und das hier zählte definitiv dazu. Eine durch und durch sinnlose Unterhaltung. Wieso konnte sie nicht einfach gehorchen und still ihrer Aufgabe nachgehen?
“Ja, Erinnerungen.” Ich seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. “Damit er gehorcht und nicht so aufmüpfig ist wie du!” Ich redete immer noch. Offensichtlich war meine geistige Kapazität nicht ausreichend, um mich von ihrem Einfluss zu schützen. Faszinierend und erschütternd zugleich. Wobei, nein! Nur erschütternd!
“Ich verstehe nicht ... Ihr macht etwas mit seinen Erinnerungen? Wieso löst das ein Fieber aus? Ist er deswegen auch Bewusstlos?” Ihre Worte waren anklagend. Eine Mischung aus Sorge und Wut schwang darinnen. Ich spürte ihre Essenz. Die Kälte pulsierte in Wellen von ihr und sonderlicherweise regte das auch etwas in mir. Meine Krallen fuhren aus. Bohrten sich in mein Fleisch.
Ich schloss kurz die Lider. Unterdrückte mein Blut. Kontrollverlust war im Moment wenig hilfreich. Ich brauchte meine Kopien bei den Augonen sowie den Oht’esch noch. Außerdem wäre es vermutlich wenig förderlich, wenn ich Dezeria in ein Häufchen Gehacktes verwandeln würde.
“Antwortet!” Ihre glühend weißen Augen bohrten sich in meine. Sie würde den Sil-Mod von Hendrickson entfernen, wenn ich sie weiter ignorierte. Dies las ich deutlich in ihr. Was ungünstig war. Wenn ich sie jetzt berührte, würde das unschön enden. Meine Liebste wäre sicherlich erzürnt, sollte Dezeria bei ihrer Ankunft ein Arm fehlen. Vorhin hatte ich sie auch schon unbeabsichtigt geschnitten.
“Er wird solange bewusstlos sein, wie ich will”, entgegnete ich genervt. “Wenn es dir nicht zusagt, kann ich es auch beenden. Dafür müsstest du dir nur eine Geschichte für ihn ausdenken.” Es war nicht geplant, aber wo ich es schon mal ausgesprochen hatte. Vielleicht fiel ihr ja etwas ein, was ich für die neue Myt-Datei benutzen konnte. “Je schneller wir das hinter uns haben, desto eher kann ich dich mit ihm alleine lassen.” Das sollte genug Motivation für sie sein.
“Geschichte?” Na das brachte mich wohl nicht weiter. Ihrem einfältigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie immer noch nicht begriffen, was ich meinte. Stimmt. Ich vergaß. Sie war ja nur ein dummer Bauer.
“Sein Verstand! Kannst oder willst du es nicht begreifen? Er bekommt von mir Wissen und Erinnerungen. Danach lebt er. Du hast unseren Kampf doch gesehen. Er wächst aus meiner alten Manipulation heraus und braucht deswegen eine neue. Ich könnte dir eine feste Rolle darin zuteilen, na wie wär’s?” Ich lächelte sie finster an.
Sie schluckte und warf Hendrickson einen schockierten Blick zu. “Das könnt Ihr doch nicht machen! Deswegen war er auch so durcheinander ...”
“Selbstverständlich kann ich das.” Was hatte ich auch erwartet. Von ihr würde nichts Sinnvolles kommen. “Er ist instabil und benötigt eine Aufgabe, so wie jeder eine braucht, um nicht zu sterben.” Ich starrte auf ihre zitternden Hände. Sie wollte das Gerät immer noch von seiner Stirn nehmen. So ein unvernünftiges Weibsbild.
“Ich werde nicht zulassen, dass du es entfernst. Es würde seinem Verstand irreversible schaden. Willst du das?” Sie schüttelte zwar den Kopf und sah mich danach besorgt an, aber ihr Unwille war mehr als nur deutlich. Sie glaubte mir nicht. Es juckte mir in den Finger, ihre Kehle zu umfassen und erneut die Angst in ihr zu schüren. Ich sah an mir herab. Dass ich es mir verkniff, war eine gute Idee. Meine Essenz lag noch zu nah an der Oberfläche.
“Ich will, dass Ihr damit aufhört und ihn freilasst.” Niedlich. Waren das etwa Tränen in ihren Augen? “Habt Ihr das auch mit Reznick, Elian und ... mir gemacht?” Ich stöhnte genervt. Das brachte uns doch alles nicht weiter.
“Bei dir wäre es aktuell unklug. Meine Liebste will sicherlich einiges von dir wissen und Elian hat keinen Grund, mich zu verlassen. Ich biete seiner Partnerin Schutz, darauf kann er nicht verzichten. Alexander allerdings ... Nun. Sagen wir so. Ohne meine eingepflegten Erinnerungen wäre er wohl schon längst gestorben. Seine Psyche ist mehr als nur instabil, aber Hass funktioniert bei ihm gut.” Resigniert nahm ich einen tiefen Atemzug. Sie wollte offensichtlich nicht mitspielen. Schade. Dann blieb mir bei Hendrickson nur das Übliche. Wie langweilig. Außerdem würde eine bereits verwendete Myt-Datei nicht lange halten.
“Wenn du sonst nichts anzumerken hast, dann gebe ich ihm jetzt wieder ein Lebensziel.” Ich schritt gemächlich hinüber zu meinem Platz. “Wut ist ein starker Antrieb und ich bin die perfekte Zielscheibe dafür, findest du nicht auch? Es ist zwar einfallslos, aber was soll’s. Ich habe kein Problem damit, wenn man mich hasst.” Ich griff nach dem Tablet, das auf dem Sessel lag und runzelte anschließend die Stirn. Hatte ich zu viel gesagt? Wie kam ich überhaupt dazu, dies alles zu erwähnen?
Ein leises Knacken hinter mir ließ mich herumfahren. Ich spürte die Kälte, noch bevor ich sie sah. Wie dicker Nebel waberte Dezerias Essenz im Raum. Sie war schnell. Fast zu schnell für meine Augen, aber eben nur fast. Ich wich mit Leichtigkeit der Eiswand aus, die auf mich zu schoss. Anschließend verfolgte ich emotionslos, wie ihre Eiskristalle die hälfte des Zimmers verschlangen.
“Was soll das werden, Henriette?”, fragte ich monoton und legte die flache Hand auf das gefrorene Gebilde. “Ein letzter verzweifelter Versuch, aufzubegehren? Das ist doch albern.” Ich leitete Elektrizität in das Eis. “Und sinnlos ...” Meine Stirn legte sich in tiefe Falten. Es brach nicht. Aber wieso?
“Verschwindet!” Ihre Stimme klang leicht verzerrt, aber unüberhörbar entschlossen. “Ich lasse nicht zu, dass ihr ihm weiter etwas antut!” Für den Bruchteil von Sekunden starrte ich auf das Eis und überlegte, ob ich sie richtig verstanden hatte. Dann überrollte mich der Zorn.
“Ich werde dir die Haut langsam und mit unvorstellbaren Qualen abziehen!” Ich erhob meine rechte Hand. Lange messerscharfe Klauen bildeten sich. Färbten meinen Arm pechschwarz. Es war leicht, die Wand vor mir zu zerteilen, womit ich allerdings nicht gerechnet hatte – sie wuchs sofort wieder nach. Ich knurrte. Das konnte unmöglich wahr sein!
“Henriette! Ich befehle dir, das Eis zurückzurufen! Sofort! Hörst du!?”
“Nein!” Gut. Ich hatte ehrlich keine andere Antwort erwartet. Ich holte tief Luft und hörte auf, mich weiter in die Sache hineinzusteigern. Es brachte nichts. Ich schaffte es einfach nicht, zu ihr durchzubrechen. Alles, was ich zerstörte, bildete sich genauso schnell nach. Zusätzlich dazu war es jedes Mal um ein Vielfaches härter. Verrückt.
Natürlich blieb mir immer noch die Option, mehr Kraft einzusetzen, aber das wagte ich nicht. Die Chance, Dezeria und Hendrickson dabei zu töten, war extrem hoch. Dieses Risiko wollte ich keinesfalls eingehen. Aber ich konnte die Situation auch nicht auf sich beruhen lassen. Nein. Ausgeschlossen. Ihr Ungehorsam war im höchsten Maße inakzeptabel!
“Und außerdem ...” Ich besah mir das Tablet. Es empfing keine Daten von dem Sil-Mod. Sie hatte ihn trotz meines ausdrücklichen Verbots entfernt. Unschön. Das Letzte, was ich zu diesem Chaos noch gebrauchen konnte, war ein verwirrter Windelementar.
Ich seufzte, schloss die Augen und fasste mir an die Stirn. Langsam aber sicher bekam ich Kopfschmerzen und die hatte ich für gewöhnlich nie. Plötzlich erklang ein kurzes Summen in meinem Implantat. Ein interner Anruf?
“L-Leo?” Verwirrt öffnete ich die Lider.
“Elian? Wieso rufst du über diesen Zugang an?”
“Entschuldige. Ich weiß, ich soll das nur im Notfall machen, aber es ist ja auch irgendwie einer.” Er klang besorgt und unruhig.
“Was ist passiert?”
“Suciu sagt, es hat einen starken Temperatursturz gegeben ... Und Dezeria ist doch Eis und ... Nun. Ich wollte wissen, ob mit ihr alles in Ordnung ist. Ich habe in ihrem Zimmer angerufen, aber da ging keiner ran. Bist du noch bei ihr? Geht es ihr gut?”
Mein Blick wanderte über das Eis. “Es geht ihr ausgezeichnet.”
“Kann ich mit ihr sprechen?”
“Nein.”
“Dann kann ich nach ihr sehen?”
“Nein. Du bleibst schön auf deinem Zimmer.”
“Biitteee ... Auch nur ganz kurz.” Ich hörte ein Knirschen und blickte hinab. Das Tablet in meiner Hand barst unter dem Druck meiner Finger.
“Ich habe NEIN gesagt.” Wieso hörte aktuell keiner auf mich?
“Ach sei nicht so ... Tyschka? Wo befindet sich Dezeria gerade, also Henriette meine ich. Die Frau mit dem Eis ...” Ich stöhnte frustriert und gleich noch einmal, als die KI ihm sagte, dass sie sich bei mir – in meinem Zimmer aufhielt.
“Elian. Ich warne dich.”
“Ich schau auch nur ganz kurz nach und bin dann sofort wieder weg. Versprochen!” Die Leitung brach ab. Mehrere Minuten starrte ich ins Leere. Dieser ungezogene Wicht würde herkommen. Einhundertprozentig.
Frustriert ließ ich das Tablet fallen und fuhr mir durch die kurzen Haare. Mir missfiel dieser Ablauf. Ich hätte längst mit allem hier fertig sein sollen. Jetzt verlangte die Versammlungen der Augonen meine volle Aufmerksamkeit. Das konnte ich nicht verschieben und Elian würde es mir ohne Zweifel schwer machen, mich vollständig auf meine Kopie zu konzentrieren. Na fabelhaft.