Albus Dumbledore zerbrach sich den klugen Kopf, darüber was zu tun sei, um Harry dem Einfluss von Lucius Malfoy ernstlich zu entziehen. Bis es zu einer Verhandlung vor dem Gamot kam, konnten Wochen vergehen. Derzeit schrieben Malfoys Anwälte duzende feinformulierte Anträge und detaillierte Beweisvorlagen. Dem Jungen könnte, bis er in Sicherheit war - Merlin-weiß-was-geschehen. Tatsächlich hatte der medizinische Bericht von Heiler Summer den Schulleiter furchtbar erschüttert. „Wir haben versagt, Minerva. Wir hätten uns viel früher um Harrys Wohlergehen kümmern müssen. Es war unsere Verantwortung. Die Sprüche von Dursley über Freaks im Allgemeinen und Harry im Besonderen sind skandalös. Der Muggel hat von Malfoy Geld genommen und ihm das Kind wie einen Sklaven verkauft.“ Professor McGonagall starrte trübsinnig aus dem hohen Fenster im Arbeitszimmer des Direktors. Der Phönix saß auf der Stange und putzte sich das Gefieder.
„Was hat Malfoy mit dem Jungen vor? Schwarze Rituale um Voldemort zurückzuholen? Will er sich an ihm rächen?“ Die erfahrene Lehrerin konnte sich keinen richtigen Reim darauf machen. Auch Dumbledore fand keinen logischen Ansatz. Offensichtlich hatte Malfoy alles perfekt geplant und exakt ausgeführt. Sie wussten inzwischen, dass Harry einen Zauberstab bekommen hatte und auch bei Madame Malkins eingekleidet worden war. Wollte Malfoy Harry töten, machte dieses Verhalten überhaupt keinen Sinn. Es wäre nur unnötige Zeitverschwendung – wobei: „Einige schwarze Rituale erfordern die echte Zustimmung des Opfers…“ überlegte Dumbledore laut. „Wir brauchen weitere Informationen. Severus konnte mir zu Malfoys Plänen nichts sagen. Er erwähnte nur, dass Harry zwei Tage bei Heiler Summer war. Mehr weiß er wohl nicht.“
Draco wiederholte gerade die notwendigen Bestandteile eines Schwebezaubers. Mittlerweile war es schon fast vier Uhr und Harrys Konzentration sank unaufhaltsam. Er schaute aus dem Fenster in den Garten und entdecke dort eine wunderhübsche Katze. Sie hatte ein dichtes, silbriges Fell und wirkte sehr klug. Soweit man annehmen durfte, dass Katzen klug sein konnten. Harry gefiel die Katze mit ihrem getigerten Pelz und den viereckigen Streifen, die ein bisschen an eine Brille erinnerten. Sie schien nur auf ihn zu warten und sonnte sich genüsslich auf der Wiese. Nur zu gern wäre er jetzt draußen und würde mit ihr spielen. „Mr. Potter. Was sagte ich gerade?“, fragte Mr. Eleven mit jener freundlichen Strenge, die ihm zu eigen war. Harry wurde vor Verlegenheit rot, weil er wirklich nur ausnahmsweise geträumt hatte. Dieses Fellknäuel da draußen hatte ihn gefangen genommen. „Verzeihung, Sir. Ich habe nicht zugehört.“
Einen Moment rechnete Harry fest damit, geschlagen zu werden. Nicht, dass ihn je ein Lehrer geschlagen hatte, aber hier war er zu Hause. Da konnte es durchaus passieren, dass er bestraft wurde. „Bitte nenne mir die fünf wesentlichen Aspekte einer Verwandlung.“, verlangte Mr. Eleven, der sehr viel Wert auf Grundlagen magischer Theorie legte. In diesem Punkt stimmte Severus Snape mit seinem Kollegen vollkommen überein. Harry konnte sie auf Anhieb hersagen: „Zuerst muss man das wahre Sein der Ursprungsmaterie verstehen und sich darauf konzentrieren. Zweitens fokussiert man sich auf den Zielzustand nach der Verwandlung und spürt ihr nach. Dann drittens visualisiert man sich den Wunschgegenstand möglichst detailliert. Viertens vollführt man eine charakteristische, exakte Handbewegung mit dem Zauberstab – so und spricht dabei fünftens ohne Nuscheln und Verhaspeln den entsprechenden Zauberspruch.“ Mr. Eleven war sehr zufrieden: „Sehr gut“, lobte er den verdutzten Harry. „Morgen werden wir zum ersten Mal eine praktische Verwandlung üben. Jetzt machen wir Schluss.“
Noch immer lag die Katze entspannt im nachmittäglichen Sonnenschein und lockte Harry mit ihrem Charme. Sie zog ihn so an, dass er sich nicht einmal einen Umhang überwarf, sondern direkt raus stürmte. Sieben Zeitstunden Unterricht waren für zehnjährigen Jungen sehr lang, deshalb sah Narcissa ihm das Rennen im Flur nach. Sie konnte es nicht leiden, wenn man sich trampelig benahm. Sie bemerkte die Katze im Garten nicht, weil Dobby ihre Aufmerksamkeit beanspruchte. „Mistreß Malfoy, Master Malfoy übernachtet heute außerhalb. Sie brauchen daher nicht auf ihn zu warten.“ Dobby klappte seine Ohren sicherheitshalber ab, wenn Master Malfoy außerhalb übernachtete, war die Mistreß manchmal sehr übellaunig. Diese Übellaunigkeit erlebte er öfter am eigenen Leib.
Harry näherte sich der Katze vorsichtig. Sie behielt ihn fest im Blick und stolzierte elegant auf ihn zu. Er bückte sich zu ihr hinunter und kraulte sanft ihr Fell. „Hallo Kätzchen.“, sagte er, obwohl er zwar mit Schlangen nicht aber mit anderen Tieren sprechen konnte. Sie rieb ihr Köpfchen vorsichtig an seinem Bein. Scheinbar mochte sie ihn. Draco kam auf die Terrasse hinaus. Plötzlich lief die Katze weg, was Harry ein wenig traurig machte. Er hatte das Gefühl, das Tier würde ihn verstehen. Dann aber reizte der Besen und Draco mehr, so dass er die Katze einfach vergaß.