Wasserkocher. Jeder kennt sie und in vielen Haushalten stehen sie. Von einfach über modern bis zweckmäßig ist alles dabei. Einige sind derart stylisch, dass sie eigentlich zu nichts mehr zu gebrauchen sind, außer eben als Stehrümchen. Andere wiederum sind so lange im Gebrauch, dass sie quasi den Status des Unsterblichen oder eben Unkaputtbaren innehaben.
Wenn dann genau dieses Gerät die Flügel streicht, oder aber auch sein Leben aushaucht, den letzten Wassertropfen erhitzt hat, ist man zuerst etwas irritiert und als Nächstes überfordert. So geschah es einem lieben Bekannten, der gemeinhin als Waldschrat bekannt ist. Nicht das er etwas verschroben oder ein uraltes Hutzelmännlein wäre. Mitnichten, ich lernte ihn vor Jahren beim Rollenspiel kennen, und sein Alterego war eben ein Waldbewohner, der Waldschrat genannt wurde. Vermutlich gibt es auch noch eine andere Erklärung, aber das ist, ihr ahnt es gewiss, eine andere Geschichte wert.
Wo war ich? Ach ja, der Wasserkochen des Waldschrats, der schon seinen Eltern, Gott hab sie selig, getreue Dienste geleistet hatte, tat es nicht mehr. Keinen Mucks. Stille. Schweigen. Der Ofen blieb aus oder eben auch das Wasser kalt. Zuvörderst überlegte er, welches Geschäft ein solches Gerät feilböte, da es in diesem Jahrtausend leider keine gutsortierten Haushaltswarengeschäfte mehr gab. Zumal es sich um ein elektronisches oder eben elektrisches Ding handelte, wäre vielleicht auch ein Elektronik-Mega-Store dafür zuständig. Hier könnt ihr beliebiges Ladengeschäft einsetzen, das entweder geil oder aber auch nicht blöd ist.
So bewegte er seine Füße schnurstracks in besagtes Geschäft und fand auch ziemlich schnell das Regal mit den gewünschten Artikeln. Erwähnte ich die Kategorien? Ich vergaß doch glatt noch die Komponente des Preises. So standen einfache über moderne bis zweckmäßige Vertreter in den unterschiedlichen Preisgruppen feinsäuberlich aufgereiht nebeneinander. Doch welchen nun nehmen? Zu teuer sollte er nicht sein, aber dennoch chic und natürlich gut in der Hand liegen. Alsbald war ein Gerät gefunden und der Waldschrat eilte zur Kasse, um sich dann zuhause mit dem neuen Kocher einen Tee zu kochen.
Kaum in der heimischen Küche hatte er das Gerät von seiner Verpackung befreit und die Basisstation an den Strom gestöpselt. Beherzt griff er nach dem Topf, um Wasser einzufüllen. Doch, oh Graus, die Wasserstandsanzeige, die unter anderem Ausschlag zum Kauf war, konnte beim Befüllen nicht abgelesen werden. So was Blödes aber auch.
Also das Wasser ausgegossen, die Basisstation vom Strom gestöpselt und alles wieder in den Karton verpackt. Binnen kürzester Zeit stand er an der Information des Ladengeschäfts, um seinen jungen Kauf rückgängig zu machen. Der Verkäufer jenseits der Theke verstand nicht das Problem, dass der Waldschrat ihm schilderte. Mit dem Kocher sei doch offensichtlich alles in Ordnung.
„Versuchen Sie doch mal einen halben Liter Wasser einzufüllen“, machte der Waldschrat endlich den Vorschlag, um das Problem experimentell zu ergründen. Der Verkäufer schaute etwas irritiert, da er hinter der Theke über keinen Wasseranschluss verfügte. Der Waldschrat ganz Rollenspieler machte dann den Vorschlag, dass er doch nur so tun könnte, als ob er Wasser einfüllte. So griff der Verkäufer beherzt nach dem Wassertopf und wie durch ein Wunder kam die Erkenntnis.
„Oh“, meinte er nur, „ich sehe, was Sie meinen. Gehen Sie bitte in die Abteilung und suchen Sie sich ein anderes Gerät aus. Ich bereite unterdessen alles vor.“
An der Schrankwand mit den Wasserkochern war es nun ein Leichtes, ein Gerät auszuwählen, das den Bedürfnissen des Waldschrats entgegenkam. Der Umtausch war dann kulanterweise auch kein Problem mehr.
Also Augen auf auch beim Wasserkocherkauf.