Dieses Mal hatten sie Mr. Eleven nicht, wie in den anderen Jahren zuvor, mitgenommen. Severus hatte angeboten die Jungs zu unterrichten. Zwei begabte und hart arbeitenden Jungen zu lehren, war eine angenehme Abwechslung zu den oft unwilligen oder unfähigen Schülern in Hogwarts. Er wählte einen guten Platz am Meer im Schatten aus. Es sprach nicht dagegen, einen netten Ort zum Arbeiten zu haben. Sie begannen mit Verwandlung. Eine Prüfungsaufgabe aus den Prüfungen für das Ende des ersten Jahr in Hogwarts. Eine Taschenuhr sollte in eine Maus verwandelt werden. Severus lächelte undurchschaubar. „Alles was Ihr beide dafür wissen müsst, steht im Buch. Wenn Ihr es geschafft habt, ist der Unterricht für heute zu Ende. Ihr dürft zusammenarbeiten.“ Harry und Draco gingen guter Dinge an die Sache heran. So schwer konnte es doch nicht sein und dann durften sie ins Meer. Severus nahm ein Buch über die Bedeutung des reinen Blutes in der dunklen Kunst und begann zu lesen. Die Jungs erarbeiteten sich das Thema Verwandlung von Gegenständen abschnittweise im Buch. Sie hatten hinten über den Glossar angefangen, stellten dann aber immer wieder fest, dass ihnen die Basis fehlte. Nach zwei Stunden ließ ihr Enthusiasmus deutlich nach. „Severus, das geht gar nicht.“, brummelte Draco frustriert. Der Lehrer legte sein Buch aus der Hand, nahm seinen Zauberstab, tippte auf Dracos Taschenuhr und eine kleine, hinreißend possierliche Maus saß vor dem Jungen. Nach einem weiteren Tipp mit dem Zauberstab lag die Taschenuhr wieder ungerührt dort. „Die Aufgabe ist für Zauberer in Eurem Alter zu bewältigen“, stellte Severus fest. Nach einer weiteren Stunde gelang es Harry seiner Taschenuhr 2 hübsche Ohren zu verpassen und Dracos Uhr hatte Schnurrhaare. Wirkliche Ähnlichkeit mit einer Maus hatte keine der beiden Uhren.
Endlich brachte ein Hauself einen gut gefüllten Picknickkorb und eine Decke hinunter ans Meer. Sie machten eine Pause. Die Jungs zogen sich Schuhe und Strümpfe aus und steckten die Füße ins kühle Wasser. Severus Überzeugung, dass sie die Aufgabe im Laufe der Woche selbstständig lösen würden, blieb ungebrochen. Er war immer wieder überrascht, wie leicht Lucius Sondergenehmigungen für fast alles bekam, so auch die Anwendung der Magie seiner Kinder für Lehrzwecke in den Ferien. Egal ob durch Charme, Erpressung oder Bestechung – am Ende hatte Lucius immer das, was er wollte. Draco spielte mit ein paar Muscheln und kaute dabei an einem Sandwich. Er genoss die Freiheit von den strengen Konventionen. Weil Narzissa nicht dabei war, musste man die Manieren nicht so streng einhalten, wie gewöhnlich.
Harry saß im Sand neben Severus: „Du hast gestern etwas von meinem Paten erzählt. Kennst Du ihn?“ Severus blickte auf die weite Wasserfläche vor ihm: „Sirius Black? Ich kenne ihn besser, als mir lieb ist. Er ist ein Cousin von Narzissa und war in meinem Jahrgang.“ Ein reicher, arroganter Schnösel und furchtbarer Angeber, setzte er in Gedanken hinzu. „Er war angeblich der beste Freund von James Potter. James Potter, Remus Lupin, Peter Pettigrew und er waren in einer Clique. Man nannte sie die Rumtreiber.“, fügte er hinzu. Etwas Verächtliches lag in Severus Stimme, sodass Harry lieber nicht weiter fragte. James Potter genoss nicht das beste Ansehen in Harrys neuer Familie, das hatte er schon früh bemerkt. Gerade Severus hasste James wohl ziemlich. Er musste dafür gute Gründe haben. „Wir reden später mal darüber, wenn Du etwas älter bist“ schloss Severus das Thema.
„Was machen wir bei der Verwandlung denn falsch, Severus? Kannst Du es uns nachher bitte Schritt für Schritt zeigen.“ Der Lehrer lächelte kühl und sagte: „Ich habe mich schon, die ganze Zeit gefragt, wann Ihr mich darum bittet.“ Harry verstand die Lektion. Sie sollten lernen nach Wissen zu fragen, die Dinge nicht nur selbst zu ergründen, sondern auch von dem Wissen anderer zu profitieren. Diese Lektion hatte für die späteren Allianzen der Jungs weitreichende Bedeutung. Kurz vor 16 Uhr schaffte Draco es eine Maus mit einigen Zahnrädern auf dem Bauch und den Pfoten sowie einer Kette als Schwanz zu zaubern. Harrys Taschenuhr hatte ein flauschiges Fell und Knopfaugen. „Ganz ordentlich.“, gab ihr Lehrer zu. „Allerdings sind es keine Mäuse. Wenn wir keine Ferien hätten, würde ich darauf bestehen, dass Ihr beide die Aufgabe beendet. Aber für heute dürft Ihr gehen. Morgen machen wir hier weiter.“
Die Jungs rannten ins Haus und zogen sich um. Endlich Zeit zum Schwimmen im Pool. Sie stürzten sich ins warme Wasser und plantschten unbeschwert bis zum Abendessen. „Dieses ewige Lernen nervt mich total.“, gab Draco zu: „In allem müssen wir richtig gut sein.“ Harry verstand ihn nicht: „Das Lernen ist schon ziemlich viel. Aber es ist wichtig, dass Mum und Dad zufrieden sind. Ich meine, Dich würde sie bestimmt nie wegschicken. Aber mich vielleicht schon, wenn ich nicht gut genug bin. Außerdem bin ich eben nur ein Halbblut. Mr. Flint hat das gestern auch gesagt. Er dachte wohl, ich hätte das nicht gehört. Ihr könntet schließlich jedes Waisenkind auf nehmen, ich muss einfach besser sein“ Die Vorstellung, dass Harry womöglich nicht mehr da sein könnte, löste pures Entsetzen bei seinem Bruder aus. Andererseits ging er nicht davon, dass seine Eltern Harry jemals zurückschicken würden.
„Mr. Flint ist blöd. Nimm´ den gar nicht ernst. Du gehörst zu uns. Aber wenn Du meinst, wir beide müssen uns noch mehr anstrengen, damit wir immer zusammen bleiben, dann machen wir das.“ Harry fühlte sich nicht beruhigt: „Aber ich bin nur halbblütig. Ist doch so.“ Draco nahm seinen Bruder in den Arm: „Einige Zauberfamilien sind besser als andere. Wir beide gehören zu der besten Zauberfamilie, die es gibt. Durch die Adoption bist Du sogar im Familienstammbaum. Harry, Du bist ein Malfoy.“