Ein Tross unbeschreiblich schöner Geschöpfe erschien. Elfen - wunderschön, zart und rein. Es waren nicht diese verkrüppelten, verdrehten Kreaturen, die den Zauberern zu dienen hatten und die schwärzeste Magie unterwarf - nein es waren echte Elfen, wie die die man aus Märchen kennt. Die Elfenfrauen saßen anmutig im Damensitz auf den Rücken der Einhörner, mit denen sie zusammenlebten. Ihr Haar fiel offen bis zu den Knöcheln schimmernd herab. Ihre Kleider schienen aus pastellfarbener Seide gefertig zu sein. Ihre durchsichtigen Flügel lagen abgeklappt, doch sie würden die Elfen ohnehin nicht lange tragen können. Das unhörbare Getrappel der Einhörner, auf denen die Elfen geritten kamen, erfüllte den Wald mit Liebe und Licht Sie kamen nur selten hierher, aber sie kamen seit Jahrhunderten im Herbst und im Frühling immer an diesen einen Ort, den die den Malfoys so fremde Macht der weißen Magie aufgeladen hatte.
Harry wagte genauso wenig, wie Draco zu atmen. Sein Zauberstab leuchtete bläulich auf, als die Geschöpfe die Lichtung in Besitz nahmen. Die beiden Jungs bewegten sich nicht. Auf keinen Fall wollten sie diese hochmagischen Geschöpfe verstören oder erschrecken. Sie spürten beide die Berührung der Magie, wie sie nur Zauberer spüren können, die die Liebe eines Menschen berührt hat. Beide konnten lieben und kannten jenes besondere Gefühl geliebt zu sein. Musik erklang sphärisch, leicht wie ein Windhauch. Selbst Lucius Herz, so verhärtet es auch immer sein mochte, hatte diesem Zauber nie gänzlich entziehen können. Auch er ließ es zu, dass die Magie in ihn eindrang. Wenngleich er keine reinen Gedanken hatte. Doch welchen Gedanken er auch immer gehabt hatte, jetzt gerade verlor er ihn.
Die Elfen hatten die Zauberer längst bemerkt, doch störte es sie nicht von ihnen beobachtet zu werden. Ihre Herzen waren rein und frei von Angst oder Mißtrauen, denn sie wussten, dass der Junge mit den grünen Augen ihresgleichen, um den Preis seiner eigenen Gesundheit, zu heilen versucht hatte. Sein verzweifelter Kampf hatte die Seite des Lichtes nicht unberührt hinterlassen.
Der Anführer der Elfen sah zu den sterblichen Menschen hinüber, redete sie nicht an. Doch er stieg von seinem Einhorn, dessen silbrige Mähne im sanften Wind kaum sichtbar wehte ab. Aus dem schimmernden Pracht löste er voller Behutsamkeit ein einziges Haar, das sich in seiner Hand verwandelte. Lucius hielt den Atem an, was passierte hier gerade. Kein stolzer Elf würde sich jemandem wie ihm, einem brutalen Schwarzmagier näheren. Schließlich wusste er sehr genau, dass er unrein war.
Draco hielt seinen Bruder geradezu beiläufig an der Hand, der nicht minder staunte. Doch plötzlich lag in Harrys anderer Hand ein silberner Gürtel, dessen Schnalle mit funkelnden Opalen besetzt zu seien schienen. Wie der Gürtel dorthin gekommen war, wusste Harry nicht. Verdutzt murmelte er: "Ähm...Danke...Was ist das?" Der Elf verneigte sich lächelnd von Ferne, während er sich langsam auflöste. "Es kommen dunkle Zeiten, die bereits jetzt ihre Schatten auf die Haut der Verdammten zeichnen." Unwillkürlich sah Lucius bei diesen Worten auf seinen Unterarm, wenngleich er durch Hemd und Robe nichts sehen konnte. Er spürte eine nur allzubekannte Angst in sich aufsteigen. "Dieser Gürtel enthüllt jedes Rätsel vor Dir, das je ein Mensch erdacht hat, wenn Du den Opal in der Mitte berührst. Man kann ihn nur ein einziges Mal benutzen. Verwende ihn weise, dort wo Verstand nicht weiter hilft, trägt Dich die Magie", fuhr der Elf fort.
Die Elfen mitsamt ihren Einhörnern verschwanden, wie Tau im Sonnenschein, ohne das man sie noch etwas Fragen oder etwas Sagen konnte. Sie ließen die Zauberer mit staunenden Mündern zurück. Fragend sahen die Jungen ihren Vater an, der versuchte zu verstehen, was eben geschehen war. Doch es erschloss sich dem blondhaarigen Mann nicht. Weshalb gaben die Elfen Harry ein so wertvolles Artefakt? Aus purer Dankbarkeit? Sicher nicht. Lucius glaubte nicht an die Dankbarkeit magischer Wesen.
Der fassungslose Harry betrachtete das zarte Elfengespinst, das zugleich stabil, geradezu reißfest war. Silbrig und leicht lag das Artefakt funkelnd in der Hand. Der Vater sprach einen Moment nicht, denn er suchte nach einer Einordnung der letzten Ereignisse, die er nicht fand. "Darf ich ihn ansehen?", fragte er Harry behutsam, nicht um ihm den Gürtel wegzunehmen, sondern um ihn genauer anzusehen. Artig reichte ihm der Junge das edle Accessoire. "Er ist wunderschön. Aber man sollte mit magischen Geschenken äußerst vorsichtig sein. Wenn Du erlaubst, nehme ich ihn mit zu Severus und Sirius, damit sie ihn untersuchen können." Harry widersprach einem inneren Impuls folgend sehr schüchtern. "Nein, Dad. Ich möchte, dass es unser Geheimnis bleibt. Nur für unsere Familie." Erstaunt zog Lucius die Braue hoch. Sein Pflegesohn widersprach ihm fast nie. Doch ihm leuchtete der Gedanke ein und es schmeichelte ihm sehr, wie tief Harrys Vertrauen ihm schon gehörte. "Du hast recht. Ein so mächtiges Artefakt sollte zu den Familiengeheimnissen gehören. Untersuchen möchte ich ihn trotzdem." Aber dagegen hatte Harry nichts einzuwenden.