Scheinbar träumte Patricia Collins einen sehr lebendigen, schönen Traum. Sie befand sich in einem herrlichen Reich, voll mit Blumen und zauberhaften, rosafarbenen Wolkenformationen. Es gab hier schwebende Berge mit Wasserfällen, riesige Wälder und in der Ferne erkannte man das funkelnde, türkisblaues Meer. Die ganzen Landschaft, die Gewässer und Berge, waren mit zauberhaften Wesen, wie Feen, Elfen, Gnomen etc. bevölkert und Patricia konnte sie alle sehen.
Sie vermochte es sogar zu fliegen. Manuels Mutter gelangte dadurch überall hin, ohne sich dabei anstrengen zu müssen und sie liebte es all die Wunder zu erkunden, welche dieses Traumreich ihr bot. Bis zum Meer, weit in der Ferne, zog es sie. Als sie jedoch in dessen Nähe kam, bäumte sich das Wasser urplötzlich auf und eine riesige Welle kam auf sie zu gerollt. Sie konnte sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen und wurde von der Welle übermann. Dabei spürte sie einen Schlag gegen den Kopf und… verlor das Bewusstsein.
Als sie wieder erwachte, fand sie sich an einem schneeweissen Strand wieder. Das Meer war nun wieder ganz glatt und ruhig und Tausende von Sternen, funkelten am Firmament. Doch… da war noch etwas anderes. Neben den Sternen erblickte sie einen gewaltigen, grünblauen Planeten und dieser erinnerte sie irgendwie an die Erde. Sie fragte sich aber gar nicht, warum sie die Erde aus dieser Perspektive sah. Stattdessen testete sie, ob sie noch immer fliegen konnte. Sie war jedoch seltsam erschöpft und brachte kaum die Kraft dazu auf.
Eine Weile ging sie deshalb dem weissen Strand entlang, der ebenfalls wundervoll paradiesisch wirkte. Einige Palmen wuchsen hier und bunte Fische schwammen in der glasklaren See. Das Ganze kam Pat irgendwie vertraut vor und doch auch wieder nicht.
Schliesslich erblickte sie in der Ferne ein Haus. Erleichtert stellte sie fest, dass es ihr Haus war. Das Haus, in dem sie die letzten Jahrzehnte mit ihrem Mann und ihrem Sohn Manuel gelebt hatte.
Ja, Manuel… wie erging es ihm wohl bei den Turners? Wann würde er wieder nach Hause zurückkehren? Sie musste alles in Ordnung bringen, bevor er wiederkam.
Manuel der hautnah miterlebte, was seiner Mutter gerade durch den Kopf ging, wohnte dem allem tief bewegt bei. Er hatte so viele Fragen, doch er wollte auch wissen, wie es weiterging. So verharrte er in seinem symbiotischen Zustand und verfolgte mit, wie seine Mutter die Treppe hinauf, zu ihrem Haus ging. Die Umgebung sah zwar ganz anders aus, als in der wirklichen Welt. Man fühlte sich eher, als wäre man irgendwo in der Südsee und doch… die Felsen, auf denen das Gebäude etwas erhöht, mit Blick auf das glasklare, türkise Meer stand, waren dieselben.
Seine Mutter drehte sich tief atmend um und liess die ganze Schönheit dieser zauberhaften Welt nochmals auf sich wirken. Sie konnten wirklich mehr als dankbar sein, dass sie hier leben durften.
„Patricia!“ vernahm Manuel auf einmal eine Stimme, die nach seiner Mutter rief. Es war sein Vater Ted. Er war also auch hier! Sein Herz klopfte wild. „Wo warst du denn, ich habe dich überall gesucht!“ sprach sein Vater etwas besorgt.
„Ach…“ erwiderte Patricia. „Ich war nur etwas… spazieren. Ich fühle mich jedoch ein wenig schwach und… habe leichte Kopfschmerzen.“ „Kopfschmerzen? Da geht es mir gleich. Wir sollten uns vielleicht ein wenig hinlegen, dann geht es uns bestimmt bald wieder besser.
Ted legte liebevoll den Arm um Patricia und zusammen gingen sie zurück ins Haus, das zwar sehr Manuels Elternhaus glich, jedoch noch viel schöner und lebendiger aussah. Sanftes Licht, fiel durch grosse Bogenfenster, deren Rahmen verziert mit Schnörkeln und Blumen- Reliefen waren. Der Boden bestand nicht aus Marmor, sondern aus viel wärmer wirkendem Holzparkett und überall wuchsen grosse Pflanzen, den Wänden und den ebenfalls verzierte Stützbalken entlang, nach oben.
Es gab sogar mitten im Wohnzimmer einen Fischteich mit wunderschön, grossen Zierkrapfen darin. Dieser wurde gespeist von einem kleinen Wasserfall der direkt aus der Wand zu kommen schien. Es war wirklich sehr ungewöhnlich und viel naturverbundener als das Original Haus. Doch Manuels Mutter schien das nicht aufzufallen. Sie glaubte wirklich, dass dies ihr zu Hause sei. Dabei jedoch war es offensichtlich, dass sie und ihr Mann die Daseins- Ebene gewechselt hatten und… ohne es zu merken in die jenseitige Welt eingetreten waren.
„Sie haben wirklich kaum etwas von ihrem Übergang gemerkt,“ meinte Manuel, tief erleichtert. „Sie haben also tatsächlich nicht gelitten.“
„So ist es. Sie hatten sehr viele unsichtbare Helfer an ihrer Seite, welche ihnen den Übergang so schön wie möglich gestaltet haben.
Sie halten sich nun in ihrer ganz eigenen, ihnen angepassten Ebene, auf. Mittlerweile wissen sie, dass sie verstorben sind, aber es geht ihnen sehr gut. Auch wenn sie öfters nach dir fragen. Es wurde ihnen von ihren Schutzgeistern jedoch versichert, dass es dir ebenfalls gut geht und du deinen Weg gefunden hast. Bald schon werdet ihr euch wiedersehen.“
„Das wäre natürlich wundervoll.“
„Glaubst du denn nicht daran?“
„Doch schon, aber es wird wohl noch etwas dauern. Noch habe ich meinen Weg ja nicht wirklich gefunden und es stehen mir noch einige Prüfungen bevor. Vielleicht…, wenn ich selbst sterbe, werde ich sie wiedersehen.“
„Oh, ich glaube es könnte unter Umständen schon früher sein,“ meinte der Weisse Ritter zuversichtlich.
„Also ich werde schon früher, als vermutet, sterben?“
„Nein, so meinte ich das nicht. Dazu wirst du nicht sterben müssen.“
„Das verstehe ich nicht ganz.“
„Zu gegebener Zeit, wirst du es verstehen. Es wurde dir doch schon mal gesagt, dass die Grenzen zwischen den Welten des Omniversums, irgendwann nicht mehr sein werden und wenn es so weit ist, wirst du mühelos zwischen den unterschiedlichen Welten hin und her wandeln können.“
„Das klingt vielversprechend!“
„Glaube es ruhig! Du wirst es erleben.“
„Dann werde ich also bei meinem Kampf gegen diese Diktatoren nicht sterben?“
„Wenn alles nach Plan läuft, dann nicht.“
„Und… wenn es nicht nach Plan läuft?“
„Dann wirst du deine Eltern ebenfalls wiedersehen. Es spielt also nicht wirklich eine Rolle.“
„Das sehe ich etwas anders. Ich würde schon gerne noch etwas am Leben bleiben.“
„Also gut, dann streng dich an. So und nun muss ich aber gehen. Es wird Zeit für dich wieder aufzuwachen!“