Das Personal des Ferienhauses hatte den Empfang perfekt organisiert. Alle Koffer und Taschen lagen bereits ordentlich ausgepackt auf dem Gepäckboden. Die Kleidung fand sich in den Schränken wieder und überall in den Räumen standen mit wunderschönen Blumen bestückte Vasen. Der Palazzo gehörte einem italienischen Adligen und stammte aus dem früheren Barock. Es gab im Park voller Blüten und Palmen, der sich bis zum privaten Meeresstrand ersteckte, zwei Marmorpools.
Der Palazzo stand Malfoy Manor in der Größe kaum nach, so dass Draco und Harry selbstverständlich jeweils ein Zimmer mit Balkon zur Meerseite zur Verfügung stand. Alles hier strahlte maritimes Flair aus. Harry Zimmer hatte man in den Farben Weiß, Gold und Türkis gestaltet. An den Wänden schienen Pfauen miteinander zu spielen und in der Mitte stand ein breites weißgoldenes Bett. Immer noch hielt Harry diesen eigenartigen Koffer fest in der Hand, den er nicht losgeworden war. Der Junge rief nach einer Hauselfe, die das Gepäckstück sofort auf den Boden brachte. Man hatte sich um vier zum Geburtstagspicknick am Meer verabredet. Auch darum kümmerte sich das fast unsichtbare Heer von Hauselfen.
Der erste, etwas kleinere Pool, jener den Draco von jeher am liebsten mochte, hatte in der Mitte eine zarte Meerjungfrauensculptur, die von feuerspeienden Drachenköpfen umgeben war. Man konnte im warmen Wasser zu Sirenengesang baden. Das Feuer berührte die glatte Wasserfläche und warf durch Magie Sterne darauf. Das Wasser war warm und nicht besonders tief. Er spielte hier gerne selbstvergessen und zeigte Harry direkt bei der Ankunft im Garten seinen Lieblingsplatz. Den zweite Pool schmückten römische Gottheiten wie Jupiter und Juno sowie Neptun und Minerva. Seine Mutter liebte es dort im Sonnenschein zu zeichnen. Narcissas Bilder wurden in einigen Galerien ausgestellt und gut verkauft. Sie entwarf die Landschaften und Porträts unter dem Künstlernamen Black Scarlett. Der Tagesprophet versuchte schon seit Jahren vergeblich das Geheimnis der zarten Bilder zu lüften.
Die Zeit in Italien übte stets ihren eigenen Zauber auf die Malfoys aus. Sie besuchten venezianische Ausstellungen und viele Freunde, in die ebenfalls in der Gegend ihre Sommerferien verbrachten. „Harry, ein Geschäftsfreund von mir möchte uns heute Nachmittag besuchen. Mr. Flint würde seinen Sohn Marcus gerne mitbringen. Marcus ist Kapitän der Slytherin Hausmannschaft im Quidditch. Mr. Flint war früher Profispieler und betreibt heute eine Agentur für Künstler und Quidditchspieler. Er kümmert sich um Narcissas Ausstellungen.“ Harry verstand die umgestellten Fragen seiner Eltern mittlerweile sicher und antwortete erwartungsgemäß: „Fein. Dann kann Marcus uns ein paar Quidditchtricks zeigen.“ Seitdem sie regelmäßig trainierten, hatten Draco und Harry beide einen Sauberwisch 8 bekommen. Sie beherrschten beide den Besen sicher, auch wenn Harry die riskanteren Manöver flog.
Die Gäste kamen pünktlich und gratulierten Harry freundlich. Die Mädchen, die die Zabinis mitbrachten, mochte Harry durchaus. Astoria war noch ziemlich schüchtern und hing den ganzen Nachmittag an Cecelys Rockzipfel. Die ältere Daphne redete viel mit Blaise. Draco und Harry bewunderten Marcus gebührend. Sie wollten beide unbedingt später in die Quidditch – Hausmannschaft. Eigentlich waren sich alle Kinder einig, dass Slytherin das einzige passende Haus in Hogwarts wäre. Eigentlich hatte Harry dazu keine Meinung, aber wenn Draco nach Slytherin wollte, wollte er das auch. Mit Daphne, Marcus und Blaise kam er besser zu Recht, als mit Vincent und Gregory.
Das Picknick am Meer überwältige Harry, der noch nie zuvor an der Küste gewesen war. Der Duft des Salzwassers und die unendliche Weite des Wasserspiegels prägten sich ihm tiefer ein, als der Prunk um ihn herum. Er ging mit Severus ein paar Schritte am Strand entlang und hob einen Stein auf. Die Ruhe, die von Dracos Paten ausging, mochte er sehr. Severus betrachtete den Stein kurz und gab ihn Harry zurück: „Was ist das für ein Stein und was kann man damit tun?“ Der Junge überlegte kurz und gab dann die richtige Antwort: „Ein Hämatit, auch Blutstein genannt. Er kommt hier in Venetien öfter vor. Der Edelstein kann zur Herstellung magischer Spiegel und Bindung von Vampiren verwendet werden. Allerdings benötigt mal ihn auch um magischen Porträts Leben zu geben.“ Der Lehrer nickte anerkennend. „Ich sehe, Du arbeitest gut. Deine Mutter war im Gegensatz zu James auch immer sehr fleißig. Magisches Talent ist ohne harte Arbeit und Willen zum Erfolg vergeudet.“ Harry fühlte sich sehr ermuntert und genoss seinen Geburtstag sehr. „Severus, nochmal Danke für den Erweiterungsband ´Geheimnisse der Alchemistischen Pflanzenkunde´. Du brauchst mir aber keine teuren Geschenke zu machen. Du bist schließlich Dracos Pate.“ Severus strich ihm über den Kopf: „Du kannst nichts dafür, dass Dein Pate ein Versager, wenn nicht gar ein Verräter ist. Aber sprechen wir von etwas anderem.“ Sie hatten die Geburtstaggesellschaft wieder erreicht und Harry blieb etwas verwirrt stehen. Was war gemeint mit, sein Pate sei ein Versager oder gar ein Verräter? Er wollte noch einmal fragen, da zerrte ihn Draco auch schon zum Quidditchspiel mit den anderen. „Wo warst Du denn, Harry? Wir wollen spielen.“
Nachdenklich stieg Harry auf den Besen und jagte dem Schnatz nach. Sie spielten die übliche reduzierte Form für kleine Gruppen und Mr. Flint sah ihnen von der Terrasse aus zu. Er redete mit Severus und Lucius und verstummte plötzlich. Fasziniert starrte er auf Harrys Rolle auf dem Besen, bei der er den Schnatz gekonnt auffing. „Deine Söhne haben ein echtes Talent.“, sagte er langsam und rief Marcus laut zu sich. Auch Marcus hatte gelernt zu gehorchen und folgte unmittelbar. „Dad?“, fragte er noch im Landeanflug. „Du holst Harry und Draco in Deine Hausmannschaft. Sie sind gut.“ Marcus widersprach gewöhnlich vor Erwachsenen nicht, aber dieses Mal ging sein Vater durchaus zu weit: „Dad, es gibt Auswahlspiele und man holt keine Erstklässler in die Mannschaft. Das macht keiner.“ Severus blieb lässig. Er verstand von Quidditch nicht so viel, aber Mr. Flints Urteil konnte man in dieser Hinsicht vertrauen. „Egal was üblich ist. Man holt Gewinner in die Mannschaft.“, sagte Mr. Flint deutlich. Lucius hielt sich aus dem Gespräch zwischen Vater und Sohn heraus. Aus seiner Sicht war es auch in Ordnung, wenn Draco und Harry erst im folgenden Schuljahr in die Hausmannschaft kamen, solange sie die Allstars wurden. „Aber wir wissen doch gar nicht, in welches Haus sie überhaupt kommen.“ Eigentlich war Marcus Einwand in Ordnung, aber er merkte sofort, dass er etwas ganz falsches gesagt hatte. „In welches Haus sollten die Malfoybrüder denn kommen?“, fragte Mr. Flint verständnislos. „Alles nur nicht Gryffindor…“, dachte Severus, obwohl er natürlich Slytherin bevorzugte. Marcus gab sich geschlagen, bevor er wörtlich zu Hause geschlagen wurde. Aber das ging nun wirklich niemanden etwas an: „Also wenn sie nach Slytherin kommen, nehme ich sie in die Mannschaft auf, oder spricht etwas dagegen, Professor Snape?“ Severus überlegte kurz: „Nur weil es unüblich ist, verstößt es nicht gegen die Schulregeln.“ Damit galt es als vereinbart.