Anfang der 90er Jahre wurden alle Gemüseabteilungen der Selbstbedienungsläden mit Bonwaagen zum selber wiegen ausgerüstet. Da ich selbst mit solchen Waagen arbeitete, war es für mich nicht sonderlich schwer. Als ich nach der Arbeit einmal in einer solchen Abteilung „einkaufte“, bemerkte ich einen älteren Herrn, der mit der Situation sichtlich überfordert war. So sprach ich ihn an, ob ich ihn unterstützen könne. Dankbar nannte er mir seine Einkaufswünsche auf und ich zählte die Artikel in die kleinen Tütchen, wog sie und klebte das passende Etikett mit korrektem Preis darauf. Während meines Tuns, bemerkte ich eine junge Frau mit Kinderwagen, die geduldig wartete. Ich ignorierte sie. Dann endlich sprach sie mich an. Sie hätte gerne drei Tomaten. Freundlich lächelte ich und zeigte ihr die Tütchen, wies auf die Tomaten und erklärte die Waage und wandte mich um, um zur Kasse zu gehen.
„Das ist ja unverschämt“, rief sie mir hinter her.
Verdutzt drehte ich mich zu ihr um.
„Ich werde mich über Sie beschweren“, zeterte die junge Frau weiter.
„Das ist Ihr gutes Recht“, meinte ich trocken. „Da hinten ist das Filialleiterbüro.“
Ich zeigte vage dorthin, wo ich das Büro vermutete, und ging weiter zur Kasse. Im Augenwinkel sah ich, wie sie in die angewiesene Richtung rauschte. Dann hörte ich laute Stimmen, die sich dem Kassenbereich näherten. Ein sichtlich überforderter Herr versuchte, die Dame zu beruhigen.
„Diese Verkäuferin meine ich“, sie zeigte mit dem Finger auf mich. „Die mit der Schürze.“
Der Filialleiter schaute mich irritiert an.
„Das ist keine Mitarbeiterin von uns, das ist eine Kundin.“
Da mein Kassiervorgang beendet war, ließ ich die junge Frau mit einem freundlichen Lächeln meinerseits und mit hochroten Wangen ihrerseits stehen.