Die Möbel und anderen Artikel eines skandinavischen Möbelhauses haben so vortreffliche Namen. Es geht die Mär, dass der Firmengründer solche Namen bevorzugte, da er Artikelnummern an sich als unpersönlich empfand und dem entsprechend verabscheute. Aber dies sollte eine andere Geschichte sein. Also der Pöeng. Ein Schwingsessel mit Auflage in unterschiedlichen Farben, der zum Lümmeln einlädt. Wie alle Möbel war auch dieser in einer flachen Pappschachtel, als wir es käuflich erwarben. Vor dem Lümmeln sah der nordische Gott der Ungeduld „Hammersbald“ vor, dass die Einzelteile in korrekter Reihenfolge an ebenso korrekte Position zu verbringen seien. Zur Befestigung waren abgezählte Schrauben in kleinen Tütchen und natürlich dieser kleine Inbus in Form einer kleinen Kurbel. Mit gerade diesem Werkzeug hätten sich übrigens auch meine Schrauben im Knie drehen lassen können. In einem Anflug von Wahn hatte ich das mal an den Schrauben probiert. Also eingedenk dieses Universalwerkzeuges machte ich mich mit Lisbeth ans Werk. Sie ist eine treue Seele mit schlichtem Gemüt und im Ganzen betrachtet recht simpel. Lisbeth eben und sie war Gott lob mit einem praktischen Sinn begabt.
So öffneten wir den sperrigen Karton und legten die Holzteile fein säuberlich neben einander. Dann nahmen wir das Tütchen mit den Schrauben und reihten diese ebenfalls nach Sorte und Größe auf.
„Was soll denn der Unsinn?“ Fragte uns der Diplomkaufmann, der an anderer Stelle der Renovierung tätig war. Lisbeth und ich schauten uns an und dachten nur, der hat eh keine Ahnung und da kommt nur heiße Luft. Unbeirrt machten wir weiter und zogen die mehrseitige Zusammenbauanleitung zu Rate. Die ersten Teile wurden souverän verbunden.
„Das kommt da nicht hin“, wies uns die Textilingenieurin zurecht. Sie habe immerhin schon mehrere dieser Sessel zusammengebaut und was wir machten, sei so nicht richtig. Unser Einwand, dass es nur so passen könnte, wurde durch lautes Lamentieren niedergeredet. Sie griff nach den Teilen. Drehte sie nach links, dann nach rechts. Versuchte, die lange Schraube zu versenken. Erwähnte ich „Versuchte“? Genau dabei ist es geblieben, es passte nicht. Sie gab mir die Teile zurück und murmelte sich etwas in den imaginären Bart, dass ich nicht verstand.
Lisbeth und ich bauten weiter. Ein Teil nach dem anderen wurde verbunden. Schon waren die Seitenteile fertig und wir machten uns daran diese zu verbinden.
„Warum nehmt ihr keinen Akkuschrauber? Das geht doch viel schneller.“ Machte uns der Sozialwissenschaftler den wohlgemeinten Vorschlag.
„In Ermangelung eines Akkuschraubers bedienen wir uns des mitgelieferten Werkzeugs des Herstellers“, entgegnete ich. Lisbeth starrte mich entsetzt an, vermutlich verstand sie gerade nur Bahnhof. Diese Ansage verfehlte nicht ihre Wirkung und der Akademiker zog von dannen, um an andere Stelle für Chaos zu sorgen.
Dann kam unsere Verwaltungsinspektorin und schaute was wir machten.
„Ist der Tisch bald fertig?“ Erkundigte sich auffallend interessiert.
„Oh“, ich blickte gespielt erstaunt, „keine Ahnung was es wird, aber vermutlich ein Junge.“ Lisbeth grinste breit.
„Wenn ich groß bin, werde ich ein Schlafsofa“, scherzte sie dann.
Lisbeth ist schon klasse auf ihre bescheidene Art.
„Ihr seid doch doof“, mit diesen Worten stapfte eine sichtlich beleidigte Akademikerin von hinnen.
Wir ließen uns nicht irritieren oder demotivieren und schraubten weiter. Alles eingedenk des Mottos: Schraubst du noch oder wohnst du schon. Endlich kam die zukünftige Besitzerin des Sitzmöbels an die Stätte, da gebaut wurde.
„Danke, dass ihr das macht“, ihre Augen leuchteten, „ich hätte ihn nie zusammen gebracht.“
Sie war wirklich dankbar. Schnell legte Lisbeth das Sitzkissen auf und bat um ein Probesitzen. Mit einem seligen Lächeln lümmelte sich die Sozialwissenschaftlerin in ihren neuen Sessel.