Benjamin erwiderte so respektvoll wie möglich: „Wir müssen dringend mit dir sprechen grosse Amazone der Meere,“
Alwiana betrachtete ihn genauer und ein beinahe wohlwollender Ausdruck erschien, für den Bruchteil einer Sekunde, auf ihrem Gesicht. Doch sogleich verschwand er wieder und machte kühler Berechnung Platz, als sie sprach: „Wie kommt ihr darauf, dass ich euch überhaupt anhören will?“
„Ihr müsst es einfach!“ rief Pia „das mit diesem Krieg im Wasserreich, das bringt doch nur Elend über das ganze Omniversum! Bitte… ihr müsst diesen Wahnsinn beenden!“
„Und warum, bei allen Geistern, sollte ich das tun!?“ spottete die Undine. „Weil ihr eine gewisse Verantwortung allem Leben gegenüber habt.“
Die Augen der Amazone der Meere verengten sich. „Und wie kommt ihr darauf, dass wir diese Verantwortung nicht wahrnehmen?“
„Weil ihr euch gegen die anderen Wassergeister stellt und das kann nur übel ausgehen!“
„Ach wirklich?“ Alwiana lachte gehässig auf. „Das mag eure Ansicht sein. Doch ich läute damit ein neues Zeitalter ein. Ein Zeitalter, in welchem kein einziges Wasserwesen mehr unterdrückt werden wird.“
„Aber ihr seid doch niemals von euren Königen und Königinnen unterdrückt worden! Nikso und seine Familie waren immer sehr gütig und für sie waren alle Wesen gleich wertvoll!“
„Ach ja?“ Alwianas Stimme nahm einen hasserfüllten Klang an. „Ihr seid also Sympathisanten jener, die glauben das Recht zu besitzen, über uns herrschen zu können? Allein dafür müsste ich euch schon die Köpfe abschlagen.“
Malek baute sich vor der Amazone der Meere auf. „Ihr wollt also tatsächlich die Grossen Führer töten, die in allen alten Schriften unserer Welt, erwähnt werden. Seid ihr denn ganz von Sinnen!?“
Die Undine sprang wütend auf und ihre Hände fassten an die Griffe ihrer Dolche. Doch sie beherrschte sich und zischte: „Könnt ihr denn beweisen, dass diese… Menschlinge wirklich diese Grossen Führer sind?“
„Natürlich sind sie es! Wie könnt ihr das nicht wissen? Das ist doch ein klares Indiz dafür, dass ihr euch auf Abwege begeben habt. Ihr seid gar nicht mehr in Verbindung mit dem All-einen.“
„Ich bezweifle sehr, dass es sich bei ihnen um diese Führer handelt, sonst hätten sie nämlich Verständnis für unseren Kampf.“
„Für diese Art von Kampf, werden wir niemals Verständnis haben,“ erwiderte Ben kalt.
„Wenn er aber einem höheren Zweck dient?“
„Welch einem höheren Zweck, sollte der Krieg zwischen den Geistern des Wassers, denn jemals dienen?“
Einen Augenblick lang, flackerte Unsicherheit in Alwianas Augen auf.
Doch nun ergriff die rothaarige Undine neben ihr das Wort: „Lass dich doch nicht von diesen… Verrätern verunsichern Alwiana!“
Ihre dunklen Augen musterten die Geschwister feindselig.
„Sie sind Lügner. Es gibt keine grossen Führer.“ „Aber in den alten Schriften steht tatsächlich etwas davon,“ gab die Amazone der Meere zu bedenken.
„Die Schriften mögen von zwei grossen Führern sprechen, doch die hier, sind es bestimmt nicht! Du kennst meine Fähigkeiten. Ich kann die Wahrheit sehen.“
Bist du etwa eine Seherin oder eine Magierin?“ wollte Malek an die Rothaarige gewandt wissen.
„Ein wenig von beidem,“ gab diese arrogant zur Antwort. „Und… ich bin ausserdem eine der Besten.“
„Wie ist es dann beim Grossen Geist möglich, dass du meine beiden Freunde nicht als die Grossen Führer erkennst?“
„Weil sie es ganz einfach nicht sind. Sie sind… nun sagen wir mal… Scharlatane.“
Der Blick der Rothaarigen verbiss sich in jenem von Malek und die beiden starrten sich, eine endlos scheinende Weile, nur an. Es machte den Anschein, als trügen sie ein magisches Duell aus.
Auf einmal jedoch, taumelte Malek benommen zurück. Schweiss glänzte auf seiner Stirn und er wirkte auf einmal sehr erschöpft.
„Du siehst, ich bin einer der Besten,“ spottete die Undine. Dann wandte sie sich erneut an Alwiana: „Die drei sind nichts wert. Wirf sie in den Kerker und lass sie bei Morgengrauen hinrichten!“
Die Amazone der Meere wirkte einen Moment lang etwas unschlüssig und ihre Augen begegneten nochmals jenen von Benjamin. Sein Ausdruck war flehend. Doch die rothaarige Undine sprach zu Alwiana: „Denk daran, was Nikso dir alles angetan hat! Die drei sind seine Freunde. Ich habe es deutlich gesehen. Ihnen liegt nichts an uns. Sie wollen doch nur, dass unser Volk weiter in Knechtschaft leben muss. Lass das nicht zu!“
Alwianas Gesicht nahm nun wieder den harten, verkniffenen Ausdruck an und sie ballte die Faust.
„Du hast recht! Führt die drei ab! Morgen werden sie hingerichtet!“
„Aber das dürft ihr nicht tun!“ rief Pia verzweifelt. „Ihr schneidet euch doch damit nur ins eigene Fleisch!“
„Das lasst mal meine Sorge sein.“
„Was nur ist in euch gefahren? Das kann doch nicht richtig sein!“ „Oh doch, es ist richtig! Weil der von euch so verehrte Nikso, nicht jener ist, für den ihr ihn haltet. Er versteht es schöne Worte zu sprechen, doch seine Seele ist schwarz wie die Nacht!
Er hat meine geliebte Schwester misshandeln und töten lassen. In den Kellern dieses Schlosses gibt es Kerker, mit allerlei Foltergeräten. Viele dieser Undinen hier, mussten schrecklicher Qualen durch die Hand der Königsfamilie erdulden. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Wenn ich sie nicht befreit hätte, wären sie dem Wahnsinn verfallen oder noch Schlimmeres. Auch meine Schwester fand ich in einem jener schrecklichen Kerker. Doch sie war bereits tot. Almora hier…,“ sie deutete auf die rothaarige Undine, „stiess kurz darauf zu uns und bot mir ihren magischen Beistand für den Kampf gegen Nikso und seine Getreuen an. So nahm alles seinen Anfang. Ich wollte zu Beginn eigentlich nur die Königsfamilie der Zuckermeerreiches töten, doch dann mischten sich auch noch die Nixen und Meermänner der anderen Reiche ein und es kam zum grossen Krieg.
Nikso und seiner Familie gelang es, irgendwie zu fliehen. Seither suche ich nach ihnen.“
Sie ballte nun beide Fäuste. „Und ich werde nicht eher ruhen, bevor diese verfluchte Königsfamilie, die meinem Volk so viel Leid zugefügt hat, endlich das bekommt was sie verdient! Wir werden nie wieder die ergebenen Dienerinnen sein, die wir einst waren. Nie wieder!“ Alwiana schlug auf die Armlehne des Thrones, um ihren Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen.
Almora lächelte triumphierend und sprach: „Wie ihr seht ist unsere Anführerin fest entschlossen. Nun wünsche ich euch ein angenehme, letzte Nacht!“ Sie machte eine gebieterische Handbewegung und die drei Freunde wurden ein weiteres Mal, von einigen kräftigen Kriegerinnen abgeführt.