Beitrag zum 06.05.2020
Thema: »Langsam drehte er/sie sich um ...«
Ich aber sah zu dem Geschöpf, mit dem sie sich unterhalten hatte. Unter dessen Mütze lugten zottelige Haare hervor, und als der Fremde sich bewegte, legte der Umhang für einen Augenblick haarige, gekrümmte Beine frei. Ein Faunyr. Langsam drehte er sich um. Dann ertönte ein Laut, den ich mit viel Fantasie als ein verwundertes „Mäh?“ einstufte.
„DER gehört zu dir?“, rief der Faunyr und blickte von mir zu Kiara.
Sie nickte, und ich versuchte, den Blick des Kerls wieder einzufangen.
„Was willst du?“, fragte ich so kalt wie möglich.
„Dein Mädchen sah so einsam aus, da wollte ich ihr ein wenig Gesellschaft leisten“, war die freche Antwort. Blauschwarze Augen sahen mich spöttisch an, wahrscheinlich wartete er darauf, dass ich als Gefährte Kiaras „mein Mädchen“ verteidigte. Aber da hatte er sich zu früh gefreut.
„Schön!“ Ich lächelte. „Ich hoffe, ihr hattet guten Gesprächsstoff.“
Nicht nur dem Faunyr fiel die Kinnlade runter, auch Kiaras Blick war so fassungslos, dass ich Mühe hatte, nicht zu grinsen. Aber ich bin ein Elf. Wir können unsere Gefühle meisterhaft verbergen, auch wenn ich hierbei eher die große Ausnahme darstelle.
Ich wandte mich an meine Schülerin. „Ich habe alles erledigt. Gehen wir?“
Das war das Signal für den Faunyr, zu verschwinden, was er auch anstandslos tat. Kaum war er weg, fuhr ich zu Kiara herum.
„Habe ich dir nicht gesagt, dass du mit niemandem reden sollst?“, knurrte ich, und sie fauchte zurück: „Der Typ ist zu mir gekommen und hat angefangen, mit mir zu reden! Ich habe gar nichts gesagt, und du bist ja auch dann gleich aufgetaucht.“
Wir starrten uns an, sie in wütender Verteidigung, ich mit einem schlechten Gewissen.
„Bist du in Ordnung?“, fragte ich leise, und sie blinzelte überrascht.
„Ja.“ Kiara wandte den Kopf von mir weg.