Als die Dämmerung bereits wieder hereinbrach, kamen die Freunde wieder bei dem Sphärentor an, durch welches Sara und Silberstern einstmals ins Reich der Trolle gelangt waren. Ohne Probleme konnten sie es alle durchqueren und fanden sich sogleich im Reich der Hundert Juwelen wieder!
„Wir sind zu Hause!“ rief Sara „hier kenne ich mich endlich wieder richtig aus!“
„Wir uns auch!“ freuten sich ihre Begleiter. „Dort hinter dem Wald ragt bereits das Juwelenschloss auf!“ rief Pia. „Ist es nicht herrlich? Los! Lasst uns alle miteinander dorthin galoppieren!“
Das liess sich keiner der Freunde zweimal sagen und laut lachend und jubelnd, stiessen sie ihren Reittieren die Fersen in die Flanken. Beinahe aus dem Stand heraus, setzte die Pferde nun zum Galopp an.
Silberstern war wie immer der Schnellste von ihnen. Nun wusste Sara auch warum und sie lachte voller Freude, während ihr dunkles, langes Haar im Wind flatterte.
Silberstern kannte den Weg ganz genau und setzte problemlos über Steine und Wurzeln.
Schliesslich hatten sie den Wald hinter sich gelassen und das Juwelenschloss ragte nun, in seiner ganzen Pracht, vor ihnen auf. Seine Fassade leuchtete wie Milch und Honig im abendlichen Sonnenschein und die zahllosen Juwelen funkelten und glitzerten ihnen entgegen.
Sara atmete tief auf. Wie schön und friedlich ihre Heimat doch war! Nach all den Unruhen, die sie im Reich der Trolle erlebt hatte, schätzte sie es hier nun umso mehr.
Sie wurde jedoch schon bald wieder ernüchtert, als Silberstern kurz vor der mächtigen Eingangspforte der Schlossmauer, seinen Galopp merklich verlangsamte und schliesslich ganz stehen blieb.
„Es wird Zeit,“ vernahm sie kurz darauf sein Stimme in ihrem Kopf. „Hier werden sich unsere Wege nun trennen.“
Die junge Frau spürte einen Stich im Herzen und erneut übermannte sie tiefe Traurigkeit. „Du… wirst mich jetzt also endgültig verlassen?“ frage sie, obwohl sie die Antwort schon kannte.
„Ja, denn auch für mich wird es Zeit, wieder in meine Heimat- Welt zurückzukehren,“ gab das Einhorn zurück.
„Wo ist deine Heimat- Welt eigentlich?“
Silberstern blickte hinauf in den Himmel und sprach: „Dort oben, irgendwo jenseits des Regenbogens, in einem wundervollen, verzauberten Reich.“
„Werde ich dieses Reich eines Tages vielleicht auch besuchen können?“
„Eines Tages bestimmt, spätestens dann, wenn alle Grenzen aufgehoben sind.“
„Die Grenzen heben sich auf?“
„Ja, vermutlich schon bald.“
„Dann wird es keine Trennung mehr zwischen den Welten geben?“
„Nein, für jene die dem Licht treu bleiben nicht.“
„Aber was ist mit den bösen Wesen?“
„Böse und gut… das ist nicht immer so klar zu unterscheiden. Ein jedes Geschöpf hat Licht und Schatten in sich. Bei vielen wird die neue Zeit das Licht stärken. Doch auch jene die weiterhin in der Finsternis wandeln, werden irgendwo ihren Platz finden. Darum kümmern sich jedoch andere Wesen. Ich und meinesgleichen, haben damit nur wenig zu tun. Uns obliegt es, möglichst vielen dabei zu helfen ihr eigenes, inneres Licht zu erkennen und zu entfalten. So wie du es getan hast, geliebte Freundin.“
Sara, welche nun vom Rücken ihres geliebten Reittieres gestiegen war, schlang erneut ihre Arme um Silberstern und dieser legte sanft sein Haupt auf ihre Schulter. Die Frau spürte dabei seinen warmen Atem und irgendwie war das wunderbar tröstlich.
Währenddessen waren auch Ben und die anderen bei ihnen angekommen. Sara nahm sie jedoch kaum wahr, bis sie schliesslich Benjamins sanfte Umarmung spürte. Sie drehte sich um, kuschelte sich nun in seine Arme und begann wieder zu schluchzen.
„Silberstern… sagt, er müsse jetzt gehen. Ach Ben! Ich bin so traurig! Wie nur soll ich das durchstehen, wenn du dann auch wieder weggehst? Ich habe schreckliche Angst vor diese Einsamkeit!“
„Es wird bestimmt alles gut,“ versuchte sie ihr Liebster zu trösten. „Ich werde so oft als möglich zurück ins Juwelenreich kommen und auch jetzt werde ich bestimmt noch einige Tage dableiben.“
„Du darfst Benjamin und den anderen das Herz nicht so schwer machen,“ vernahm Sara erneut die Stimme des Einhorns in ihrem Inneren. „Ihre Aufgabe ist von immenser Bedeutung! Darum finde die Kraft IN dir Sara! Suche sie nicht ständig ausserhalb von dir! Das ist eine der wichtigsten Lektionen, die ich dir mit auf den Weg geben möchte. Du bist nicht allein. Da ist ja noch deine Tante und auch die Königsfamilie wird dich, jetzt da du Bens Partnerin bist, ebenfalls wie ein Familienmitglied behandeln.“
„Meinst du wirklich?“ fragte Sara.
„Ja. Ganz bestimmt! Darum verzage nicht.“ Silberstern wandte sich nun, ebenfalls telepathisch, an Malek, Pia und Ben: „So lebt denn wohl ihr Helden und viel Glück auf eurem weiteren Lebensweg!“
Und noch während das Einhorn diese Worte sprach, wieherte es nochmals laut zum Abschied, drehte sich dann auf den Hinterläufen um die eigene Achse und preschte in gestrecktem Galopp auf die untergehende Sonne zu..!