Nur jener, der voller Mut und Glauben ist, erreicht die Sterne!
In der Höhle auf dem Heiligen Berg, lagen währenddessen alle im tiefem Schlummer.
Vor allem Pia, Benjamin und Malek, hatten vor dem Einschlafen noch innere Zwiesprache mit dem göttlichen Licht gehalten und dieses darum gebeten, ihnen den weiteren Weg zu weisen. Und tatsächlich, wurde ihnen einmal mehr, ein ganz besonderer Traum zuteil, den sie alle gleichermassen träumten.
Auf einmal sahen sie sich selbst auf einer Klippe stehen. Unter ihnen brodelte, feuerrot und tödliche, ein Lava See! Auf der gegenüberliegenden Seite glühte, in einer Felsnische, eine wundervolle, orangerote Blume. Sie besass filigrane Blütenstempel und pulsierte wie ein Herz.
„Das muss eine der Feuerblumen sein!“ rief Pia. Die drei suchten einen Weg über oder um den See, doch nirgends gab es eine Möglichkeit, denn der See war rundherum von senkrechten Klippen eingekesselt und es führte auch keine Brücke darüber.
In diesem Augenblick, erschien neben ihnen eine lichtvolle Gestalt! Man konnte ihre Gesichtszüge nur ganz vage ausmachen, doch ihre Augen leuchteten in strahlendem Blau. Die Gestalt sprach mit wohlklingender Stimme zu ihnen: „Ich werde euch über den Abgrund führen.“
„Aber wie soll das gehen?“ fragte Ben.
„Einfach den direkten Weg nehmen!“ Die Gestalt deutete geradeaus.
„Aber das geht doch nicht, wir können nicht fliegen.“
„Vertraut ihr mir?“
„Ja, eigentlich schon.“
„Gut, dann nehmt meine Hand und ich führe euch hinüber.“
Die drei Freunde sahen sich einen Augenblick lang etwas ratlos an.
„Ich dachte, ihr vertraut mir?“ fragte die Gestalt etwas enttäuscht.
„Ja, schon aber…“
„Dann folgt mir doch!“
„Wir wissen nicht, ob wir das können.“
„Wie wollt ihr herausfinden, ob ihr es nicht doch könnt? Ist es nicht mit manchem im Leben so: Nur jemand, der voller Mut und Glauben ist, erreicht die Sterne!“
Die Geschwister und der Magier zögerten noch ein wenig, doch dann sprach Pia: „Gut, ich versuchs!“ Sie streckte ihre Hand aus und die Lichtgestalt nahm sie.
Benjamin ergriff nun Pias Hand und Malek jene von Ben.
Als die Lichtgestalt nochmals einen Schritt, auf den Abgrund zu machte, fühlten sie einen Moment lang, lähmende Furcht in sich aufsteigen.
„Nur keine Sorge, ich halte euch!“ versicherte ihnen die Gestalt und die drei, nahmen nochmals ihren ganzen Mut zusammen.
Ihr Führer machte einen weiteren Schritt und trat hinaus ins Leere! Doch er fiel nicht, er schwebte in der Luft über dem Abgrund!
Nun wagte es Pia ebenfalls und die anderen folgten ihr, nach kurzem Zögern.
„Wir können ja doch fliegen!“ rief Ben. „Das ist ja unglaublich!“
„Seht ihr?“ lächelte die Lichtgestalt „es war doch gar nicht so schwer. Nun lasst uns aber die Blume dort holen, damit ihr diese Seuche endlich bekämpfen könnt.“
Die Freunde nickten bewegt und folgten ihrem Anführer über den Lava- See, zu der Blume, welche ihnen, wie ein lichterfüllter Rubin, entgegen strahlte. Als sie diese berührten, durchfuhr sie eine wunderbare Wärme und Geborgenheit und gleich darauf, wachten sie aus ihrem Traum auf!
Die drei Freunde sahen sich an und sie wussten, dass sie alle wieder einmal denselben Traum gehabt hatten. Leise flüsternd berichteten sie einander, von dem wundersamen Erlebnis.
Schliesslich wurden Manuel und Micha jedoch von den Erzählungen ihrer Freunde geweckt und hörten gebannt zu, was sich zugetragen hatte.
Am Ende klatschte Micha begeistert in die Hände und rief: „Schon unglaublich! Ihr legt euch einfach schlafen und träumt genau den gleichen Traum, der euch Antwort auf all eure Fragen gibt.“
„Was genau willst du damit sagen?“ frage Malek interessiert.
„Na, das liegt doch auf der Hand! Dieser Traum hat euch gezeigt, dass ihr einfach nur weiterhin Vertrauen haben müsst und ihr diese Blumen auch bekommen werdet, wenn ihr nicht zweifelt.
Die Alte Windfrau testet, wie ich bereits andeutete, auch diesmal euer Vertrauen und eure Geduld. Die Worte: Nur jemand, der voller Mut und Glauben ist, erreicht die Sterne, sagt doch wirklich alles aus! Sie wollen euch darauf hinweisen, dass ihr auch diese Aufgabe mit Bravour meistern könnt, wenn ihr nur nie das göttliche Licht aus den Augen verliert. Es wird euch durch alles hindurchführen, egal wie schwierig es auch sein mag. Es geht dabei auch gar nicht darum, ob ihr würdig seid, sondern darum, dass ihr Vertrauen in eure Würdigkeit habt.“
Malek lächelte und sprach: „Das hast du sehr schön gesagt Micha! Dieser Traum zeigte uns einmal mehr, dass wir Vertrauen in das Göttliche, aber auch in uns selbst, haben dürfen.“
„Genau!“ pflichteten die Geschwister bei. „Micha hat es auf den Punkt gebracht.“
Der 16- jährige lächelte stolz.
„Dann gehen wir also gleich Morgen früh wieder hinauf auf die Spitze und erzählen der Windfrau von unseren Erkenntnissen!“ meinte Benjamin. „Dann wird sie uns die Gewänder bestimmt aushändigen.“
So machten sich die Freunde, sehr früh am Morgen, bereits wieder auf den Weg. Kurz darauf erschien die Mutter der vier Winde aus dem Nebel, der sich über dem Berg zusammenzog.
Benjamin sprach: „Wir sind zurück, um die Gewänder der Klarheit abzuholen.“
Die Windfrau fragte: „Seid ihr sicher, dass ihr ihrer würdig seid?“
„Ja,“ erwiderte Pia. „Wir glauben nämlich, dass du einmal mehr, unser Vertrauen auf die Probe stellst. Nur wer Mut und Glauben hat erreicht die Sterne! Dieser Worte wurden uns in einem Traum offenbart, in welchem wir die Feuerblume fanden. Das war ein deutliches Zeichen für uns, dass wir das Richtige tun und du hast das Richtige doch immer unterstützt. Darum glauben wir, dass du uns die Gewänder geben wirst.“ Die Windfrau schaute die Freunde einen Augenblick lang forschend an, dann lächelte sie auf einmal. „Ihr habt es also verstanden, sehr gut. Dann werden euch meine Töchter also die Gewänder aushändigen!“
Gleich nachdem sie dass gesagt hatte, traten fünf wunderschöne Frauen aus dem Nebel. Ihre schleierartigen Gewänder, wehten im Wind, ihre Haut wirkte wie weisser, beinahe durchsichtiger Alabaster und ihre Augen leuchteten, wie die ihrer Mutter, in tiefem, hellen Blau. Ein wundersames Strahlen ging von ihnen aus. Micha und Manuel starrten die herrlichen Geschöpfe ungläubig an.
„Es freut uns, euch wiederzusehen,“ sprachen die Sylphen mit glockenhellen Stimmen an die Geschwister und Malek gewandt. „Es ist schon eine Weile her.“ Sie streckten nun ihre Arme aus. Jede der fünf, trug ein Gewand bei sich, das aus durchschimmerndem Material bestand.
„Gleich fünf Gewänder?“ fragte Malek erstaunt.
„Ja,“ erwiderte die Alte Windfrau „die beiden Jungen, werden euch ins Reich des Feuers begleiten.“
„Micha auch? Aber er beherrscht die Sphärenwanderung noch gar nicht.“ „Das spielt keine Rolle. Es gibt einen anderen Weg.
Seht ihr dort drüben den Baum, dort neben den Steinen, wo ihr immer meditiert habt? Durch seinen Stamm gelangt ihr in die Welt der Eichenfrau, welche die sieben Pforten bewacht. Eine Pforte der sieben führt dann auch ins Feuerreich.
Pia kennt die ja Eichenfrau bereits. Viele der Bäume auf der Welt sind miteinander verbunden, dieser hier ist einer von jenen, welcher mit der besonderen Eiche verbunden ist. Alles hat seine Ordnung, auch wenn wir manchmal glauben im Chaos zu versinken. Bewahrt euch nur euer Vertrauen und euren Mut und ihr werdet eure Aufgabe auch diesmal, gut zu erfüllen vermögen. Ein jeder von euch…“ Mit diesen Worten warf sie eine Blick auf Micha und Manuel und lächelte ihnen ermutigend zu.
Dann winkte sie ihre Töchter heran und diese überreichten, allen fünf Freunden, eines der magischen Gewänder. Als diese sie ehrfürchtig entgegennahmen, verschmolzen die Gewänder sogleich mit ihren Körpern und wurden unsichtbar.
„Wow!“ rief Micha. „Ein tolles Gefühl man fühlt sich richtig stark und irgendwie unverwundbar.“
„Und damit kann man wirklich durch Feuer gehen?“ wollte Manuel wissen.
„Wir sind damit sogar schon durch die Hölle gegangen,“ entgegnet Ben „da ist das, was wir jetzt vorhaben, vermutlich ein Pappenstiel.“
„Das kann man so nun auch wieder nicht sagen,“ meinte die Alte Windfrau „denn auch mit flüssiger Lava ist nicht zu spassen und um die Feuerblumen zu finden, werdet ihr vermutlich einige Lavaflüsse und Seen passieren müssen. Allerdingst ist die psychische Gefahr nicht so gross, wie in der Unterwelt und das Feuer in der Feuerwelt ist natürlichen Ursprungs, anders als das Höllenfeuer.
Ihr müsst euch zuerst mit Wassilio dem Feuerkönig gutstellen und ihn um Erlaubnis bitten, die Feuerblumen pflücken zu dürfen. Wenn Wassilio euch gut gesinnt ist, werden es auch die restlichen Feuerwesen sein und euch bei eurer Mission unterstützen.“
„Nun,“ sprach Ben „wir haben die Feuerwesen ja einstmals von der bösen Hexe Xantie befreit, bestimmt werden sie uns gut gesinnt sein.“
„Dann machen wir uns also auf den Weg!“ rief Malek. „Leb wohl, liebe Windfrau, lebt wohl ihr lieben Feen, wir werden euch eure Güte niemals vergessen.“
„Keine Ursache,“ erwiderte die Mutter der vier Winde. „Behaltet die Gewänder doch noch eine Weile. Möglicherweise braucht ihr sie auch noch für andere Missionen.
„Wir dürfen sie diesmal länger behalten?“ fragen die Freude begeistert.
„Ja, denn viele Prüfungen warten noch auf euch. Wenn der richtige Zeitpunkt da ist, werden wir sie wieder zurückfordern. Wir wünschen euch viel Glück und hoffen euch bald einmal wiederzusehen.“
Die Windfrau und ihre Töchter hoben noch einmal ihre Hand zum Abschiedsgruss, dann verschmolzen sie mit den Nebel und der Wind trug diesen davon. Der Berggipfel gab nun wieder den Ausblick auf ein wunderbares Panorama frei und auch der Baum, von dem die Windfrau gesprochen hatte, war nun klar zu erkennen. Sie gingen darauf zu und… gleich darauf öffnete sich in seinem Stamm eine schmale Pforte. Diese durchschritten sie und fanden sich wieder, in der Heimat der Eichenfrau!