Sogleich kamen zwei finster aussehende Waldelfen mit schwarzen Rüstungen, zerrten die drei Freunde aus dem Zelt und sperrten sie in einen massiven Holzkäfig, nur mit etwas Stroh auf dem Boden. Sie waren nicht die einzigen Gefangenen. Es gab noch weitere Elfen hier. Sie sassen auf kleinstem Raum zusammengepfercht. Ihre Blicke waren leer und ihre Körper, teilweise bis auf die Knochen abgemagert.
„Hungoloz!“ erklang auf einmal eine Stimme. Ein hagerer Elf mit hellbraunem, von weiss- silbernen Strähnen durchzogenem Haar und goldbraunen Augen, erhob sich plötzlich aus dem traurigen Haufen. Hungoloz rief ungläubig: „Vater! Du bist es tatsächlich und… du lebst! Die Geister seien gepriesen!“
Die beiden umarmten sich innig. Der jüngere Elf musterte den älteren besorgt: „Du siehst gar nicht gut aus. Was hat dir Darkuloz bloss angetan?“
Makraloz erwiderte: „Das möchtest du nicht wissen. Aber eins ist sicher: Darkuloz ist durch und durch böse. Er macht sich einen Spass daraus, Elfen, die ihm gefährlich werden könnten, noch eine ganze Weile zu quälen, bevor er sie schliesslich hinrichten lässt. „Du hättest nicht hierherkomme dürfen.“
„Wir wollten versuchen mit Darkuloz eine friedliche Lösung zu finden,“ mischte sich nun Benjamin ins Gespräch. Makraloz schien ihn und seine Schwester erst jetzt richtig wahrzunehmen und musterte die beiden neugierig. „Seid ihr nicht…? Nein das kann nicht sein!“
„Doch sie sind es!“ rief Hungoloz „Pia und Benjamin, die grossen Führer. Sie sind zurückgekehrt!“
„Pia… und Benjamin… ihr seid es tatsächlich!“ Makraloz umarmte nun auch die Geschwister. „Ihr seid ja…, so erwachsen geworden! Welch eine wunderbare Fügung, dass ihr hierher zurückgekehrt seid. Jetzt da im Reich des Waldes so grosses Elend herrscht.“
„Wir haben ein Heilmitten mitgebracht,“ meinte Pia, nun mit gesenkter Stimme. „Es kann die Bäume, sowie sie schlimme Seuche heilen, die Markuloz… getötet hat. Hungoloz ist einer der Ersten, dem wir damit geholfen haben.“
Makraloz schaute seinen Sohn mit glänzenden Augen an. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin, dass dich diese beiden wunderbaren Menschenkinder wieder heilen konnten! Ich habe mir so schreckliche Sorgen um dich gemacht, als ich von deiner Erkrankung erfuhr. Und… als wir dann noch deinen Grossvater, durch diese Seuche verloren haben… Es war einfach nur schrecklich! Kurz darauf wurde ich dann auch noch entführt! Ich glaube Darkuloz will unsere ganze Familie loswerden. Er weiss, dass wir grössten Respekt und Liebe bei unserem Volk geniessen. Das alles, will er… ausmerzen. Er will eine völlig neue Ordnung erschaffen, basierend auf Krieg und strengen hierarchischen Strukturen. Er hat keinerlei Bindung zur Natur oder den Bäumen, die doch unsere wichtigste Lebensgrundlage sind. Wir müssen endlich hier raus! Aber die Käfige, in die sie uns da gesperrt haben, sind unmöglich zu knacken. Sie besitzen, wie ihr seht, keine richtigen Schlösser und die Gitterstäbe, scheinen durch einen Zauber, noch zusätzlich verstärkt worden zu sein. Darkuloz besitzt da seine eigenen, magischen Fähigkeiten. Nicht einmal Wachen gibt es, die uns im Auge behalten. Darkuloz und seine Schergen scheinen sich vollkommen sicher zu sein, dass niemand hier jemals rauskommen wird.“
„Darkuloz ist also ein Magier?“ wollte Benjamin wissen.
„Ja, irgend so etwas muss er sein. Aber seine Magie… scheint von einem besonders dunklen, boshaften Ort zu stammen… bei allem, was er schon angerichtet hat. Ich bin mittlerweile sogar davon überzeugt, dass er für die vielen kranken und sterbenden Bäume mitverantwortlich ist. Es will den Waldelfen alles rauben, was sie ausmacht, um sie dann, nach seinen Vorstellungen, zu formen. Bei vielen ist es ihm auch schon gelungen. Doch einige, wie ich z.B., kämpfen immer noch weiter. Da jedoch immer mehr Bäume sterben, versiegt unsere Zuversicht und Widerstandkraft. Ihr sagtet, ihr könnt die Bäume heilen?“
Benjamin nickte. „Ja, allerdings fehlen uns momentan noch die nötigen Ressourcen, um den ganzen Wald zu kurieren. Aber wir tun unser Bestes. Leider haben uns Darkuloz‘ Schergen, all unsere Habseligkeiten und Waffen abgenommen, als sie uns hierherbrachten. Ich hoffe nur, sie begreifen nicht, was es mit den Medizin Fläschchen auf sich hat, die wir in unseren Beuteln bei uns trugen.“
„Gibt es denn gar keine Möglichkeit hier herauszukommen?“ rief Makraloz verzweifelt.
„Nein, vermutlich bleibt uns nichts anderes übrig, als auf die Verstärkung zu warten…“
„Noch ist nicht alles verloren!“ sprach Pia und ihre Stimme nahm einen verschwörerischen Ton an. „Ich glaube… ich habe da etwas, das uns vielleicht weiterhelfen könnte!“ Sie fasste in ihre Hosentasche und zog einen kleinen Zweig, mit drei Eicheln daran, hervor. „Die hier… haben sie mir nicht weggenommen. Sie dachten wohl, es handle sich dabei um ganz normale Eicheln.“
Die blauen Augen der Frau blickten verschmitzt und Hungoloz fragte: „Sind es denn keine normalen Eicheln?“
Benjamin lachte auf. „Pia du bist genial!“ Dann wandte er sich an den blonden Elf. „Tatsächlich sind das keine normalen Eicheln. Es soll sich dabei um Wunder- Eicheln handeln, die Pia einst von einem gütigen Eichengeist bekam.“
„Einem Eichengeist?“ echote Makraloz und musterte die drei, unscheinbar wirkenden, Früchte interessiert. „Und sie sollen tatsächlich magische Kräfte besitzen?“
„Der Baumgeist sagte es mir jedenfalls. Womöglich… könnten sie uns hier rausbringen. Sie sollen mir, laut der Eichenfrau, drei Wünsche gewähren. Jetzt wäre es wohl an der Zeit, den ersten Wunsch auszusprechen. Allerdings sollten wir besser noch bis zur Nacht warten und es dann ausprobieren. Dann holen wir uns unsere Ausrüstung von den Wachen, die uns hergebracht haben, zurück und stellen uns dann Darkuloz zum Kampf.“
„Ihr wollt… gegen ihn kämpfen?“ sprach Makraloz ängstlich. „Ja. Es wird Zeit, dass wir ihn ausschalten. So geht das nicht weiter,“ stimmte Benjamin seiner Schwester zu. „Wir haben da so eine Waffe, die gegen ihn helfen könnte. Ausserdem tragen wir besonders Schutzgewänder, die wir von der Windfrau bekamen.“ Doch warten wir erst einmal ab!“