Dass bestimmte Berufsgruppen absonderliche Bezeichnungen für gewöhnliche Dinge oder Begebenheiten haben, beschrieb ich bereits am Beispiel der Ladung und was die Juristerei daraus machte. Nun sind Mediziner auch für ihre Wortschöpfungen bekannt, dass der Patient an sich auch erst einmal nicht weiß, was da eigentlich gemeint ist.
So wurde ich unlängst operiert und auf der Fensterbank an meinem Bett stand eine Papiertüte. Nachdem ich einigermaßen wieder klar war, und natürlich auch meine Brille zu Hilfe nahm, las ich darauf, was dort in fetten Lettern geschrieben stand. Abwurfbeutel.
Ich ließ mir das Wort auf der Zunge zergehen. Abwurfbeutel. Dann versuchte ich, den Sinn des Wortes zu ergründen. Beutel war ja klar, aber Abwurf. Wohin sollte der Beutel geworfen werden? Aus dem Fenster? Oder meinte Abwurf gar irgendetwas Medizinisches. Wenn man sich ja etwas aus der Lunge hustet, nennt man es ja auch korrekterweise Auswurf und nicht ekeliger wie-auch-immer-farbiger Schleim. Doch dann schalt ich mich selbst, denn die Kotztüten hatte ich ja bereits kennengelernt. Diese sahen eher wie Präservative für Elefanten aus, auch wenn die Schwestern sie als Elefantenrüssel bezeichneten.
Leider konnte ich aus der Entfernung nicht das Kleingedruckte lesen, das gewiss Aufschluss über die Verwendung des Beutels gegeben hätte. So blieb mir der Abwurfbeutel lange ein Rätsel, aber man hat ja im Krankenhaus bei absoluter Bettruhe eh nichts anderes zu tun, als sich über kleine Unsinnigkeiten den Kopf zu zerbrechen.
Dann endlich wurde mein Wissensdurst gestillt. Als meine Verbände gewechselt wurden, nahm der Arzt besagten mysteriösen Beutel, entnahm ihm frisches Verbandsmaterial und warf die blutigen Verbände hinein.