Beitrag zum 15.03.2020
Thema: »Bewährungsprobe«
JOSHUA
Chad empfängt mich in unserem Zimmer. Er liest ein Buch, legt dieses aber sofort beiseite, als ich hereinkomme, und steht vom Bett auf.
»War’s sehr schlimm?«, fragt er leise, und ich zucke scheinbar gleichgültig mit den Schultern.
Mein Zwilling jedoch durchschaut mich sofort. Er seufzt und sieht mich an.
»Was hat er denn gesagt?«
Ich gehe zu Chad und sinke auf die Matratze. Meine Finger krallen sich in meine Haare, und schließlich reibe ich mir die Augen.
»Dass er enttäuscht von mir wäre. Ich wisse ja, was Abhängigkeit anrichten könne und so weiter. Aber richtig schlimm wurde es erst, als er auf die Sache mit …« Ich schlucke, und in meinen Augen brennen plötzlich Tränen. Ein Weiterreden unmöglich.
»Hey! Schsch! Komm her.« Chad umschlingt mich und zieht meinen Körper nach unten, sodass mein Kopf letztendlich auf seinem Oberschenkel ruht. Sanft fahren seine Finger durch meine Haare, und ich schließe die Augen und versuche mit aller Kraft, die Tränen zurückzuhalten.
»Er konnte es wahrscheinlich nicht fassen, beinahe nochmal einen Sohn auf dieselbe Weise zu verlieren!«, murmelt mein Bruder und ich schluchze auf.
»Du weißt, dass ich das nicht wollte!«, weine ich. »Aber er hat gesagt, ich hätte ja wissen müssen, dass mir die Verantwortung für dich irgendwann zu viel werden würde. Er hat noch so viel mehr gesagt, ich habe aber dann nicht mehr zugehört, weil …«
»Sch! Ist ja gut!« Chad streicht mit der Hand über meinen Arm. »Hat er irgendetwas von einer … Unterbringung oder so gesprochen?«
Ich hebe abrupt den Kopf und starre ihn entsetzt an. »D-das würden sie nicht tun, oder?«
Mein Zwilling sieht weg. »Vielleicht doch«, murmelt er. »Vielleicht soll das ja eine Art Bewährungsprobe für uns sein.«
Chad zuckt zusammen, als ich mich aufrapple und zur Tür gehe.
»Josh, warte!« Sein ungewohnter Befehlston lässt mich erstaunt innehalten.
»Hat Dad irgendwas in dieser Richtung angedeutet?« Ich hebe die Schultern. Keine Ahnung. Aber wenn sie wirklich überlegen, mich … Ganz abwegig ist es schließlich nicht. Sie wollen aus den Fehlern, die sie bei David gemacht haben, lernen.