Wenn denn jemand stirbt, hat man als Bürger oder eben auch als Bürgerin unweigerlich mit Behörden zu tun. So die nun verblichenen Angehörigen ob ihres fortgeschrittenen Gebrechens oder aber aus eigenem Wunsch und Verlangen eine Rentenverwahranstalt als letzte Meldeadresse hatte, also in einem Altenheim ihre letzten Tage genossen, hat das Amt gerne ein Wörtchen mitzureden. Sobald die geliebten Lebenden nicht mehr unter diesen weilen, beginnen die Mühlen der Ämter zu mahlen. Der Behördenapparat beginnt zu rattern und zu knattern. Mechanismen, von denen der Bürger bis dahin nichts ahnte, beginnen zu greifen. Heraus kommt ein Brief, der den Bürger in diesem Falle natürlich die noch lebenden Hinterbliebenen darüber aufklärt, was nun die Pflichten als treusorgender und fürsorglicher Nachfahre wären.
So verstarb am 16. Dezember der Vater meiner Mitbewohnerin in einem städtischen Altenheim. Ob an oder nur mit Corona ist für diese Geschichte nicht wichtig und findet nur der Vollständigkeitshalber hier Erwähnung. Viel bedeutender ist das Datum der Ursache, die den Behördenapparat in Gange setzte.
Wo war ich? Ach ja. Am 16. Dezember verstarb der werte Herr Papa. Da die Beerdigung bereits vor Jahren im Voraus geplant und auch beglichen war, konnte der Verblichene ohne große Aufregung vom Bestatter für die Bestattung am 23. Dezember hergerichtet werden. Und wo war die Behörde? Am 22. Dezember ereilte uns ein Brief, der unser Weltbild, unsere Sicht auf staatliche Institutionen gehörig ins Wanken brachte. Dort wurden wir durch vortreffliche Textbausteine und überhaupt nicht individuell darauf aufmerksam gemacht, welches unsere Bürgerpflichten wären und dass meine Mitbewohnerin als Tochter zur Pflicht verpflichtet wäre, denn nach § 8 Absatz 1 Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz BestGNRW vom 17.06.2003) sind eben Angehörige dazu verpflichtet, ihre Verstorbenen ordnungsgemäß zu bestatten. Nach all den Verpflichtungen ging es dann doch auch noch um Geld, denn wenn sie dazu monetär nicht in der Lage wäre, wurde die Anschrift des Sozialamtes direkt mit beigefügt. Freundlicherweise wurde meine Mitbewohnerin auch noch darauf hingewiesen, bei welchem Bestatter sie ihren Vater bzw. dessen sterbliche Hülle finden könnte.
So weit so gut oder eben so schlecht. Denn eigentlich war der Brief eher so aufgebaut, dass man Bestattung und den Namen des Verstorbenen durch Entsorgung und illegalen Müll hätte ersetzen können. So wurde der Herr Papa zu einer leidlichen Sache, die ordnungsgemäß zu beseitigen sei. Als Schmankerl sei hier noch erwähnt, dass dieser Brief nicht vom Friedhofs- und Grünflächenamt geschickt wurde, sondern vom Amt für öffentliche Ordnung, das ja eher für wilde Müllkippen zuständig ist. Am Tage der Zustellung konnte ich die Briefeschreiberin, Frau Deppka (ein Name ist Programm), nicht mehr erreichen. So versuchte ich es am nächsten Tage nach der würdevollen Beisetzung. Hier erfuhr ich von ihr, nachdem ich eine geschlagene halbe Stunde von Pontius über Pilatus endlich an sie weiterverbunden worden war, dass der Bestatter Kotze ihr bereits am Vortage mitgeteilt habe, dass der Verstorbene von dem ursprünglich bestellten Bestatter abgeholt worden sei. Während des Telefonats machte ich sie darauf aufmerksam, dass der Verstorbene vielleicht an aber gewiss mit Corona verstorben sei und demzufolge nach dem Seuchenschutzgesetz eine zügige und besondere Bestattung von Nöten gewesen sei.
Was soll ich sagen, sie wusste nichts von Corona. Na dann Prost!