Die Zauberkunststunde bei Professor Flitwick langweilte Draco gehörig. Eine Feder fliegen zu lassen forderte ihn wirklich nicht. Bereits beim ersten Versuch erhob sich die Feder sanft und ließ sich problemlos führen. Der Professor lobte ihn begeistert. Harry hatte auch keinerlei Schwierigkeiten, sodaß beide eine weiterführende Aufgabe bekamen, aber auch diese unterforderte sie. Aus Langeweile verzauberte Harry seine Feder in Slytherinfarben. Den Federkiel färbte er schwarz ein, die Innenfahne silbern und die Außenfahne grün. Professor Flitwick schwankte zwischen Rüge und Anerkennung der magischen Arbeit. Er entschied sich für pädagogisches Ignorieren und notierte sich, dass er für die Malfoy Brüder anspruchsvollere Aufgaben benötigte.
Endlich war die Stunde zu Ende. Harry packte seine Sachen nachdenklich ein. Wieso hatte er die dämliche Ratte von Weasley nicht verzaubern können? Er nahm sich vor, die Sache noch mal nachzulesen. Es konnte doch nicht so schwer sein, eine Ratte gelb zu färben. Die verzauberte Feder machte bei den Slytherins ziemlich was her. Harry schrieb mit dem Zauberstab „DM“ auf sein kleines Kunstwerk und schenkte sie Draco. „Cool. Danke!“, sagte er und steckte sie sorgsam in seine Tasche.
Sie beeilten sich, um rechtzeitig zu Verwandlung zu kommen. Wieder waren sie die ersten dort, denn sie hatten sich entschieden, die Pause im Klassenraum zu verbringen. Die Professorin teilte soeben Streichhölzer aus. Harry rollte mit den Augen. Streichhölzer in Nadeln verwandeln – wie langweilig. „Guten Tag, Professor McGonagall.“, sagte er trotzdem höflich. Die Lehrerin spürte jene kalte Distanz, die die Malfoys schon gestern gezeigt hatten. „Guten Tag, Mr. Potter. Guten Tag, Mr. Malfoy. Rechts sitzt Slytherin in meinem Unterricht und links Gryffindor.“ Harry und Draco wählten wieder den Tisch in der ersten Reihe. Draco zog seine weiße Feder aus der Tasche und gestaltete sie genauso, wie Harry es getan hatte. Nur schrieb er zum Schluß „HP“ auf die eine Seite und „Slytherin Stolz“ auf die andere. Sie hatten noch Zeit, bis die anderen Schüler kamen. Harry fasste sich ein Herz und fragte die Professorin: „Professor, muß man eigentlich beim Verzaubern von Tieren etwas beachten? Wenn ich zum Beispiel eine Ratte färben möchte: ist das anders als bei einer Feder, Madame?“
Überrascht sah Minerva auf. Eine derartige Frage hatte sie von einem Erstklässler nicht in der Pause erwartet: „Im Prinzip, nicht Mr. Potter. Achten Sie auf korrekte Aussprache der Formel und vollziehen Sie mit dem Stab die Bewegung akkurat. Im Prinzip wie Ihr Bruder gerade die Verzauberung der Feder absolviert hat. Sie können mehr darüber im Lehrbuch auf Seite 231 fort folgende lesen. Probieren Sie es einfach nochmal aus.“ Vielleicht würde sie auf diese Weise einen leichteren Zugang zu den verschlossenen Jungs gewinnen. Sie wollte noch etwas hinzufügen, da stürzten die anderen Kinder bereits hinein. „Gryffindor bitte links von mir und Slytherin nach rechts.“, unterbrach sie sich. Der Unterricht begann kurz darauf.
Harry beobachtete, dass Hermine ein wenig unglücklich aussah. Sie konnte sich wegen der Gruppentrennung nicht zu Harry und Draco setzen. Bei den anderen Gryffindors hatte sie bisher wohl keine Freunde gefunden. Er lächelte zu ihr herüber. Die Einführung in Verwandlung brachte nicht viel Neues. Schließlich sollten sie tatsächlich die Streichhölzer in Nadeln verwandeln. Hermine gelang die Verwandlung sehr gut. Ron schwatzte mit Seamus Finnigan ein wenig, was ihm einen Rüffel einbrachte.
Draco erhielt das erste Ohnegleichen des neuen Schuljahres. Er hatte aus dem Streichholz ein Nadelkissen mit 8 Nadeln gezaubert. Harry begnügte sich mit einem Stricknadelset. Die intensive Arbeit vor und auch in den Ferien trug Früchte. Natürlich erwarteten Lucius und Narzissa Bestnoten in allen Fächern. Harry dachte an Lucius Satz: „Macht uns stolz.“ Zumindest heute war es sehr gut gelungen. Er hatte die ersten Punkte für den Hauspokal bekommen und Draco eine sehr gute Note. Nach der letzten Stunde stürmten sie nach draußen. In der Tür gab es eine kleine Rangelei zwischen Blaise, Ron und Seamus. Draco fühlte sich genervt. Er wollte endlich Essen und dann seine Zusatzaufgaben in der Bibliothek lösen. „Macht Platz und lasst den Quatsch.“, maulte er ein wenig zickig. „Für wen hältst Du Dich denn, Malfoy – für den Prinzen aus Slytherin?“, fragte Ron schnippisch. Draco grinste arrogant und sagte: „Gut erkannt. Wiesel. Und jetzt geht aus dem Weg, Leute. Ich hab´ nicht den ganzen Tag Zeit.“ Ron blieb bei so viel Arroganz der Mund offen stehen. Die Gryffindors machten widerwillig Platz. Von diesem Tag an nannte man Draco und Harry die Prinzen aus Slytherin.
Der Titel paßte ziemlich gut. Sie trugen in der Freizeit teure Sachen, benahmen sich elegant und waren in ihrem Haus sehr beliebt. Gleich nach dem Essen liefen sie mit Blaise in die große Bibliothek. Sie trafen eine Menge Ravenclaws, ein paar ältere Hufflepuffs und ein paar Slytherinmädchen. Madame Pince freute sich über den ausgesprochen charmanten Draco. Die Malfoybrüder suchten sich einen gemütlichen Platz und erledigten ihre Aufgaben konzentriert. Sie waren viel schneller fertig, als sie erwartet hatten und waren gerade dabei etwas Zusatzliteratur mitzunehmen.
Eigentlich hatten sie erwartet, hier in der Schule härter arbeiten zu müssen. „Heute Abend um halb sieben sind wir bei Severus für die Zusatzeinheiten in Zaubertränke“, erinnerte Harry. „Ja. Wir sollen in das Labor kommen. Morgen ist dann Mr. Eleven ab 16:00 hier, hat Dad geschrieben. Da ist Arithmantik dran. Mum meint, wir dürfen nicht anfangen zu schludern.“ Etwas schüchtern sprach sie Hermine an: „Ihr beide nehmt Zusatzunterricht für Zaubertränke bei Professor Snape?“ Harry nickte zustimmend und Draco übernahm das Reden: „Professor Snape ist mein Patenonkel. Er arbeitet mit uns, damit wir entsprechend gut im Unterricht sind.“ Sie stotterte ein bißchen, bevor sie sich aufraffte: „Meint Ihr, ich könnte mitmachen?“ Beide Jungs waren Feuer und Flamme. Vor allem Draco mochte das schlaue Mädchen, das sich nicht für seine Familienverhältnisse interessierte. Ein angenehmer Kontrast zu Daphne oder Pansy, die sich nicht richtig für den Unterricht begeisterten.
„Komm heute Abend mit zu Professor Snape und wir fragen ihn einfach.“ Sie strahlte glücklich. Die beiden Malfoyjungs hatten Lust zu lernen und richtig viel im Kopf. Vielleicht könnten sie Freunde werden. Jetzt schien es nicht mehr so schlimm, dass die Mädchen vorhin in ihrem Schlafsaal sie Streberin genannt hatten.