Da soll noch einer behaupten, dass die Behörden die Digitalisierung verpennt hätten. Nachdem vor Jahren das analoge Verfahren in der Zulassungsstelle total zusammengebrochen war, funktioniert die Digitalisierung vortrefflich. Doch zurück zum Anfang.
Die Zulassungsstelle war aufgrund eines hohen Krankenstandes und einer neuen Verordnung zum Umtausch aller bestehenden Führerscheine, egal ob grau, pink oder Karte, total überlastet. Erschwerend kam hinzu, dass Umschreibungen der Fahrzeugpapiere nur noch an zentraler Stelle und nicht mehr in den Stadtteilen möglich war. So weit so gut oder auch so schlecht. So kam es zu tumultartigen Menschaufläufen, wenn nicht jeder bedient werden konnte. Es wurden erste Nummern im Wartebereich ausgeben. Als dies nicht mehr half, der Bittsteller Herr zu werden. Wurden Wartenummer vergeben, um ins Gebäude zu gelangen. Zum Glück berechtigte diese auch dazu, das Anliegen vorzubringen.
Um nun eine dieser begehrten Einlassnummern zu erringen, kamen Besucher der Zulassungsstelle bereits vor der eigentlichen Öffnung, um bloß eine der ersehnten Nummernzettel zu ergattern. Mit der Zeit begann die Warteschlange sich immer früher zu bilden, da die Anzahl der Besucher die der zu bearbeitenden Fälle bei weitem überstieg. So standen bereits die ersten gegen drei Uhr in der Frühe vor geschlossenen Türen. Wer erst gegen fünf Uhr sich in die Reihe stellte, kam an diesem Tage nicht mehr dran. Der Versuch, Terminnummern für den nächsten Tag zu vergeben, brachte nicht wirklich eine Lösung des Problems. Gerüchten zu Folge soll es in dieser Zeit viele PKW ohne korrekte Papiere in der Stadt gegeben haben. Selbst Fahrschüler erhielten trotz bestandener Fahrprüfung keinen Führerschein, da die Behörde einfach nicht nachkam und im wahrsten Sinne des Wortes alles, was mit Auto zu tun hatte, im Stau feststeckte – und das nicht nur während des Berufsverkehrs.
Aber nun ist alles anders. Wer einen Termin hat, kommt auch dran. Ohne Termin keinen Einlass in die Behörde. Alles geht digital, leicht vom heimischen Rechner. So weit die Theorie. Täglich loggte ich mich ein, um einen der raren Termine zu ergattern. Immerhin waren es vierzehn Tage in die Zukunft, da man hätte wählen können. Genau – hätte. So schaute ich jeden Tag geschlagene drei Monate lang, ehe ich genervt aufgab.
Ich hatte gewiss schon vier Wochen nicht mehr geschaut, als ich in meinem jugendlichen Leichtsinn einen zaghaften Blick ins Portal der Zulassungsstelle warf. Was? Am folgenden Tag wäre ein Termin frei? Ohne den Kalender zu Rate zu ziehen, drückte ich den Buchen-Knopf. Jaja, Frau Blabla, Adresse auch, und E-Mail, von mir aus auch Handynummer. Was will denn nun noch? Ach, herrje, Geburtsdatum vergessen. Gebucht. Aber halt, der Termin wird erst fest, wenn ich den Bestätigungslink klickte. Auch das noch. Wo blieb die E-Mail? Nach bangen Minuten war sie endlich da. Ja, ich will. Und dann kam sie, die Bestätigung, dass ich einen Termin zum Umtausch meines Führerscheins habe.
Wie werde ich den grauen Lappen vermissen.