Kriegstreiber
Gordon Davies war noch nicht sehr lange als amerikanischer Präsident tätig. Doch während dieser kurzen Amtszeit, hatte er bereits einige fragwürdige Entscheidungen getroffen. Er war, durch seine Kindheit, die er in den streng, evangelikalen Kreisen der USA zugebracht hatte, sehr von deren Weltanschauung geprägt. Seine Sichtweise auf gewisse Aspekte des Lebens, konnte man deshalb als ziemlich einseitig betrachten. Er war für viele, besonders konservative Amerikaner, das Paradebeispiel für den amerikanischen Traum: Erfolgreich, vermögend, kämpferisch und erfüllt von einer Bigotterie, die ihresgleichen suchte. Durch Gordon Davies waren viele aus den evangelikalen Kreisen, in hohe, einflussreiche Positionen gelangt. Darunter auch sein Verteidigungsminister Xavier Warren, der Gordon schon lange dazu ermutigt hatte, Flagge gegen Russland zu zeigen.
Xavier war ein hochdekorierter General mit etlichen Verdiensten in Kriegsgebieten, wie dem Irak, Libyen und Afghanistan.
„Unser alter Feind Russland erstarkt wieder,“ sprach er „und deren Präsident, spannt mit den arabischen Extremisten zusammen. Wir müssen unbedingt etwas unternehmen, denn unsere christlichen Werte sind deutlich in Gefahr. Du, als neugeborener Christ, musst das unbedingt verhindern Gordon! Der Antichrist erhebt sich und Slavzow und seine Schergen wollen die Macht über die ganze Welt an sich reissen. Europa ist zu schwach, um ihm Einhalt zu gebieten, darum müssen wir es tun. Es ist unsere heilige Pflicht!“
Davies musterte seinen Verteidigungsminister, mit dem Quadratschädel, den abstehenden Ohren und dem schütteren, roten Haar, etwas nachdenklich. „Aber wenn wir das tun, dann wird es einen Flächenbrand geben, den wir vielleicht nicht mehr löschen können.“
Der Verteidigungsminister lachte: „Ach was! Die USA ist viel stärker als Russland. Ausserdem haben wir Gott an unserer Seite! Auch Europa wird sicher nichts dagegen haben, wenn wir die unmittelbare Bedrohung durch Slavzow möglichst bald abwenden. Wenn wir jetzt nicht handeln und ein Exempel an Russland statuieren, werden diese gottlosen Kommunisten die Oberhand gewinnen. Die Zeit drängt! Denk daran, du tust Gottes Werk! Nicht umsonst, bist du in diese hohe, politische Position gelangt. Rufe dir immer wieder ins Bewusstsein, wem du das zu verdanken hast: Nämlich all diesen guten, aufrichtigen Christenmenschen, die da draussen ihre Hoffnung auf dich setzen. Willst du sie etwa enttäuschen, indem du dem Antichristen Tor und Tür öffnest? Wir sind die Einzigen, die den Untergang der Welt noch verhindern können, denn wir haben die Mittel dazu. Ausserdem wird es höchste Zeit, dass wir auch diesen Arabern endlich zeigen, dass wir uns nicht von ihnen einschüchtern lassen. Erinnere dich an 9/11 und all die anderen, schrecklichen Taten, die diese Extremisten schon begangen haben! Ich rede da aus Erfahrung, war ich doch schon in vielen Kriegsgebieten und musste mich dort mit diesen Scheusalen direkt auseinandersetzen.“
Gordon Davies seufzte. Ohne Zweifel war Xavier einer der grössten Kriegshelden der Neuzeit und verstand sein Handwerk besser als die meisten. Darum hatte der Präsident ihn ja auch zum Verteidigungsminister ernannt. Ausserdem teilten er und Warren dieselben, religiösen Überzeugungen. Sie standen allem Fremden eher feindlich gegenüber, hielten die uralten Werte des Wilden Westens hoch und positionierten sich gegen liberale Weltanschauungen, jeglicher Art. Sie mochten das patriarchalische, christliche Familienbild und hegten eine tiefe Abneigung, gegen andere Geschlechter- und Familienmodelle. Ausserdem waren sie als weisse Evangelikale davon überzeugt, dass Menschen mit anderen Hautfarben, unterprivilegiert waren. (Wer das alles nicht glaubt, kann sich gerne dieses Video anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=c3wQomBEGuY)
Für Davies und Warren war es ganz natürlich, dass die Weissen zum Herrschen geboren waren und alle People of Color, nur als Diener oder Untergebene taugten.
All diese Eigenschaften, gepaart mit der bigotten Haltung des
US- Präsidenten, ergaben deshalb eine gefährliche Mischung und so kam es, dass die Vereinigten Staaten schliesslich die ersten Bomben des Typs MOAB (https://de.wikipedia.org/wiki/GBU-43/B_Massive_Ordnance_Air_Blast), über russischem Gelände abwarfen. Was der Anfang vom Ende bedeuten konnte.
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Es war Abend geworden und Xavier Warren betrat triumphierend sein Luxusappartement in Washington DC. Er streifte seine Schuhe ab und hing seinen teuren Mantel, mit Fellbesatz, an einen Haken. Dann fläzte er sich auf sein Sofa und starrte in das lodernde Kaminfeuer, das sein diensthabender Butler, kurz vor dessen Feierabend, noch für ihn entzündet hatte. Warren hatte ihm den Abend frei gegeben, damit er seine Ruhe hatte.
Auf einmal begann das Feuer unruhig zu flackern und veränderte seine Farbe zu einem unangenehmen Schwefelgelb. Es war so weit!
Mit erwartungsvoller Miene, beobachtete der US- Verteidigungsminister was weiter geschah.
Das schwefelgelbe Feuer bildete nun eine Art Portal. Dahinter war es stockdunkel. Xavier erhob sich und trat etwas näher an den Kamin heran. Zwei Gestalten materialisierten sich nun aus der Finsternis hinter der Pforte. Es handelte sich dabei um den Schwarzen und den Fahlen Ritter! Auch Warren veränderte jetzt urplötzlich seine Gestalt und stand schliesslich als feuerroter Ritter vor seinen beiden Kumpanen!
„Willkommen in meinem bescheidenen Heim… Brüder!“ sprach er etwas sarkastisch.
Der Fahle Ritter blickte sich mit ausdrucksloser Miene um. „Nun ja, so prunkvoll wie die Räumlichkeiten im russische Kreml Palast, ist das hier nicht unbedingt. Kein Wunder sehnt sich Slavzow nach dem alten, russischen Imperium zurück.“
„Und ich vermute, du nährst diese Sehnsucht, mit aller Macht,“ meinte der schwarze Ritter, „hab ich recht?“
„Natürlich! Ich trete bei ihm stets als ein Soldat der früheren, glorreichen Epochen auf. Damit werde ich dem Nostalgiebedürfnis des guten Igor mehr als gerecht und er frisst mir sozusagen aus der Hand. Natürlich lasse ich keine Gelegenheit aus, seinen Hass und sein Misstrauen, gegenüber den USA und der NATO, aktiv zu schüren. Schon bald wird auch er deshalb den Befehl zu den ersten Bombenangriffen geben.“
„Meinst du wirklich, du bringst ihn so weit?“ fragte der rote Ritter.
„Natürlich!“ der Fahle Ritter blickte seinen Kumpanen finster an. In seinen leer wirkenden Augenhöhlen, glomm dabei ein rotes Funkeln auf.
„Zweifelst du etwa an mir?“
„Aber nein! Schliesslich muss Igor ja sowieso handeln, wenn die USA bereits ihre ersten Bomben geworfen hat. Das ist übrigens mein Verdienst. Ich habe Gordon Davies ja schliesslich dazu gebracht, das zu tun. Das solltet ihr nicht vergessen.“
„Nun, das wundert mich nicht,“ meinte der schwarze Ritter und lachte boshaft. „Diese religiösen Fundamentalisten sind wahrhaft dankbare Opfer für das Böse! Das zeigt sich auch bei Mustafa Abdul Al Aziz. Auch er ist ein Fundamentalist und sieht in den USA den Teufel- den Feind, den man um jeden Preis im Dschihad bekämpfen muss. Besser könnte es gar nicht laufen! Ich muss ihn nur in seiner Meinung bestärken, dass er die Aufgabe hat, die Heilige Stadt Jerusalem zurückzuerobern. Ihr wisst ja, vor allem die Juden und Moslems sind sich oftmals spinnefeind. Bei diesen Extremisten hat man deshalb beinahe ein zu leichtes Spiel!“
„Was ist eigentlich mit diesem Gyula Meszaros?“ wollte der rote Ritter wissen.
„Ach,“ gab der Fahlgewandete zurück. „Der ist schon von Grund auf grausam. Bei ihm muss man gar nicht mehr viel tun, um ihn zu irgendwelchen Schandtaten zu verleiten. Er hasst alles, was modern oder neu ist. Ausserdem verachtet er die EU (europäische Union), aus tiefstem Herzen und die USA sieht er als grossen Feind an. Er strebt vor allem nach Macht, Ansehen und Reichtum. Der geborene Diktator also.
Natürlich habe ich Slavzow dazu animiert, Meszaros für unsere Zwecke einzuspannen. Er ist der ideale Schlächter, ein Mann für das Grobe, so wie es bereits sein Name sagt (Meszaros heisst ja Metzger). Ich hielt Slavzow dazu an, Gyula das Blaue vom Himmel zu versprechen. Und es funktioniert, es funktioniert reibungslos.“
„Das klingt ja alles schon mal sehr gut,“ freute sich der rote Ritter.
Unser ultimativer Sieg, steht also unmittelbar bevor! Und wenn wir dann mit dem Medaillon der vier Gewalten, auch noch in alle Welten reisen können, dann sowieso. Wir können dann unser Zerstörungswerk auch in die höheren Welten tragen! Welch ein Triumph!“
Die Miene des Fahlen Ritters verfinsterte sich bei diesen Worten und er sprach: „Leider wird das nicht mehr möglich sein. Ich habe gerade herausgefunden, wie man das Medaillon hätte nutzen können. Doch der Herr der Finsternis, dieses banausenhafte Relikt, einer uralten Zeit, hat uns hintergangen. Er besass schon längst einen Schlüssel, zur Heimstatt eines uralten, bösen Geistes, namens Obislav. Dieser Geist, bewohnte den sogenannten, schwarzen Obelisken. Der Obelisk bildet das böse Gegenstück zum Geheimnisvollen blauen Kristall und hätte uns die Reise in die höchsten Welten tatsächlich ermöglichen können.
Doch die Rachsucht, welche der Herr der Finsternis, den Grossen Führern und vor allem diesem Magier Malek gegenüber, empfunden hat, brachte diesen gehörnten Versager dazu, uns zu übergehen.
Er reiste allein in Obislavs Reich und wollte jene Macht an sich reissen, die eigentlich für uns bestimmt gewesen wäre. Damit hat er uns einen herben Schlag versetzt, denn die Grossen Führer waren auch dort und… sie haben ihn scheinbar besiegt und den Obelisken, mitsamt dessen finsteren Geist, vernichtet. So ist das Medaillon für uns nutzlos geworden.“
„Aber… wir könnten ja immer noch versuchen, über den Geheimnisvollen, blauen Kristall an unser Ziel zu gelangen,“ wendete der schwarze Ritter ein.
„Das glaubst du wohl selbst nicht!“ Der blaue Kristall und dessen Geist hat sich ganz und gar den lichtvollen Mächten verschrieben. Wir könnten ihn deshalb niemals dazu bringen uns zu helfen.“
„Nun, wenn wir dem Kristall und dessen Geist mit Vernichtung drohen, dann vielleicht doch.“
Der fahle Ritter lachte bitter auf. „Ich sehe schon, dass du nicht unbedingt der Klügste von uns bist, schwarzer Bruder. Der Geist des blauen Kristalls würde wohl eher sich selbst und sein Gefäss zerstören, bevor er uns helfen würde. Ausserdem…, wie willst du diesen Kristall vernichten? Er ist unzerstörbar. Nein, wir müssen wohl einen anderen Weg finden. Je mehr der Welten wir destabilisieren, desto mehr werden auch die anderen, auch die höheren Welten, leiden. Wir werden also unseren Plan weiterverfolgen… ohne… das Medaillon.“
Der Fahlgewandete nahm das Medaillon aus seiner Kuttentasche und warf es achtlos zu Boden...