Beitrag zum 25.12.2022
Thema: »halsbrecherisch«
Beim Lesen anhören! --> https://www.youtube.com/watch?v=qLNcTP-JpRw
CN: Darstellung von Gewalt (Kampf mit Waffen) und Tod
Licht erhellte den Nachthimmel ohne Sterne. Der Wind trug den Geruch nach Rauch heran und in ihm schwangen Schreie voller Angst.
Shanqim schlug mit den Flügeln und flog höher, doch die Aschefetzen, die an ihm vorbeitrieben, versperrten ihm jegliche Sicht.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er ein Blitzen. »Simalgúr, was ist da im Elfenforst los?«, fragte er seinen Begleiter.
Der Dämon schoss kleine Blitze ab vor Aufregung. ›Drachen … Vampire … Alles voller Asche … Elfen liegen in ihrem Blut …‹
Shanqim dachte nicht lange nach. Sein Mund öffnete sich und er schrie. Eine Ankündigung an die anderen, dass ein Kampf bevorstand!
Er blickte in die Richtung, aus der die Rauchschwaden kamen, und erst jetzt riss er die Augen auf. Vampire und Drachen waren im Elfenforst eingefallen? Warum?
Die Feantìe kam nicht mehr dazu, sich noch weiter Gedanken zu machen, denn ein Kreischen bewegte sie zur Landung. Die anderen schwarzen Feen hatten den Ruf vernommen und waren auf dem Weg! Auch Shanqim verlor keine Zeit mehr.
»Simalgúr!» Auf den Ruf hin nahm der Dämon die Gestalt eines Blitzes unter Shanqims Füßen an und trug ihn in Windeseile Richtung Elfenforst. Rauch vernebelte ihm die Sicht, ließ ihn husten, doch Simalgúr war zur Stelle. Ein Blitz schlug in unmittelbarer Nähe ein und ein schrilles Fauchen ertönte. Wieder blitzte es. Schlagartig verstummte das Fauchen und der Rauch verzog sich. Shanqim bekam wieder Luft. Fahrig tastete er nach seinem Schwert, zog es hervor und wollte zur Landung ansetzen, um zu sehen, wen Simalgúr getötet hatte, als ein panischer Schrei den Kampfeslärm durchbrach.
Shanqim sah mehrere Elfen, die in die Richtung liefen. Etwas Großes flog an ihm vorbei und stieß eine Feuersalve aus.
Nein! Für eine Warnung war er zu weit weg und es war sowieso zu spät … Doch der Drache hatte nicht mit dem Dämon gerechnet: Simalgúr lenkte die Flammen mit einem Luftstoß um, sodass diese nun auf den Drachen zuhielten. Shanqim flatterte schnell außer Reichweite und folgte den Elfen. Schrille Todesschreie verhallten hinter ihm. Vor ihm schnitten fünf Vampire den Elfen den Weg ab. Ein erbittertes Gefecht brach los.
Shanqim zögerte. Sollte er eingreifen? Allerdings sah es so aus, als hätten die Elfen die Vampire gut unter Kontrolle. Einem wurde die Kehle aufgeschlitzt, ein anderer fiel mit einem Holzspieß in der Brust zu Boden und regte sich nicht mehr. Mit einem letzten Blick auf die blutige Szene flog die Feantìe zu Simalgúr, der in einiger Entfernung aufgeregt blitzte.
Zuerst erkannte Shanqim nur die Umrisse zweier Körper, als würden sich Liebende umarmen, doch im nächsten Blitzlicht sah er, dass eine der Gestalten von der anderen am Hals gepackt wurde, während die beiden sich küssten. Dann Dunkelheit.
Ein Schrei brach aus Shanqims Kehle hervor und er ging in einen halsbrecherischen Sturzflug. Die Hand fasste das Schwert, hielt es in die Höhe. Simalgúr ließ sich auf der Spitze nieder und jauchzte im Flugwind.
Das Jauchzen war das Einzige, was in Shanqims Ohren tönte, als Metall und Blitz in den Körper des Vampirs fuhren.
Der Vampir drehte den Kopf. Er hatte die Augen geschlossen, doch sein Mund formte die Worte: »Zu spät!«
Zu spät.
Shanqim sah, wie der Körper des Vampirs ins Gras fiel, ohne Leben. Er drehte sich zu der anderen Gestalt um, diejenige, die am Hals gepackt worden war.
Zu spät wofür?
Eine Elfe. Sie stand reglos da. Ihre Hand lag auf dem Bauch und sie blickte in den Himmel ohne Sterne. Endlose Schwärze.
Simalgúr verharrte neben Shanqim; ein kleiner Lichtball, der Blitze aussandte wie sanfte Impulse.
Das Licht war hell genug, um den Setzling zu erkennen, der zu wachsen anfing, als die Stimme der Elfe ertönte.
Sie sang. Ihre Stimme füllte die Nacht mit Traurigkeit, übertönte die Schreie, das Fauchen, das Brüllen. Die Stimmen Vold und Mortos.
»Frile myg fro skyhne, ve myt mørliga, gjenh dy y ber frej, oh berlÿne!«