Am Morgen nach dem Besuch von Black hatte sich Severus noch immer nicht entschuldigt. Lucius traf eine Entscheidung - er würde Kontakt zu seinem Freund aufnehmen. Auf diese Weise erleichterte er Severus den richtigen Schritt, seinen Fehler einzusehen. Sie konnten sich doch nicht wegen ein paar Unterrichtsstunden streiten wie Muggel. Ein solches Verhalten lag einfach unter ihrer Würde. Er warf eine Handvoll Flohpulver in den prachtvollen Kamin seines Arbeitszimmers und konnte direkt im Anschluss mit Severus, in dessen Quartier sprechen. Der alte Regulator von Orion Black im Malfoy Anwesen schlug gerade 07:00 Uhr. Es war zwei Stunden vor Unterrichtsbeginn.
Severus blickte von seinem Tagespropheten auf: „Guten Morgen, Lucius.“, sagte er neutral, aber höflich. Einen Moment spielte Lucius mit der Idee, mit der Tür ins Haus zu fallen, aber dann grüßte er nur freundlich zurück. „Black hat uns gestern Abend besucht. Er will mit den Kindern und uns beiden auf meine Jagdhütte reisen. Hast Du Interesse daran?“ Severus stimmte zu, schließlich kam die Idee von ihm, und setzte dann an: „Wegen unserer Unterhaltung über die Erziehung neulich…“
Er kam nicht dazu den Satz zu vollenden: „Gut, dass Du die Sache ansprichst.“, ergriff Lucius das Wort: „Dein Können als Lehrer ist genauso unbestritten, wie Deine Tränkekunst.“ Er übertrieb natürlich ein bisschen, kam aber ebenfalls nicht dazu seinen Gedanken zu Ende zu führen. Severus war absolut überrascht von Lucius scheinbarer Einsicht. Noch nie hatte Lucius auch nur versucht, einen Fehler einzugestehen. Also unterbrach Severus ihn lächelnd: „Wir sollten die unpassenden Sätze am besten vergessen und uns auf die Thematik konzentrieren. Vermutlich habe ich mein eigentliches Anliegen nicht deutlich genug gemacht. Ich will, dass wir gemeinsam erfolgreich sind.“ Lucius verstand diese Aussage als Entschuldigung und schlug folgende Lösung vor: „Was hältst Du von dieser Idee? Wir wechseln die Wochenpläne ab. In der einen Woche bleibt das Wochenende bis auf Quidditch frei und dafür wird abends wie bisher auch unterrichtet. In der darauffolgenden Woche wird nur bis zum Abendessen unterrichtet und dafür wie gehabt am Wochenende. Außerdem könnten wir in den Weihnachtsferien gemeinsam zum Skifahren in die Schweiz fliegen. Du bist natürlich eingeladen.“
Severus staunte über so viel unerwartete Einsicht. Er hatte eigentlich vorgehabt, Lucius am Nachmittag zu kontaktieren und vorsichtig den Weg für ein Entgegenkommen von diesem zu bereiten. Er hatte niemanden, zum dem er gehörte außer zu den Malfoys. Es tat gut so etwas wie jemandem, zu dem man gehörte, zu haben. Er sagte für Weihnachten und die Skiferien zu. Zum ersten Mal seit mehr als 15 Jahren würde er Weihnachten nicht allein verbringen. Nicht das Weihnachten wichtig wäre, aber trotzdem fühlte es sich gut an. Außerdem gab es sicher einen guten Brandy für ihn.
Harry kaute frustriert auf seinem Frühstück herum. Eigentlich liebte er Tage mit einer Doppelstunde Zaubertränke, heute allerdings musste er mit Weasley Nummer 6 zusammen arbeiten. Blaise alberte gerade mit Marcus herum, der versuchte ihn zum Kaffeetrinken zu überreden. Draco, Vince und Greg ärgerten die Mädchen und lachten ebenfalls. Slytherin zu sein, war super, aber im Moment graute es Harry nur vor dem Unterricht.
Ein großes Hallo am Gryffindor riss ihn aus seinen Gedanken. Eine dicke Geisterkröte saß mitten auf dem Tisch und quakte vernehmlich. Dracos und Harrys Blicke trafen sich kurz, als Longbotton quer durch die Große Halle: „Trevor“ quiekte. Dem Quieken folgte ein weiteres Quaken. Zum Glück mussten sie nun zur ersten Stunde.
Wie immer waren Harry und Draco ein wenig vor den anderen Schülern da. „Guten Morgen, Sir.“, sagten die Schüler höflich. Hier im Klassenraum behielten sie alle drei ihre Rollen als Lehrer und Schüler. Es gelang ihnen mittlerweile gut, zwischen dem Du und dem Sie zu wechseln. „Guten Morgen, Mr. Potter. Guten Morgen, Mr. Malfoy. Ich habe gerade mit Ihrem Vater gesprochen. Der Zusatzunterricht wird etwas reduziert, damit Sie weitere und vor allem auch andere Erfahrungen gemeinsam mit Ihren Mitschülern sammeln können. Sie können Ihre Fähigkeiten im logischen Denken beim Schachspielen schulen, Sie können Ihre Fingerfertigkeit und Ihr Auge beim Zeichnen schulen oder beim Quidditch Ihre Teamfähigkeit trainieren. Natürlich wünschen sich Ihre Eltern weiterhin Erfolge in der Schule. Außerdem unternehmen demnächst Mr. Black, Ihr Vater, Sie beide und ich einen gemeinsamen Ausflug zu Jagdhütte Ihres Vater.“
Während des letzten Satzes nahmen bereits andere Schüler Platz. Unter anderem setzte sich Ron leicht widerwillig, wie in jeder Zaubertränke. Harry fing den Blick von Professor Snape auf, ohne Widerworte nahm er seine Unterrichtssachen und ergab sich in sein Schicksal. „Was machst Du hier, Potter? Hier sitzt Neville. Hast Du Dich verlaufen? Wenn Du Knatsch mit dem andern Prinzchen hast, ist das Dein Problem.“ Harry holte gerade Luft, um Weasley ein paar Takte zu sagen. Da griff Professor Snape knapp ein: „Ich habe entschieden, dass Mr. Potter und Sie, Mr. Weasley, in den nächsten zwei Wochen in meinem Unterricht und auch bei meinen Hausaufgaben zusammen arbeiten. Davon kann Ihre Note in Zaubertränke nur profitieren.“ Ron dachte lieber nicht an seine Note in Zaubertränke. Das Thema sorgte für unnötige und vor allem unangenehme Gespräche mit seinem Bruder Percy. Potter, dachte er gereizt, zwei Wochen Potter – oh Godric.
Der Unterricht begann erstaunlich friedlich, weil Harry sich entschlossen hatte, Ron einfach zu ignorieren. Er konzentrierte sich auf Professor Snapes Erläuterungen. Vor allem machte er sich Notizen in sein Tränkebuch und auf Pergament. Neville saß etwas unsicher in der ersten Reihe bei Hermine und Draco. Sie tuschelten ein bisschen über die Geisterkröte. Harry blickte neidvoll zu ihnen hinüber. Er würde nie wieder seine Freunde oder Familie bestehlen. In dieser Stunde sollte Jugendlichkeitspulver hergestellt werden, eine sehr, sehr frühe Vorstufe eines echten Verjüngungstrankes. Blaise kannte sich mit Verjüngungstränken gut aus. Seine Mutter experimentierte oft damit herum.
„Professor, könnte man dem Rezept nicht noch Kolibrischwungfedern hinzufügen, damit man schönere Wimpern und Augenbrauen bekommt?“, fragte er zur Überraschung von Slytherin und Gryffindor ernst. Normalerweise machte Blaise in Zaubertränke nur gute oder weniger gute Scherze.
„Sehr gut, Mr. Zabini. Es handelt sich dann um den Trank der zarten Blicke. Allerdings sollten Sie die Temperatur dann kurzfristig steigern und den Trank abschäumen. Der Rest notiert sich diesen Hinweis.“ Harry blickte nachdenklich an die Tafel und meldete sich dann: „Dieses Pulver hier ist nur ein kosmetisches Mittel, Sir, genauso wie Blaise Ableitung davon. Im Gegensatz zu einer Mischung der, der Stein der Weisen zugeführt wurde, diese Mittel und nur diese verjüngen dauerhaft. “ Professor Snape hob die Brauen und sagte nur kurz: „5 Punkte für Slytherin für außergewöhnliches Wissen. Danke Mr. Potter.“ Ron rollte mit den Augen. Wer interessierte sich denn für so ein Zeug?