Überraschenderweise rief Marcus Flint vor dem Abendessen über den Kamin an. Er wirkte angestrengt und hektisch. „Hi Marcus, alles klar bei Dir?“, fragte Draco locker. Für Harry war es das erste Gespräch über das Flohnetzwerk und damit schon etwas Besonderes. „Hallo Marcus.“ Das Lächeln saß nicht richtig auf dem Gesicht, trotzdem kam Marcus direkt zur Sache: „Wir hatten doch gestern eine Menge Spaß zusammen. Da wollte ich fragen, ob wir drei nicht den Rest der Ferien zusammen verbringen wollen. Ich könnte vorbeikommen, wenn Eure Eltern einverstanden sind.“ Harry und Draco freuten sich sehr. Der Kapitän der Hausmannschaft, der schon fünfzehn war, hatte Lust seine Ferien mit ihnen zu verbringen.
„Warte kurz“, rief Harry enthusiastisch: „Ich frage Dad.“ Er rannte den langen verspiegelten Flur entlang, rutschte aus und prallte gegen die barocke Blumenvase, die in tausend Stücke zerbrach. Intuitiv zog Harry seinen Zauberstab und sagte, wie er es von Narcissa gelernt hatte: „Reparo!“ Lucius, der das Poltern gehört hatte, kam nachsehen und beobachtete, das die Vase sich schadlos wieder zusammenfügte. Er war beeindruckt, wie ausgeprägt Harrys Zaubergenauigkeit schon war. „Harry, wir rennen nicht auf dem Flur.“, mahnte er ohne Strenge. „Dad, Marcus ruft an. Darf er den Rest der Ferien mit uns verbringen?“ Lucius fand Marcus Flint weder besonders klug, noch besonders elegant, aber er und Mr. Flint machten gute Geschäfte. Außerdem war es gut, wenn die Jungs jetzt schon enge Kontakte in Slytherin knüpften. „Ja. Er darf kommen, aber der Unterricht wird nicht vernachlässigt. Enttäusch mich nicht.“ Mit jenem Ernst, den nur ein Kind hat, sagte Harry: „Ich werde Dich nie enttäuschen, Dad.“ Es war ein Schwur, den Harry bis zum Ende einhalten würde. Viele Jahre später, wenn die Dinge geschehen waren, die jetzt noch ferne Zukunft waren, würde Lucius sich dieses Momentes erinnern und wissen, dass Harry seinen Versprechen gehalten hatte.
Harry eilte zurück zu den beiden anderen Jungs: „Dad hat es erlaubt, Du darfst kommen.“, sagte er fröhlich zu Marcus. „Cool. Bin gleich da.“ Tatsächlich stand Marcus Flint keine zwei Minuten später im Zimmer. Er hatte seine Quiddittchausrüstung und seinen gesamtes Gepäck dabei. Ein bisschen überrascht waren die Malfoyjungs schon. So schnell hatten sie ihn nicht erwartet. „Aber, Marcus, Draco und ich haben jeden Tag Unterricht bei Professor Snape.“, erwähnte Harry deutlich. Der ältere Junge überlegte kurz und sagte dann sehr leise: „Vielleicht ist das gut…“ Draco klatschte nach einer Hauselfe und spielte den Gastgeber überzeugend: „Mr. Flint ist unser Gast. Kümmere Dich um ein Zimmer für ihn und sein Gepäck. Beeile Dich gefälligst.“ Die kleine Elfe, deren Namen unwichtig war, verbeugte sich tief und sagte: „Si, Signore Malfoy.“
Beim Abendessen schwieg Marcus überraschend und aß nur wenig. Auch saß er etwas unruhig auf seinem Stuhl, trotzdem bedankte er sich überschwänglich für die freundliche Aufnahme. „Es wird Ihren schulischen Leistungen sicher sehr gut tun, sich an unseren kleinen Übungen zu beteiligen, Mr. Flint.“, meinte Severus. Die Erwähnung seiner schulischen Leistungen schien Marcus Unruhe zu verstärken. Harry wunderte sich darüber, dass ein Fünftklässler sich am Unterricht für Erstklässler beteiligen sollte. Dann aber dachte, er das Draco und er davon nur profitieren konnten. „Dürfen wir noch im Meer baden, Mum?“, fragte Draco, der ihrem Gast ein guter Gastgeber sein wollte.
Draußen war es noch hell und am Pool konnte nicht viel passieren. Es sprach nichts dagegen: „Aber Ihr geht nicht alleine ins Meer und achtet bitte auf die Teufelsschlinge, die hinter der Grotte bei dem großem Pool wuchert. Sie ist mir erst heute Vormittag bei Zeichnen aufgefallen. Ich möchte sie morgen noch malen, dann sage ich den Hauselfen Bescheid, dass sie vernichtet wird.“, erwähnte Narcissa. Severus kannte Jungs in dem Alter zur Genüge und auch Marcus Flint gut genug: „Was tut man, wenn man von einer Teufelsschlinge angegriffen wird?“, fragte er zur Sicherheit. Allgemeines Schweigen war die Antwort. Nun ja, sie mussten noch so einiges lernen. „Die Teufelsschlinge weicht vor Feuer und Licht zurück.“, löste er auf und entließ die Jungs. An Narcissa gewandt meinte Lucius: „Sollten wir sie nicht besser heute direkt vernichten. Bei drei Kindern auf dem Grundstück ist mir mit der Teufelsschlinge nicht wohl.“ Er hatte natürlich recht und so geschah es auch.
Die Jungs plantschten amüsiert im Wasser, auch wenn Marcus sich seltsam ungelenk verhielt. Sie tobten etwas länger und hatten ihren Spaß. Marcus hatte nicht sehr viele Freunde, obwohl er Kapitän der Hausmannschaft war. Mit den beiden Jüngeren fühlte er sich jedoch wohl. Gerade Harry war sehr freundlich und offen. Marcus stieg aus dem Wasser und Harry hielt den Atem an. Sein neuer Freund hatte Striemen auf dem Rücken und blaue Flecken an Armen und Beinen. Draco holte sich gerade ein Handtuch und war damit abgelenkt. „Wer war das?“, fragte Harry leise. Sein Spielgefährte verlor alle Farbe aus dem Gesicht. Er wickelte sich verzweifelt in eine Auflage für den Liegestuhl ein. Sie fiel wieder hinunter. Tränen standen in den Augen. „Wer war das?“, fragte Harry noch einmal sanft. „Mein Dad, weil ich immer schlechte Noten habe und ein Versager bin.“, hauchte Marcus. „Aber warum sieht man das jetzt und vorhin nicht?“, fragte er verzweifelt. „Der Illusionszauber, den Du verwendet hast, hält einen Wechsel der Elemente nicht aus. Er ist auf Dauer angelegt , nicht auf Haltbarkeit“, sagte Harry ruhig. Sie hatten es vor den Ferien bei Mr. Eleven durchgesprochen. Er nahm seinen Zauberstab und sagte: „Reparo!“, weil ihm nichts Besseres einfiel. Draco kam nun hinzu und sah den misshandelten Marcus. „ Gib mir mal Deinen Zauberstab, Harry. Meiner liegt oben. Episkey!“ Er konnte den Spruch, weil er viel Zeit mit Heilern verbracht hatte. „Reparo geht nur bei Sachen“, erklärte er seinem Bruder. Marcus schämte sich unglaublich. Niemand in der Schule kannte sein Problem. „Ihr dürft das nicht erzählen. Bitte. Wenn mein Vater erfährt, dass es jemand weiß, bringt er mich um.“ Die Malfoybrüder waren schockiert, dass ein Zauberer so etwas tun konnte. „Keine Sorge. Wir erzählen niemandem davon.“ Marcus wunderte sich, dass die Jungs in den Ferien zaubern konnten. „Das dürfen wir nur wegen dem Unterricht.“, erklärten sie ihm. "Warum darfst Du denn überhaupt zu uns ?", fragte Harry einfühlsam. Vernon hätte ihm nie erlaubt, die Ferien irgendwo anders zu verbringen. "Meiner Mutter tat es gestern Abend sehr leid. Sie hat es dann vorgeschlagen, damit ich nicht zu Hause bin, wenn Dad wiederkommt."
Harry hatte Mr. Flint schon vorher nicht gemocht, jetzt aber verachtete er ihn genauso wie Vernon Dursley. Wieder war er froh, dass die Malfoys ihn aufgenommen hatten.