⊶Hekas Sicht⊷
Unglaublich. Ein anderes Wort hatte ich nicht dafür, was sich vor meinen Augen abspielte. Ich hatte noch nie eine Verbindung zweier Elementare gesehen, die füreinander geschaffen waren – zueinander gehörten. Mir war zwar bekannt, dass sich die Essenz dabei verselbständigen konnte, aber dieses Ausmaß überraschte mich dann doch. Ich konnte meinen Blick einfach nicht abwenden. Das ganze Zimmer brannte lichterloh. Weiß-blaue Flammen, die alles verzehren wollten und inmitten davon befanden sich Johanna und Zerian eng umschlungen.
Durch die Zerstörung könnte man meinen, dass es sich hierbei um ein Lösen oder Aufheben handelte, aber dem war nicht so. Klar und deutlich nahm ich ihre Herzschläge wahr. Es ging ihnen gut. Sie quollen geradezu über vor Euphorie und Lust. Bei anderen Anzeichen wäre ich sofort dazwischen gegangen. Wobei. Ich hätte es gar nicht erst erlauben sollen. Dieser Bindungssex war viel zu intensiv. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, sie auf diese Idee zu bringen?
Sie lagen buchstäblich in einem Meer aus Feuer, weil das Bett längst nicht mehr existierte. Johanna dabei oben auf und ritt laut stöhnend Zerians Schwanz, als gäbe es sonst nichts auf der Welt. Er wiederum streichelte zärtlich ihre Brüste und keuchte lustvoll. Beide waren vollkommen in diesem Sex gefangen. Blühten auf. Ja. Das kannte ich nur zu gut. Man konnte sich sehr leicht darin verlieren. Dennoch hoffte ich, dass ihr Spiel nicht mehr lange andauerte. Das Schiff würde diesem Inferno nicht standhalten können.
“Johanna? Zerian? Ihr habt euch gebunden. Ihr könnt jetzt aufhören. Bitte.” Meine Worte wurden von dem schrillen Alarm sowie dem tosenden Rauschen völlig verschluckt und obwohl ich dicht neben ihnen stand, bemerkten sie mich nicht. Das war schlecht. Dennoch wagte ich es nicht, sie mit einer Berührung zu unterbrechen. Ich war Wind. Wie ihre Bindung auf ein drittes Element reagieren würde, wusste ich nicht. Essenz war etwas verdammt Mächtiges und von Leopold wusste ich, dass ein unkontrolliertes Mischen davon äußerst explosiv enden konnte.
Was nun? Ich konnte nicht ewig hier stehen und warten. Meine Sensoren zeigten mir deutlich, dass die Umgebungstemperatur viel zu hoch war. Warnten mich eindringlich. Kritisch. Die Puppe würde gleich daran zugrunde gehen, egal welche Feuerfestigkeit das Gewebe besaß. Aber. Dass die beiden weiterhin Sex hatten, konnte ich auch nicht zulassen. Das musste aufhören. Sofort!
“HEKA!” Eine panische Stimme drang an meine Ohren, die ich sofort erkannte. Reznick. Er war hier? Nein. Das konnte nicht sein. Das Feuer würde ihm schaden und so verrückt konnte er nicht sein. Ich stutzte. Verdammt konnte er doch! Obwohl meine Fähigkeit von Johanna und Zerian stark beeinflusst wurde, konnte ich seine Präsenz ganz in der Nähe wahrnehmen. Zu nah!
Ich drehte herum. Wollte es zumindest, aber noch bevor sich mein künstlicher Körper in Bewegung setzte, packte mich jemand am Arm. Ruckartig wurde ich an eine breite Brust gezogen. Reznick. Er war es, aber was machte er hier? Wieso tat ihm das Feuer nichts?
“Heka! Was stehst du hier so dumm rum?! Du musst hier raus!” Er war verschwitzt und zeigte deutliche Sorge, was mich verwirrte. Warum sollte er sich sorgen? Wegen mir? Nein. Das konnte nicht sein. Vermutlich waren meine Schaltkreise schon zu beschädigt, um seine Mimik richtig zu deuten.
“Was zur Hölle?!” Sein Blick fiel auf das Treiben hinter mir. “Die vögeln hier in den Flammen? Scheiße, das kommt von denen?! Und du siehst seelenruhig dabei zu?” Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, schnellte er vor und packte Johanna am Oberarm – riss sie ruppig von Zerian herunter. Entgegen meiner ersten Befürchtung, dass dadurch etwas Gefährliches passieren würde, erlosch lediglich das inbrünstige blau-weiße Farbenspiel gleichsam mit dem Alarm. Übrig blieb nur ein bis auf das Grundmetall verbrannter Raum.
“Sag mal, bist du völlig bescheuert?” Reznick zerrte Johanna auf die Füße. “Willst du hier alles abfackeln? Wir sind hier in einem Raumschiff, falls du das vergessen hast! Hm?” Er musterte skeptisch ihr Gesicht. “Scheiße. Verstehst du überhaupt, was ich sage? Hallo?” Sachte schüttelte er ihren Körper.
“Was ... ist passiert? Was ist ...? Wo ...?” Johanna starrte verwirrt umher, ohne ihn zu erkennen oder mich. Definitiv kein gutes Zeichen. Vielleicht hatte er die Bindung der beiden durch diese Unterbrechung doch irgendwie beschädigt. Was, wenn nun eine Instabilität entstand? Ihre Erinnerungen weg waren? Ich hatte ehrlich keine Ahnung, was ich in solch einem Fall machen konnte. Das war schlecht. Sehr, sehr schlecht.
“Du bist nicht kalt ...” Johanna fuhr mit den Händen an seinem Körper entlang. “Weich, aber nicht kalt. Warum?” Zielsicher griff sie an den Saum seiner blutverschmierten Hose. “Du hast auch wieder was an ... Warum?” Ihre Hand schlüpfte unter den Stoff und bahnte sich den Weg hinab zu seinem Geschlecht.
“Hey, lass den Scheiß!” Reznick stieß sie wütend von sich, wodurch sie zu Boden stürzte. “Verdammt, Heka, was hast du mit ihr gemacht? Hast du ihr Drogen verabreicht? Weißt, ich Idiot mache mir Sorgen und – ach Dreck auch! Was soll das alles? Ist das ein Test von meinem Vater? Sollte das Feuer uns alle umbringen oder was?!”
“Nein. Sie haben sich lediglich aneinandergebunden. Ich weiß nur nicht, wie lange dieser Zustand der Verwirrtheit jetzt anhält. Du hast sie getrennt, obwohl sie noch nicht fertig waren.” Mein Blick schweifte kurz zu Zerian, der noch wie betäubt am Boden lag und an die Decke starrte. Deutlich nahm ich seine Schwingungen wahr. Seine Essenz schien sich erst einmal sammeln zu müssen. Hoffentlich wusste er danach noch, wer er war. Bei ihm machte ich mir die meisten Sorgen.
“Wie bitte? Noch nicht fertig?” Reznick stellte sich zornig vor mich. “Und wann wären sie fertig gewesen? Scheiße auch, sie haben rumgefickt und dabei sind blaue Flammen entstanden! Ist dir das nicht aufgefallen oder was?! Dass die Rea keine Menschen sind – gut und schön. Aber das? Das lässt sich doch nicht damit erklären! Was sind die beiden bitte für Monster?”
“Warum ...” Johanna kroch wankend auf allen vieren zu Reznick. “Warum stößt du mich weg?” Sie griff nach seinem Bein, um sich mühselig daran hochzuziehen. “Was habe ich dir getan?”
“O Mann ...” Reznick unterband ihren Aufstehversuch und hockte sich hin – umfasste ihr Gesicht. “Was stimmt nicht mir dir?” Sie lächelte lediglich liebevoll und schmiegte sich zufrieden an ihn. Sein Blick ging daraufhin zu mir. Immer noch wütend. “Mach es rückgängig, hast du gehört?”
“Ich kann nicht. Ich wüsste jedenfalls nicht wie.” Diese Antwort machte ihn nicht glücklich. Deutlich sah ich seine Muskeln arbeiten. Das war nicht gut. Gleich würde er wieder ausrasten. Ich bezweifelte, dass ich für sowas noch genügend Kraft hatte. Die Puppe meldete einen Systemausfall nach dem anderen. Ich brauchte unbedingt eine neue Hülle und eine Pause. Dringend.
“Was weißt du eigentlich? Wieso hast du es denn überhaupt geschehen lassen? Warum standest du nur dumm daneben? Und auch das, was sie ist, hast du mir immer noch nicht beantwortet! Das mit dem Feuer ist doch einfach nur krank!”
Ich seufzte schwer. “Wo fange ich nur an ... Sie haben sich gebunden. Das sagte ich ja bereits. Du kannst es wie eine Heirat verstehen. Ein Bund für die Ewigkeit. Dass es jedoch so ausartet, war von mir nicht geplant gewesen. Ich wollte nie, dass ihnen etwas passiert oder dem Schiff. Nach unserem Gespräch ließ ich sie alleine, hatte aber für keinen Moment meine Sinne ausgeschaltet. Ich habe sie überwacht, so wie ich dich überwache. Wäre ihnen Schaden zuteilgeworden, hätte ich ihre Verbindung umgehend unterbrochen. Und was das mit dem Feuer angeht ... Erinnerst du dich noch an das mit dem Rohstoff? Rea verbessern sich mithilfe von vielerlei Dingen. Bei Johanna wurde eben die Macht eines Sterns benutzt. Elementar. Gott. Nenn es, wie du möchtest. Sie ist deswegen mit Feuer gesegnet. Es ist so wie bei Zerian, der das Wasser in sich trägt.”
“Hä? Sie besteht aus einem Stern?” Ich sah ihm deutlich an, wie er verzweifelt versuchte, das alles irgendwie zu verstehen. Er brauchte den Halt in logischen Dingen, aber das konnte ich ihm nicht geben. Unser letztes Gespräch war schon nicht sonderlich gut gelaufen. Wenn ich ihm jetzt noch erklären würde, dass er ebenso aus Essenz bestünde – nein. Nachher tat er sich wieder etwas an. Das konnte ich nicht riskieren.
“Ich will dich ...” Johanna hatte offenbar genug vom Abstand, den Reznick vehement einzuhalten versuchte und warf sich auf ihn. “Schlaf mit mir.”
“Einen Teufel werde ich!” Er stieß sie ruppig von sich und stand auf. “Verdammt, Johanna, reiß dich mal zusammen! Ich habe echt so die Schnauze voll von diesem ganzen Scheiß und–” Seine weiteren Worte blendete ich aus. Etwas anderes hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Zerian. Die Schwingung seiner Essenz veränderte sich und auch sein Herzschlag nahm zu. Das war nicht gut. Irgendetwas stimmte nicht.
<RRRASCH!>
“NEEIIINNN!” Zu spät. Meine Reaktion kam zu spät! Ich hatte zwar noch gesehen, wie Zerian sich mit blau leuchtenden Augen aufrichtete und eine Woge brennendes Wasser auf Reznick jagte – konnte es aber nicht verhindern. Es fegte ihn buchstäblich von meiner Seite. Das war jetzt nicht wirklich passiert, oder?
Wie paralysiert starrte ich auf meinen Arm, mit dem ich Reznick noch aus der Schussbahn hatte ziehen wollen. Nichts. Bis zum Ellenbogen war da nichts übrig geblieben. Nein. Das konnte nicht sein. Warum sollte Zerian ihn mit einer Tötungsabsicht angreifen? Das ergab keinen Sinn. Aber dass er es getan hatte, war überdeutlich zu spüren gewesen. Auch jetzt noch strahlte er pure Aggressivität aus.
Besorgt drehte ich den Kopf in jene Richtung, in die es Reznick geschleudert hatte. Solch eine Attacke hätte ich unterbinden müssen. Essenz beschädigte einen Körper viel intensiver, als es eine normale Waffe hätte tun können. Warum also hatte ich nichts unternommen? Ich wusste es selbst nicht. Nein. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass wir gegeneinander kämpften. Das gehörte sich nicht. Als Spiel und in einem Wettkampf – ja. Aber nicht so. Nicht mit dem Ziel, den anderen auszulöschen. Wir waren doch eine Familie.
Zum Glück hatte Reznick mein unbedachtes Zögern in einem Stück überstanden. Er sah aber alles andere als gut aus. Der Aufprall hatte ihm zusätzlich geschadet. Sein Herz flatterte bedrohlich. Arbeitete unregelmäßig. Einige Knochen hatte er sich gebrochen. Bei dem Ausmaß, wie sich die Metallwand verzogen hatte, war es auch kein Wunder. Dass ich aber keine Brandwunden an seinem Körper erkennen konnte, überraschte mich dann doch. So schnell hätte er es unmöglich heilen können. War er etwa immun gegen die Essenz von Zerian? Gab es sowas überhaupt? Vielleicht. Die blau-weißen Flammen von der Bindung hatten ihm auch schon nichts getan. Eigenartig. Was lief hier nur?
“Verdammt ... hast du sie noch alle?” Reznick rappelte sich schmerzlich stöhnend auf und rieb sich den Kopf. Blut floss hinab und tropfte auf seine nackte Schulter. Er zitterte und wankte bedrohlich.
“Sie gehört mir!” Zerian stellte sich schützend vor Johanna und wob weiteres Wasser um sich, auf dem weißes Feuer tanzte. Unbändige Hitze schlug mir entgegen. Besorgt vergrößerte ich den Abstand zu ihm. Ich durfte davon keinesfalls getroffen werden, ansonsten wäre die Puppe endgültig hin.
“Du stehst zwischen mir und meiner kleinen Sonne, dafür wirst du sterben.” Ich verstand die Welt nicht mehr. Wieso hatte er jetzt das Bedürfnis, um Johanna kämpfen zu müssen? So sollte ein Band definitiv nicht wirken.
“Na dann komm, du Freak, versuch’s doch! Ich konnte dich sowieso nie leiden.” Reznick grinste, spuckte etwas Blut auf den Boden und streckte aus Gewohnheit seinen rechten Arm nach vorne. Die silberne Klinge schnellte aus seinem Fleisch – ragte völlig intakt aus seinem Handgelenk. Bei dem Anblick huschten sofort Stromstöße durch mein Innerstes. Nervosität. Ihm wird sicherlich auffallen, dass die Waffe wieder vollständig war und dann stand mir gleich das nächste unangenehme Gespräch bevor. Aber gut. Erstmal eins nach dem anderen.
“Zerian, bitte halte deine Fähigkeiten zurück. Es ist nicht nötig, einen Kampf zu führen. Johanna ist die Deine und niemand nimmt sie dir weg.” Meine Worte stießen auf taube Ohren. Er beachtete mich nicht einmal und auch Reznick lechzte nach dieser Auseinandersetzung. Das konnte doch nicht wahr sein. War ich tatsächlich so schlecht darin, etwas zu deeskalieren? Machte ich alles unbeabsichtigt nur noch schlimmer?
Es hatte jedenfalls den Anschein. Zerian schoss im nächsten Moment mit seinem Feuerwasser auf Reznick, was diesen wiederum lossprinten ließ. Auswich. Er suchte zweifellos den Nahkampf – musste Zerian nur einmal treffen, damit dieser das Zeitliche segnete. Die beiden so zu sehen machte mich wütend. Es reichte. Ich hatte genug – hatte es mit Worten, Erklärungen und Verständnis versucht. Aber es sollte wohl nicht sein.
Ein spannungsgeladenes Knistern erfüllte die Luft und bevor die beiden ein Blutbad untereinander anrichten konnten, knallte ich ihnen eine kreischende Wand aus Blitzen vor die Nase. Undurchdringbar. Da konnten sie noch so viel Essenz aufwenden. Ich war stärker. Jedoch hatte diese Macht natürlich einen Preis. Die Motorik der Puppe schmorte während dieser Aktion restlos durch. Die Beine gaben nach und ich stürzte auf den Boden. Ich konnte mich mit dem einen Arm gerade noch soweit abfangen, dass ich nicht umkippte und es in eine halbwegs kniende Position schaffte.
“Genug!” Ich löste die Blitze und starrte erschöpft zwischen den beiden hin und her. Dabei sah ich deutlich, dass meine Optik schwächelte. Die Bilder kamen stellenweise nur verschwommen an. “Ich will nicht, dass ihr euch gegenseitig verletzt! Von daher WÄHLT! Entweder ihr verbringt die restliche Zeit von mir betäubt oder ihr vertragt euch.” Das zu sagen fiel mir schwer. Es erinnerte mich zu sehr an Leopold und wie er wollte ich auf keinen Fall sein. Wobei. Er hätte gar nicht erst gefragt, sondern gleich jeden Störenfried in eine Stasekapsel gesperrt.
“Tzz! Er kloppt mich mit Schmackes in die Wand und ich soll das einfach so hinnehmen?” Reznick deutete mit der Spitze seiner Waffe auf Zerian und sah anschließend wutentbrannt zu mir. “Läuft das immer so ab? Alle können mit mir machen, was sie wollen und ich soll’s stillschweigend akzeptieren?”
“Nein. Natürlich nicht! Ich habe meine Warnung nicht auf dich alleine bezogen, sondern auf euch beide.” Meine Güte war das anstrengend. Ich konnte seinen Unmut zwar verstehen, aber wieso konnte er mir nicht einmal zuhören, ohne es negativ auf sich zu beziehen? Egal was ich sagte oder tat – es war falsch. Er wollte mich einfach missverstehen. Mich hassen.
Frustriert warf ich einen flüchtigen Blick zu Zerian. Ihn schien die Auseinandersetzung nicht weiter zu kümmern. Seelenruhig hob er Johanna hoch und drückte sie fest an sich. Sie wiederum lächelte und schmiegte ihren Kopf an seine Brust – streichelte verträumt über seine Haut. Ihrem Verhalten nach zu urteilen, hatte sie noch immer nicht zu sich selbst gefunden. Hoffentlich änderte sich das bald. Ich brauchte sie bei Verstand. Zerian sah nämlich nach weiterem Ärger aus. Seine Essenz regte sich. Ich spürte deutlich wie er seine Macht, gleich einem dicken Nebel, um sich zog.
“Ich will, dass du verschwindest.” Seine Augen leuchteten intensiv blau und sein Gesichtsausdruck wirkte alles andere als freundlich. “Wind ist mir egal, aber du musst weg und auch keiner von denen da kommt in ihre Nähe.” Verstimmt sah er zur Tür, wo sich mittlerweile einige der mitgenommenen Sklaven versammelt hatten und verwirrt sowie neugierig hinein spähten.
“Klar. Nur zu gerne, der werte Herr.” Reznick lachte spöttisch auf. “Mein Vater ist gerade im Anflug und ich brenne bereits darauf, meine Erinnerungen zu verlieren, um diesen Irrsinn gleich noch einmal durchlaufen zu dürfen. Also dann, Heka.” Er schwenkte lässig die silberne Klinge hin und her – grinste mich an. “Sag meinem Alten doch bitte, dass er sich beeilen soll, ja? Keine Ahnung ob er es noch über die Sprachkanäle versucht, aber er soll halt einfach andocken und fertig.”
Ich stutzte. “Sprachkanäle?” Hatte ich etwas nicht mitbekommen?
Reznick stöhnte genervt und aus seinem Gesicht wich jede gespielte Heiterkeit. “Ja jetzt tu nicht so. Ich habe das Schiff bereits vom Cockpit aus gesehen und auch, dass er eine Übertragung versuchte. Mal ehrlich. Mir reicht’s. Meine Laune ist an einem Tiefpunkt. Ich gebe auf! Sag ihm, er braucht kein Tamtam zu machen. Ich würde die Sache gerne so schnell wie möglich hinter ... mich ... bringen ...” Seine Augen hefteten sich an seine Klinge. Verwirrt drehte er das Metall vor sich und strich mit der linken Hand prüfend darüber.
“Wieso ... ist sie ganz?” Es fiel ihm auf. Ausgerechnet jetzt, wo er was von einem Schiff erwähnte und ich für dieses Frage-Antwort-Spielchen keine Kapazitäten übrig hatte. Wenn das nämlich stimmte, schwebten wir in Gefahr. Meine Gedanken mochten träge sein, aber Leopolds eintreffen hätte ich auf jeden Fall mitbekommen. Jedes Mal löste es einen Singsang in mir aus. Da konnte ich noch so beschädigt oder instabil sein. Ihn würde ich immer spüren. Immer.
Schnell schloss ich die Augen und konzentrierte mich. Ignorierte die ganzen aufploppenden Fehlermeldungen der Puppe und horchte in die Ferne. Verschaffte mir einen besseren Überblick. Meine Wahrnehmung war aktuell stark begrenzt. Ich schwächelte. War müde. Musste ruhen. Bald. Dringend. Andernfalls würde ich meinen Zerfall beschleunigen. Mehr als ohnehin schon.
Aber zum Ausruhen würde ich wohl weiterhin nicht kommen. Wie ich befürchtet hatte, erfassten meine Sinne ein fremdes Schiff. Reznick hatte sich leider nicht getäuscht. Das war schlecht. Sehr schlecht. Wem gehörte es? Eine Patrouille der Regeere? Oder vielleicht ein Schlachtschiff einer reichen Familie? Würden sie uns angreifen? Und wo steckte eigentlich Leopold? Es sah ihm gar nicht ähnlich, so lange zu warten. Normalerweise setzte er alles in Bewegung, um mich und Reznick wieder bei sich zu haben.