Beitrag zum 20.05.2020
Thema: »Der Schwur«
Howdy, du schöne Tänzerin der Wüstensonne,
schon immer haben mir Buchstaben mehr geholfen, meine Gefühle auszudrücken, als Worte es je vermocht hätten. Das liegt vielleicht daran, dass ich ein Chronist bin. Ein Geschichtenschreiber, der vergessene Legenden aufschreibt und den Leuten die Erinnerungen daran in ihre Birnen pflanzt.
Aber heute will ich dir keine längst verlorengeglaubte Geschichte aus der Vergangenheit erzählen, sondern dir meine Gegenwart zeigen. Die ist nämlich im Moment alles andere als rosig.
Meine Gefährten und ich haben einen sehr gefährlichen Banditen zur Strecke gebracht. Vielleicht hast du von ihm gehört. Er war viel gefährlicher und stärker, als Grabscher und Holzkopf, vor denen ich dich beschützt habe, weil er Magie beherrscht hat und uns mit einer Illusion in Form eines Baumstamms in die Irre führen konnte. Aber wir haben ihn mit List und Tücke besiegt, jawohl!
Trotz des Siegesrausches bin ich alles andere als glücklich. Um nicht zu lange um den heißen Brei herumzuschwafeln: Ich vermisse dich. Ich bin absolut mieser Stimmung, seit wir von dieser heruntergekommenen Spelunke aufgebrochen sind. Eigentlich wollte ich mich noch von dir verabschieden, aber meine Begleiter haben meinen Wünschen mal wieder keine Beachtung geschenkt. Naja, so sind sie eben. Der Einzige, der mich tröstet, ist mein Racjallo Touk. Und mein guter alter Freund das Qbak. In der Einsamkeit der Wüste und der Angst oder Ungewissheit davor, sein Leben in den nächsten Stunden verlieren zu können, gibt es nichts Besseres, um Sorgen zu ertränken. Ich hoffe, du denkst jetzt nicht zu falsch von mir.
Ja, ich gebe zu, meine raue Art mag abschreckend wirken, aber im Grunde bin ich ein junger Mann mit dem Herz am rechten Fleck, auf der Suche nach seinem Platz in dieser sandheißen Welt. Frag meine Gefährtinnen, Dhunya und Wardah, die werden dir das bestätigen. Ich werde sie dir das nächste Mal vorstellen, wenn wir wieder bei Inetta sind. Bis dahin versuche ich irgendwie die Sehnsucht nach dir auszuhalten. Dieser Dämon ist schlimmer als die Schlafmonnen! Ich hoffe, mein elfischer Begleiter, mein Bester, Grafin, hat einen Tipp für mich. Grafin hat immer verrückte Ideen, deswegen ist er ja mein Bester. Einmal ging es mir nicht gut, weil ich einen ganz wehen Stich im Sitz der Emotionen gespürt habe, und da hat er mit mir getanzt. Ich werde dir die Schritte zeigen, Grafin ist ein echter Tanzgott!
Bis unsere Wege sich kreuzen, freue ich mich jeden Abend beim Schlafengehen am Lagerfeuer, die Funken in den Himmel steigen zu sehen und an dich zu denken. An das braune, lockige Haar, schimmernd wie das Fell eines reinrassigen Vollblutpferdes. An die bernsteinfarbenen Augen, die so geheimnisvoll schimmern. An die bronzefarbene Haut, die ich mich nicht zu berühren traute, und die diese beiden Vollidioten ohne jeden Respekt angefasst haben. Dazu hatten sie kein Recht! Ich muss aufpassen, dass meine Federklinge nicht abbricht, weil ich so fest aufdrücke. Impulsivität ist eine meiner Eigenschaften, welche oftmals Fluch und Segen zugleich ist. Du darfst aber sicher sein, dass sich meine Wut berechtigterweise nur an diejenigen richtet, die immer noch nicht gemerkt haben, dass auch im gesetzlosen wilden Osten Regeln existieren, um ein geregeltes Miteinander führen zu können.
Meine Gedanken kreisen um dich, Emwai, die kleine Muschel, welche mir das Lied des Sandmeeres singt. Ich höre die Musik. Sie ruft mich heim. Nach Pforte. Zu dir.
Ich werde kommen, Emwai. Das ist ein Versprechen, mein Schwur an dich.
Von Rikhon, Wabawi & Chronistenkrieger