Von Zeit zu Zeit meldet sich meine Mitbewohnerin bei einer Dating-App an. Tinder, Lovoo, Parship und wie sie alle heißen. Ihr wisst schon, da wo sich alle elf Minuten ein Single verliebt. Ich frage mich jedes Mal, warum nur einer? Was ist mit dem anderen? Ich dachte immer, zum verlieben gehören zwei. Aber ich schweife ab. Wo war ich? Ach ja, meine Mitbewohnerin. Also, wenn sie abends wieder fündig wurde, zeigt sie mir beim nächsten Frühstück ihre neuesten Eroberungen. Der Antiquitätenhändler aus Bordeaux, die Journalistin aus Madrid oder der Orthopäde aus Hamburg. Natürlich sind auch Städte von Welt wie Bergkamen oder Much dabei nicht zu vergessen Sternenfels. Einige der Damen und Herren sind wahrlich ansehnlich und andere glauben, dass sie neben Claudia Schiffer bestehen könnten.
Nicht alle der Herrschaften und Damen sind das, was sie vorgeben zu sein. So saßen wir wieder bei unserem Lieblingskaffeeröster bei einem koffeinhaltigen Heißgetränk, als ihr Handy sich meldete.
„Sieh an, der Orthopäde aus Hamburg. Mal schauen, was er will.“
Sie tippte eine Nachricht.
„Ich glaube, der ist ein Fake.“
Ich schaute sie fragend an. Sie lächelte wissend und erklärte mir, dass durch geschicktes Dummstellen und offensichtliche Bewunderung ihrerseits, sein Ego derartig angeregt werde, dass er das Blaue vom Himmel log und sich in Widersprüchen verstricke. Ah ja, dachte ich nur, das funktioniert?
Sie tippte und las. Nachrichten flogen hin und her. Dann gab sie mir ein Update.
Er sei Amerikaner und lebe in Hamburg. Natürlich sei er beim Militär und dort als Orthopäde angestellt. Wahrscheinlich haben alle Soldaten Rücken oder Plattfüße, stellte sie trocken fest. Sie grinste. Aber zurzeit sei er im Einsatz. Mit der Nato im Jemen. Blauhelme.
Wir stutzten. Blauhelme war doch UN? Oder irrten wir uns da. Wir kramten kurz durch die Nachrichten. Jemen war weder für Nato noch UN ein Ziel.
„So. Nun kommt der Abschuss“ Sie lachte triumphierend. Sie fragte ihn nach einem Treffen. Er wurde ausweichend und eierte herum. Menno, er war doch im Jemen, hatte er das schon vergessen? Er könne nicht immer so chatten, weil er nicht immer Zugang zu einem PC habe. Ah, er erinnerte sich wieder an das Feldlager. Wie er dann nun gerade in diesem Moment mit ihr kommunizierte? wollte sie von ihm wissen. Stille. Hallo? Immer noch Stille.
„So, das war es nun, der meldet sich nie wieder.“