Wenn man oder auch frau krank ist, bewegen wir uns zum Arzt. In Zeiten von Corona ist das nicht anders als sonst auch, da wir bei den Halbgöttern in Weiß um adäquate Hilfe ersuchen. In Zeiten von Corona scheinen die Rollen aber seltsam vertauscht. Nun sind es nicht mehr die Halbgötter, die über unsere Befindlichkeit bestimmen, sondern deren Helfershelfer. Im letzten Jahrtausend wurden diese Sprechstundenhilfen genannt und waren wie der gute Geist einer jeden Praxis.
Doch nun haben wir als Patient*innen, ja das macht man so bei der Genderei, es mit Arzthelferinnen und medizinischen Fachangestellten zu tun. Nun denn, wer jetzt glaubt, dass es sich lediglich um eine klitzekleine Namensänderung handelt, der irrt gewaltig. Die Frau am Tresen, seltsamerweise sah ich dort noch nie einen Mann, wurde durch die geänderte Nomenklatur ihres Berufsstandes derart aufgewertet, dass sie quasi nun wie ein Feldwebel über die Praxis herrscht. Wie nannte es mein Bruder, als er noch ein Teil der Truppe war, als Feldwebel habe man den höchsten Grad der Gemeinheit erreicht.
Genau diesen Grundsatz haben scheinbar einige der Damen mehr als verinnerlicht. Sie sind wie ein Bollwerk, das überwunden werden muss, eine Trutzburg, die den Arzt vor der Störung durch die Patienten zu schützen sucht. So setzten sie in Zeiten von Corona die Handlungsanweisungen buchstabengetreu um. Akutpatienten sind lediglich solche, die eine für Corona typische Symptomatik aufweisen. Alle anderen werden mit einem Termin abgespeist und streng der Tür verwiesen, um das Patientenaufkommen möglichst gering zu halten.
Da meine Mitbewohnerin weder Schnupfen oder Husten hatte und auch nicht eine erhöhte Temperatur vorzuweisen hatte, konnte sie auch nicht akut erkrankt sein. Nun denn, ihr Burn-out ist ja auch laut Diagnoseschlüssel keine Krankheit, da dieser Begriff schlichtweg nicht auftaucht. Aber sind die damit verbundenen Beschwerden und Symptome nicht mitunter auch lebensbedrohlich? Aber was erzähle ich da, der kleine Herzkasper, der niedliche Nervenzusammenbruch am Rande, der rumorende Reizdarm, was stellen sich die Leute nur immer an. Diese hysterischen Weiber sollen sich mal etwas zusammenreißen, dann klappt das auch mit dem bisschen Burn-out.
Als ich mich in die Diskussion einschaltete, wollte sie erst sagen, dass ihr Wort Gesetz sei. Da ich aber davon unbeeindruckt weitere lebensbedrohliche Krankheiten nebst Symptome aufzählte, dass den anderen wartenden Patient*innen Angst und Bange wurde, erhielten wir doch noch die Erlaubnis, den Kreis der erlauchten Wartenden aufzusuchen.
Akut ist dann doch akut, wenn auch ganz anders als erwartet.