Hilfe für Hungoloz und
neue Herausforderungen
Die Freunde liefen die Treppe zum Zimmer des Waldelfen hinauf und fanden diesen dort in einem wahrlich besorgniserregenden Zustand vor. Er wirkte nun noch bleicher, seine sonst eher bronzefarbene Haut, war aschfahl, fast durchsichtig und sein flacher Atem kalt. „Ich habe ihm immer wieder von meinen Kräften gegeben,“ meinte Lumniuz, „aber kurz nachdem ihr uns damals verlassen habt, verschlechterte sich sein Zustand und er hatte auf einmal keine Wachphasen mehr. Ich bis so froh, dass ihr wiedergekommen seid, denn ich weiss wirklich nicht, wie lange er noch hat.“
Pia setze sich mit tiefster Besorgnis an den Bettrand des blonden Elfen und nahm seine kalte Hand in ihre. Wieder brannten Tränen in ihren Augen. „Bald geht es dir wieder besser!“ flüsterte sie und spürte, wie sehr sie der Zustand dieses jungen Mannes doch mitnahm. Es war ihr fast so, als läge sie selbst auf diesem Lager, als wäre sie selbst direkt betroffen von dieser schrecklichen Seuche, die alles Leben aus ihren Opfern herauspresste. Der Gedanke das Hungoloz, dem sie sich so nahe fühlte, innerlich langsam erfror, war ihr unerträglich. Benjamin trat zu ihr hin und drückte sanft ihre Schulter, während er ihr ein Fläschchen mit der Feuerblumen- Medizin reichte. Sie nahm diese mit zitternden Händen entgegen und flösste Hungoloz dann vorsichtig das Elixier ein. Dieser hustete kurz, doch dann schluckte er die Flüssigkeit herunter. Nun konnten die Freunde nur noch warten und hoffen.
„Seine Hand wird wärmer!“ rief Pia auf einmal und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. „Sein Atem geht auch schon viel regelmässiger,“ stellte Lumniuz fest. „Ich glaube tatsächlich es wirkt. Gepriesen sei der gütige Geist!“
„Er bekommt auch schon etwas mehr Farbe,“ freute sich Ben und scharte sich, zusammen mit den anderen, um das Krankenbett. Und dann auf einmal… öffnete der Waldelf seine Augen! Sein Blick richtete sich zuerst auf Pia, welche neben ihm sass und seine Hand hielt.
„Du… bist wieder da,“ sprach er, „wie schön!“ Seine goldenen Augen leuchteten wie Sterne. Doch er war sehr müde und seine Lider senkten sich nochmals erschöpft hernieder. Kurz darauf, öffnete er sie jedoch wieder und schaute nochmals um sich. „Ihr… seid alle wieder da! Was… ist denn geschehen? Ich erinnere mich nur noch an Schwärze und Kälte, die meinen Schlummer durchzog. Aber dann auf einmal… war da dieses Licht, diese… Wärme und dann… wart ihr hier. Träume ich noch immer oder bin ich wirklich zurück?“
„Du bist zurück, alter Junge!“ sprach Lumniuz mit glänzenden Augen „ich hätte die Hoffnung beinahe aufgegeben.“
„War es denn schon so schlimm?“
„Ja, wir wussten nicht ob du überlebst, aber Pia und die anderen, haben ein Heilmittel gefunden. Es sind die sogenannten Feuerblumen. Sie sind das einzige, das gegen diese schreckliche Seuche hilft.“
Benjamin holte eine, der in Quarz gegossenen, Blumen hervor und zeigte sie dem Waldelfen.
„Sie ist… wunderschön! Bestimmt war sie nicht leicht zu bekommen.“
„Nein, wir mussten in die Feuerwelt, uns eine launischen König stellen und schliesslich noch gegen einen verderbten Lava- Drachen kämpfen,“ meinte Ben grinsend.
„Immer wenn ihr im Märchenreich seid, müsst ihr gegen irgendwelche Drachen oder sonstige Monster antreten,“ sprach Hungoloz, mitfühlend lächelnd.
„Ja, das scheint wohl unser Schicksal zu sein.“ erwiderte Pia. „Aber all das hat sich mehr als gelohnt. Denn nun bist du zu uns zurückgekehrt und wir werden noch vielen anderen mit dieser Medizin helfen können.“
„Ja, das stimmt! Wir müssen unbedingt einen Ort einrichten, wo die Kranken hingebracht werden können!“ rief der Elf und wollte sich aufsetzen, ohne dabei Pias Hand jedoch loszulassen. Lumniuz allerdings, drückte ihn entschlossen in die Kissen zurück und meinte tadelnd: „Du wirst dich jetzt erst einmal richtig erholen. Wir werden uns um alles kümmern.“
„Aber… ich habe schon genug Zeit verplempert. Ich will auch meinen Beitrag leisten.“
„Das kannst du auch Morgen noch. Ruh dich zuerst aus!“
„Also gut, aber danach müsst ihr mich über alles informieren, das während meiner langen Krankheit geschehen ist.“ „Das werden wir, wenn du wieder auf dem Damm bist. Hast du vielleicht Hunger?“ „Ja, eigentlich ziemlich. Diese Feuerblumen und auch eure Gegenwart, wirken wahre Wunder.“
„Dann holen wir dir jetzt erst mal etwas zu essen,“ sprach Pia und erhob sich.
Der Waldelf hielt ihre Hand jedoch noch immer fest. „Kommst du bald wieder? Ich möchte nicht nochmals so viele Jahre warten, bis wir uns mal richtig unterhalten können.“
„Ich bin bald zurück,“ erwiderte die Frau verlegen. Hungoloz blickte sie mit einem ganz besonderen Ausdruck in seinen Augen an, welcher sie noch mehr durcheinanderbrachte. Schnell wandte sie sich ab und verliess den Raum. Die anderen folgten ihr, vielsagend lächelnd.
Im Laufe des Tages, begannen sich Benjamin und Manuel zusammen mit Lumniuz nach einer geeigneten Lokalität umzuschauen, wo die Kranken hingebracht werden konnten. Bald war diese gefunden. Es war ein grosser, selten benutzter Saal, im Erdgeschoss des Schlosses. Dieser war gut durch eine Tür von aussen erreichbar und es gab sogar noch ein Duzend Betten, die man hier einst eingelagert hatte. Bald war alles eingerichtet und Boten, sowie Brieftauben, wurden nach allen Himmelrichtungen ausgesandt, um die frohe Kunde zu verbreiten, dass es im Schloss ein Heilmittel zu beziehen gab, welches gegen die neue Erfrierungsseuche half.
Pia kümmerte sich vorwiegend um Hungoloz welcher nun sehr schnell wieder zu Kräften kam.
Am Abend war alles so weit eingerichtet und die Freunde trafen sich zum Abendessen im Speisesaal. Auch zwei Abgesandte des Waldelfen- Volkes waren dazu eingeladen worden. Darunter auch Tartaloz, den sie schon bei ihrem letzten Besuch hier kennengelernt hatten. Er und ein weiterer Elf waren im Schloss geblieben, weil sie in der Nähe von Hungoloz ihrem neuen, potenziellen Anführer bleiben wollten. Natürlich war ihnen zu Ohren gekommen, dass dieser nun auf dem Weg zur Genesung war.
Als alle anwesend waren, begannen die Versammelten, über ihre weiter Vorgehensweise zu reden.
„Ich würde mich, mit zweien der Alchemisten des Schlosses, Morgen gerne um die Herstellung der Pollenmedizin kümmern,“ sprach Manuel. „Wäre das in Ordnung?“ „Ich glaube schon,“ sprach Benjamin. „Du bist der einzige, der alles was in dem Buch steht auch lesen kann und ich bin sicher du machst das sehr gut. Die zwei Alchemisten können dich mit ihrer Erfahrung unterstützen.“
„Wenn wir die Pollen- Medizin dann haben, könnte man auch einige Kisten davon in weiter entferntere Landstriche entsenden,“ meinte Lumniuz. „Viele sind vermutlich schon zu krank, um die weite Reise zum Schloss anzutreten.“
„Wir könnten gleich etwas von der Medizin zum Waldvolk bringen, wenn wir zusammen mit Hungoloz dorthin zurückkehren,“ sprach Tartaloz. „Wie geht es mit seiner Genesung eigentlich voran?“
„Pia sagte, es gehe sehr gut voran,“ erwiderte Ben. „Ach ja, wo ist eigentlich Pia?“
„Vermutlich betreut sie noch immer unseren kranken Freund,“ schmunzelte Lumniuz. Dann wandte er sich wieder an Tartaloz: „Ihr könnt natürlich gerne etwas von der Medizin zum Waldvolk mitnehmen, wenn ihr uns wieder verlasst. Ich hoffe die Produktion läuft reibungslos.“
„Manuel macht das bestimmt sehr gut,“ erwiderte Benjamin überzeugt und klopfte dem 20- jährigen leicht auf die Schulter.
„Ja, das glaube ich auch!“ erklang auf einmal Pias Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich alle um und blickten der blonden Frau entgegen. Diese betrat nun, etwas scheu lächelnd, den Speisesaal. Hungoloz ging, auf noch etwas wackligen Beinen neben ihr her, während sie ihn leicht mit dem Arm stützte.
„Er wollte nicht mehr im Bett bleiben,“ sprach Pia entschuldigend „er meinte, er fühle sich… als könne er Bäume ausreissen! Tja, was soll man da machen?“