Kurz nach der Wende war ich mit dem Fräulein Kaiserin in Berlin. Quartier hatten wir bei Freunden im Wedding bezogen, die uns ihre Wohnung zur Verfügung stellten und bei gemeinsamen Bekannten in Kreuzberg untergekommen waren. So war es unsere Aufgaben, für das gemeinsame Frühstück Backwerk käuflich zu erwerben. So gingen wir in eine Bäckerei.
„Guten Morgen. Zehn Brötchen, bitte.“ Was konnte schon so schwer am Kauf von Brötchen sein. Doch die Verkäuferin bewegte sich nicht und schaute mich stattdessen erwartungsvoll an.
„Zehn Brötchen, bitte“, wiederholte ich mein Anliegen und zeigte mit dem Finger auf das Gewünschte.
„Det sin Schrippen“, kam es aus dem Mund der Verkäuferin in herrlichster Berliner Schnauzen.
„Dann hätte ich gerne zehn Schrippen“, bestellte ich freundlich, lernfähig wie ich bin und erhielt mein Backwerk.
Nächster Morgen andere Bäckerei.
Erwähnte ich, dass ich lernfähig bin. Ich bin sogar in der Lage, das Gelernte bis zum nächsten Tage zu behalten und in angemessener Weise anzuwenden. Also sind wir ab in die nächste Bäckerei, um für das Frühstück einzukaufen.
„Guten Morgen. Zehn Schrippen, bitte“, gab ich meine Bestellung auf. Doch die Verkäuferin machte wieder keine Anstalten sich zu bewegen. Was hatte ich falsch gemacht?
„Zehn davon, bitte.“ Ich zeigte mit dem Finger auf das Gebäck meiner Wahl.
„Det sin Fürstenbrötschen“, bezeichnete sie das Verlangte mit Berliner Schnodderschnauze. Irritiert schaute ich sie an.
„Von mir aus auch das. Zehn Fürstenbrötchen“, korrigierte ich meine Bestellung und erhielt meine Ware.
Nächster Tag, diesmal eine Bäckerei im Osten Berlins kurz vor 13 Uhr.
Diesmal wollten wir kein Frühstücksbackwerk erstehen, sondern irgendwas Leckeres auf die Hand. Es waren noch einige Kunden vor uns im Geschäft, so mussten wir warten. Das war auch nicht weiter schlimm, so konnten wir in Ruhe die Auslage betrachten und überlegen, wonach uns der Sinn stand. Die Verkäuferin hielt plötzlich im Verkaufsgespräch inne. Ließ ihr Werkzeug fallen, nahm den Schlüssel vom Brett, kam um die Theke, schloss die Ladentüre ab und löschte das Licht. Verwirrt schaute ich auf die Uhr. Punkt 13 Uhr. Als wenn nichts gewesen wäre, trat sie hinter die Theke und bediente alle Kunden zu Ende. Bereits bediente Kunde warteten geduldig mit ihren Waren in Händen, bis sie mit ihrer Arbeit fertig war, dann kam sie um die Theke gelaufen, schloss sie die Türe auf und ließ uns alle hinaus.
Ehrlich, was ist mit euch Berlinern nicht in Ordnung?