Unsere lieben Fellnasen müssen alle in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen einen Tierarzt aufsuchen. Für die einen ist es eine Freude, für andere eher eine Qual.
Als Katzenbesitzerin war der Transport dorthin eher harmlos und nur das Geschehen im Behandlungszimmer war mitunter, wie soll ich es ausdrücken, etwas schwierig. So gehörte eine schwarzweiße Kätzin zu unserem Haushalt. Mit knapp drei Kilo, war sie eher ein Leichtgewicht. Ihrer Größe bzw. ihrem kleinen Körperwuchs angemessen hatte sie auch eher ein liebliches Stimmchen, wenn sie überhaupt maunzte. Dafür schnurrte sie wie ein Düsentriebwerk. Aber sobald etwas nicht nach ihrem Willen geschah, wurde sie zur wahren Tigerin und wir hatten es eher mit einem Schwergewicht zu tun. Wie gesagt... Tigerin. 300 kg. Sie glaubte dann auch wirklich, dass sie sich verhundertfacht habe. Ein bissel Größenwahn steht jedem zu. Besagte Miez hieß Mauz (Ja, Phantasie eines Eichhörnchens). In einen Katzentransportkorb bekam man sie nicht hinein. Keine Chance. Das war auch nicht notwendig, denn sie liebte das Auto fahren über alles und sprang auf den Beifahrersitz, sobald man sie dazu einlud. Für die Praxis gab es dann einen geflochtenen Einkaufskorb mit Henkel und ein Geschirrtuch. Bei der Praxis vorgefahren wurde sie in den Korb gesetzt und das Tuch locker darüber gelegt. Und siehe da, Mauz blieb ruhig sitzen und machte keinerlei Anstalten, den Korb verlassen zu wollen. Ich habe nie herausgefunden, warum das so war. Als ich mal wieder mit ihr in der Praxis saß, waren dort auch Kinder mit ihrem Hamster.
„Was hast du denn in deinem Korb?“ Fragten mich die Kinder.
„Da ist ein Tiger drin“, gab ich zur Antwort.
„Das glauben wir nicht“, erwiderten die Kinder skeptisch. Natürlich war ein Tiger viel größer, er konnte unmöglich in dieses kleine Körbchen passen.
„Doch, doch“, ich grinste und stupste das Körbchen an, dass es ein wenig wackelte. Das mochte unsere Mauz nämlich überhaupt nicht und sie bekundete dann ihrem Unmut mit Fauchen und Knurren. So geschah es auch diesmal. Ein tiefes gutturales Knurren und ein dramatisches Fauchen kamen aus dem Korb, dass man durchaus ein größeres Tier darin hätte vermuten können. Auch hier frage ich mich bis heute, wie aus diesem kleinen Tierchen derartige Töne haben kommen können. Die Augen der Kinder weiteten sich vor Entsetzen und sie begannen aufgeregt zu tuscheln.
Als ich aufgerufen wurde, erkannte mich der Tierarzt und auch seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.
„Die verrückte Bäckerkatze!“ Rief er und ich glaubte einen Hauch von Panik darin zu hören. Er bat mich dennoch hinein.
„Stellen Sie das Körbchen schon mal auf den Tisch. Ich bin gleich wieder da.“
Der Tierarzt verschwand. Kurze Zeit später war er wieder da. Er hatte sich für Mauz umgezogen. Wattierte Jacke, lange dicke Handschuhe, die bis zum Ellenbogen gingen, Helm mit Visier. Ich überlegte noch kurz, ob ein Gambeson und Kettenhemd nicht besser wären. Dann warfen wir eine Decke über den Korb. Nun durfte ich krabbeln, bis ein Stück Nacken der Katze frei lag, dort bekam sie dann die Impfung hinein. Eine Prozedur, die sie unter lauten Protest über sich ergehen ließ.
Wer nun glaubt, dass der Aufzug des Tierarztes übertrieben sei, dem sei hiermit versichert, dass der erste Ausflug von Mauz beim Tierarzt, mit einem Besuch in der Notaufnahme für den Veterinär endete. Katze 1 : Veterinär 0.
Aber Tierarzt kann auch anders gehen. Mein roter Kater Kono war so ein Kandidat. Er liebte sein Transportkörbchen, dafür war Auto fahren für ihn die Hölle. Sobald der Motor gestartet war, weinte der Kater bitterlich den ganzen Weg bis zur Praxis und war durch nichts zu beruhigen. Im Wartezimmer war dann wieder alles gut. Hunde waren ihm herzlich egal, er tötete auch Ratten, was war da schon ein Hund. Autos waren halt die wirklich gefährlichen Wesen. So beobachtet ich einen Hundebesitzer nach dem anderen, wie sie ihr Lieblinge an der Leine in den Behandlungsraum zerrten, während diese ihren Po auf den Boden pressten. Die Vierbeiner taten alles, um nicht in die Kammer des Schreckens zu müssen.
„Oh Mann“, sagte ich laut, „habt ihr eure Tiere nicht im Griff?“
„Sie haben ja eine Katze. Die sitzt im Körbchen und wird getragen“, entgegnete einer der Hundebesitzer sichtlich pikiert.
Dann wurde ich aufgerufen.
„Dann zeige ich euch mal, wie das geht“, sprach es und öffnete zum Schrecken der Hundebesitzer im Wartebereich den Transportkorb.
Kono kam heraus. Ein rotgeringelter Kater von 6 Kilo. Er stand auf hohen Beinen und hatte einen weißen Bauch und 4 weiße Pfötchen. Als er die Hunde bemerkte, reckte er sein Schwänzchen in die Höhe und wackelte vorwitzig mit der Schwanzspitze. Ich nahm das Körbchen und ging Richtung Behandlungszimmer. An der Türe drehte ich mich nochmal zu meinem Kater um.
„Kono, komm“, rief ich.
Als er meine Stimme hörte, kam er fröhlich mauzend angelaufen. Am liebsten hätte ich jeden offen stehenden Mund der Hundebesitzer geschlossen.
„Mund zu, es zieht.“ Ich grinste in die Runde.
„Tisch drei“, wies mich die Helferin an.
Am Tisch angekommen, klopfte ich mit der flachen Hand darauf und und rief nochmals meinen Kater. Mit einem Satz war er auf den Tisch gesprungen.
„Einmal impfen, Afterdrüse und Zahnstein.“ (Nein, nicht waschen, föhnen legen.)
Kono hatte natürlich keine Spritzenphobie, er schmuste danach erst mal eine Runde mit dem Arzt. Zahnstein entfernen war auch nicht wirklich das Problem. Kono war so, vielleicht war er an dieser Stelle auch ein wenig einfältig oder naiv. Er ließ alles seelenruhig über sich ergehen. Afterdrüsen ausdrücken war da schon etwas anderes. Nicht was ihr jetzt denkt. Nach der Prozedur schaute er halt nur wie ein verschrecktes Huhn, wenn es donnert. Dann war sein Gesichtsausdruck etwas, nennen wir es „speziell“. Natürlich bekam Kono danach immer noch ein Lecker und ab zurück in sein heißgeliebtes Körbchen.