Sirius und Severus saßen einander angestrengt gegenüber und versuchten einander nicht weniger angestrengt zu ignorieren. Jeder von ihnen hing den Gedanken an eine Frau nach - wenn auch an eine sehr unterschiedliche Frauen.
Der Tränkemeister fragte sich nicht zum ersten Mal, ob er Lily hätte retten können. Oder eher, wie er je mit dem Gefühl leben konnte, ihren Tod mit seinem Verhalten verschuldet zu haben. Er dachte an jenes weiche, rote Haar und ihr Lächeln, das die Sonne für ihn aufgehen ließ. Dabei begann er zu verstehen, dass seine Liebe nicht reif gewesen war, sondern eher eine romantische, beinahe kindische Teenagerschwärmerei.
Genau das hatte ihren Tod mit verschuldet. Er hätte sie nicht egoistisch für sich beanspruchen dürfen, sondern hätte Potter dabei unterstützen müssen, sie zu schützen. Wie hatte er es zu lassen können, dass Riddle zu den Potters aufbrach, um Harry zu töten. Wie verdorben war er eigentlich gewesen, dass er nicht einmal richtig versucht hatte, Riddle davon abzuhalten ein einjähriges Kind zu töten. Riddle hatte den vollkommen wehrlosen Harry töten wollen. Unbändige Wut stieg in dem Schwarzmagier auf. Pochend. Feurig. Hass erfüllt.
Dieses Monster hatte nicht nur Lily getötet, sondern sein Plan war es von Anfang an gewesen, Harry zu töten. Harry, dessen weiche, grüne Augen ihn so vertrauensvoll ansahen, der zum ihm liebevoll aufblickte und der ihn offenbar liebte. Severus begriff, dass es ihm damals nur darum gegangen war, Lily zu beherrschen. Wenn er Lily ernsthaft liebte oder je geliebt hatte, würde er ihren Sohn beschützen - egal vor wem. Es ergab keinen Sinn einen toten Liebe nach zu trauern, wenn es lebende Menschen gab, die einen liebten. Harry liebte ihn, weshalb sollte er ihn nicht als Sohn lieben können? Er sah aus dem Fenster in den Herbsttag hinaus, wo aus der Ferne Lucius und die Kinder auf einen schmalen Waldweg zurückkamen.
Sirius dagegen dachte an Narcissa, die ihn mehr und mehr in ihren Bann schlug. Diese weiche, stille Frau in ihrer eleganten, anmutigen Stärke, die ihm wie eine Rose aus Kristall erschien, brachte das Lachen zurück in seine Augen und ein Ziehen in seine Lenden zurück, die er längst verdorrt gewähnt hatte. Doch nein auch nach Askaban blieb er ein lebendiger Mann. Von einem Muggel-Priester hatte er einstmals den Satz gelernt:" Laßt die Toten ihre Toten begraben."
Aber er lebte. Sirius Black lebte verdammt noch mal - auch wenn James Potter tot war. Und Lily Evans auch. Er lebte egal, ob Wurmschwanz sie alle verraten hatte. Ja, der Kreis der Rumtreiber war längst zerbrochen. Aber er lebte. Das Recht dazu konnte ihm niemand nehmen. Das Zusammensein mit Narcissa erinnerte ihn daran, dass er lebte. Sirius hatte ein Recht darauf glücklich zu sein und sein Leben zu genießen - wie jeder andere auch. Weshalb sollte er aus Narcissa denn bitte verzichten, wenn Malfoy seine diversen Gespielinnen und Gespielen hatte? Sie hatte es ihm nicht erzählt. Schließlich schätzte sie Diskretion, aber Sirius war weder blind noch ein Idiot. Allerdings hatte er sich schon mehrfach bei den Malfoys gewünscht taub zu sein, wenn dieser talentfreie Pianist Fabian spielte. Narcissa belebte seinen Geist, seinen Sinn für das Schöne in der Welt. Sirius entschied sich, sollte Narcissa ihn nicht zurückweisen, ihr zu geben, was sie beide brauchten. Traditionelle Zauberehe oder nicht. Natürlich könnten sie kein echtes Paar sein. Aber den Moment konnte man auskosten.
So saßen die beiden Zauberer einander gegenüber, schwiegen sich an. Nichts schien sich zu verändern. Aber als Lucius durch die Tür trat, hatte sich einiges verändert. Scone begrüßte die heimkehrenden Master, von denen ein besonders magischer Glanz ausging. Der Hauself bemerkte das Schimmern der elfischen Magie sehr wohl, während Black und Snape einfach zu sehr in Gedanken waren.
Mittlerweile kamen Blaise und Marcus wieder zu ihnen. "Was machen wir jetzt?", fragte Blaise fröhlich. Snape warf einen dezenten Blick auf die Urlaub, denn schließlich musste man auch irgendwann nach Hogwarts zurück. Jedes noch so schöne Wochenende neigte sich irgendwann dem Ende entgegen. "Scone kann sich schon mal um das Gepäck kümmern. Wir brechen bald auf und planen bis dahin unseren nächsten Ausflug.", legte Lucius fest, ohne auf irgendwelchen Widerstand zu stoßen.
Man saß am runden Holztisch im Wohnzimmer der Blockhütte zusammen, schmiedete Pläne und trank Früchtetee. "Wir könnten in den magischen Zoo nach Bath", schlug Draco guter Dinge vor, denn schließlich mochte Harry den Londoner Zoo sehr gerne. Die nächste Idee stammte von Harry:" Es gibt diese alchemistische Sammlung in London mit den ganzen Experimenten und Stationen, wo man Dinge ausprobieren kann. Hermine findet die auch super." Blaise sprach entschieden dagegen, denn er hatte einen gewichtigen Einwand:" Alchemie könnt Ihr mit Euren Tränkekästen und Severus doch viel besser zu Hause ausprobieren."
Damit war der Vorschlag dann auch abgeschmettert. Sirius spielte mit einem Pfirsich herum, der eigentlich zum Essen in der Schale lag. "Was ist denn mit der technomantischen Ausstellung in Manchester? Dort kann man jede Menge magischer Fahr- und Flugzeuge sehen. Es gibt Megascope, Teleskope und magische Artefakte. Außerdem kann man bei der Herstellung von Artefakten zu sehen. In ein paar Wochen soll ein polnischer Zauberstabmacher ein paar Vorstellungen geben und Vorträge halten. In Hogwarts wird das jedenfalls nicht gelehrt."
Snape zeigte seine Überraschung nicht, dass Black so schlau mit dem nächsten Ausflug umging. Die Ausstellung und insbesondere die Vorführen des Zauberstabmachers war ihm geläufig. Er wusste auch, dass diese Vorstellungen immer freitags am Morgen stattfanden. Auch war ihm klar, dass Lucius für zusätzliches Wissen, das man in Hogwarts nicht erwerben konnte, die Jungs auch mal vom Unterricht befreien lassen würde. Schlau, wie Black das einfädelte - gestand er sich neidvoll ein. "Das klingt nach einer wirklich guten Idee.", stimmte Lucius denn auch problemlos zu, denn ihm war noch nicht klar, dass es zu Unterrichtsausfall käme. Snape sah nicht Black an, sondern griff nach dem Pfirsich in seiner Hand. "Finde ich auch ziemlich gut, selbst wenn sie ein Hund macht."