Beitrag zum 13.06.2021
Thema: »Alte und neue Träume«
»Hier bist du!«, schnaufte Kilian. Wahrscheinlich war er den ganzen Weg von der Schule bis hierher in den Wald gerannt. Außer Atem ließ er sich neben mich sinken und blickte mich an.
Ich spürte, wie diese dummen Tränen wieder zu fließen begannen.
»Ich habe mitbekommen, was die anderen getan haben.« Kilians Stimme klang zornig, und ich hob den Kopf.
»Das war total daneben, und ich hoffe sehr, sie sehen das ein.« Seine Worte veranlassten mich dazu, die Luft einzuziehen.
»Was hast du getan?«, fragte ich.
Er hob die Hände vor das Gesicht und musterte sie finster. Das war für mich Antwort genug.
»Spinnst du?«, fauchte ich. »Wenn jemand von denen zum Direktor geht und petzt, dann …«
»Niemand wird petzen«, sagte Kilian. »Schon gar nicht Jenny. Und selbst wenn sie wirklich so dumm ist, der Direktor wird ihr wohl kaum die Story abkaufen, dass sie an den Armen Brandblasen hat, weil ich sie berührt habe. Außerdem …«
Er zögerte, und ich wünschte mir plötzlich, ich könnte seine Gedanken ebenso lesen, wie es bei Simon der Fall gewesen war.
Simon … Die Tränen drückten, wollten raus, doch ich zwang sie tapfer hinunter.
»Anouk.« Kilian sah mich an und legte einen Arm um meine Schultern. An seinem Blick erkannte ich, dass das, was er mir sagen möchte, mir nicht gefallen würde.
»Riaghor versucht, neue Albträume zu bekommen. Wir müssen ihn aufhalten!«
Wie denn? Wie kann man eigene Albträume daran hindern, jede Nacht wiederzukommen?
Mein Halbbruder fuhr mit der Hand über meinen Rücken, und ich spürte eine wohltuende Wärme.
»Kommen sie immer noch zu dir?«, fragte er sanft.
»Ja. Jede Nacht.« Nun stahlen sich doch einige Tränen heraus. »Es hört einfach nicht auf!«
Kilian knurrte, als wäre er in seiner Drachengestalt, und ich erspähte aus den Augenwinkeln eine Bewegung. War das …?
Nein!