Beitrag zum 21.02.2021
Thema: »Milchshake«
Der junge Typ hinter der Theke schläft fast im Stehen ein. Er seufzt, als wir hereinkommen und uns vorsichtig umsehen. Nein, außer uns ist niemand hier. Wer sollte sich um vier Uhr morgens denn einen Hamburger oder FishMac bestellen? Das machen höchstens Jugendliche, die vor lauter Saufen Hunger bekommen. Ich spreche aus Erfahrung.
»Hey«, begrüßt Jorin den jungen Mann, der sich müde die Augen reibt und hastig seine Maske aufzieht, die er um den Hals gehängt hat. Wir tragen immer noch die nach Asche stinkenden Dinger. Ich hoffe, dass wir morgen in einen Supermarkt gehen können und dort richtige Masken kaufen.
»Was darf’s sein?«, brummt der Typ, dessen Namensschild ihn als Bela ausweist.
Kiana und Lyra bestellen Fanta und Sprite, Jorin nimmt eine Cola, und ich starre sehnsüchtig auf die Milchshakes. Ich will einen Erdbeershake!
»Benji, was magst du?«, fragt Lyra und folgt meinem Blick.
»Einen Milchshake? Welchen?«
Bela verfolgt die für ihn völlig fremde Kommunikation. Müde sieht er nicht mehr aus. Er beobachtet Lyra und mich. Ich blinzle rechts, als Lyra »Vanille und Schokolade« sagt, und links, als sie »Erdbeere« sagt.
»Für ihn bitte einen Erdbeermilchshake!«
Bela klappt der Mund nach unten. »Sag mal, ist das dein Freund?«, fragt er meine ehemalige Klassenkameradin unverblümt, und Lyra guckt nicht weniger verblüfft.
»Benji? Nein. Wie kommst du darauf?«
»Na ja, wie du mit ihm kommunizierst. So … ungewöhnlich irgendwie«, entgegnet Bela und bereitet unsere Getränke zu. Wenig später sitzen wir an einem sauberen Tisch, den Mindestabstand ignorierend, und trinken. Ich schlürfe mithilfe eines Strohhalms meinen Milchshake mit geschlossenen Augen und denke, dass ich noch nie einen so leckeren, nach Freiheit schmeckenden Shake getrunken habe.
»Kann ich sonst noch etwas für euch tun?« Der junge Mann fährt sich über die Haare.
»Ihr seht so aus, als ob ihr Hilfe bräuchtet«, fügt er auf unsere erstaunten Blicke hinzu.
Jorin legt einen Arm um Lyra, die den Kopf an seiner Schulter vergräbt.
»Wenn hier in den nächsten Stunden die Polizei oder irgendwelche anderen Leute auftauchen und nach drei Studenten und einem Rollstuhlfahrer fragen, dann wäre es sehr nett von dir, wenn du uns jetzt nicht gesehen hättest!«
Bela runzelt die Stirn, nickt nach einigen Sekunden zögernd. »Geht in Ordnung. Ihr wart nie hier.«
Jorin nickt grimmig. »Ganz genau.«