Beitrag zum 09.09.2020
Thema: »Herbstanfang«
Fanóla wünschte sich weit fort. An einem Ort, wo ihn kein Dämon der Welt finden konnte. Es war Herbstanfang, der Sommer hatte sich verabschiedet. Herbst. Ein Zwischending, eine luftlose Grenze zwischen Abschied und Willkommen.
Der Elf wischte sich die Tränen ab, die seine Wangen hinunterliefen, doch es kamen immer wieder neue.
Nicht mehr lange, und er würde sich von der Intersektersen Runenwald-WG, von all seinen Freunden, die eigentlich schon wie eine Familie waren, verabschieden müssen.
Es ist deine Schuld, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Deine Schuld!
Wenn man es genauer betrachtete, trug eigentlich der Schneeschwanwolf Jiin die Schuld. Schließlich hatte er Fanó dazu angestiftet, einen Luftdämon zu beschwören. Und Fanó, der geglaubt hatte, dass Shokân ihm freundlich gesinnt war, hatte einsehen müssen, dass Dämonen weder gut noch böse waren. Deswegen blieb ihm auch nichts anderes übrig, als sein Schicksal zu akzeptieren.
Fanóla wusste nicht, wann es passieren würde. Wann kämen sie ihn holen? Und vor allem, wo und wie? Fragen über Fragen.
Eine zufallende Tür und schwere Schritte kündigten Rikhon an. Fanó sah zu dem Bild, das er gemalt hatte. Er versteckte es unter einer schon morschen Dielenplatte, ganz hinten in der Ecke. Dort würden es die beiden nie finden. Hoffentlich aber derjenige, der kommen würde.
Die Schuld wird mit geweihtem Wasser beglichen. Das ewige Licht wird ihn verbrennen, wenn es blaues Feuer trifft. Ein Kämpferherz wird nicht stark genug sein, um den Segen empfangen zu können. Nur das Tier aus dem Abgrund kann erlösen.
Das waren die Worte, die Shokân ihm gesagt hatte, als er nach dem Preis gefragt hatte. Das Tier aus dem Abgrund.
Wer war damit nur gemeint?
Fanóla wollte nicht länger darüber nachdenken. Es schnürte ihm die Kehle zu, verursachte ihm Bauch- und Kopfschmerzen. Er wimmerte.
Im nächsten Moment zogen ihn starke Arme nach oben und umschlangen ihn. Seine Nase grub sich in ledernen Stoff. Der Duft nach Abenteuer, Wüstensand und Freiheit war darin eingefangen. Er gehörte zu einem trinkfreudigen, mitunter scharfzüngigen Gesellen.
Von dem rauen Charakter dieses Abenteurers war nichts zu spüren, im Gegenteil.
»Ich bin bei dir«, sagte eine sanfte Stimme, die bei Rikhon höchst selten zutage kam.
Aber die Worte vermittelten Fanóla genau das, was er brauchte. Sicherheit. Freundschaft.