Benjamin lief zu Sara und umarmte sie spontan. Das Mädchen lief dabei rot an, vor Verlegenheit. „Es ist einfach unglaublich, dass du hier bist!“ rief der blonde Mann. „Wie um alles in der Welt ist so etwas möglich?“
„Ja, das ist wirklich unglaublich!“ bestätigten auch Malek und Pia und umringten Sara neugierig. Trion der nun ebenfalls herzlich begrüsst worden war, meinte schmunzelnd: „Ja, das ist wirklich eine ganz besondere Geschichte. Eure Freundin Sara scheint aus irgendeinem Grund über ein Sphärentor gestolpert zu sein. Dazu kommt noch, dass sie unserer einstigen Urmutter Tri- Chan zum Verwechseln ähnelt.“
„Tri- Chan? “fragte Ben neugierig.
„Ja, laut unserer Legenden, ist sie die wichtigste Vorfahrin des gesamten Trollenvolkes und sie sah genauso aus, wie Sara. Triandra und ich dachten uns, dass dies ein Zeichen sein muss. Es gibt bestimmt einen Grund, warum sie den Weg hierher gefunden hat, obwohl sie die Sphärenwanderung gar nicht wirklich beherrscht. Das ist auch mit ein Grund, warum wir euch aufsuchten. Ausserdem gelten Greife als sehr weise Wesen, die viel mehr Wissen besitzen als wir.“
Er blickte nun an dem riesigen Mischwesen, mit dem scharfen Schnabel, den rotglühenden Federn und dem gewaltigen Löwenpranken empor und meinte ehrfurchtsvoll: „Vielleicht kannst du uns ja ebenfalls bei unseren Problemen helfen, oh grosser Greif!“
„Ich denke, da lässt sich bestimmt etwas machen,“ erwiderte dieser mit seiner dröhnenden Stimme, die alle Anwesenden kurz zusammenzucken liess. „Wir haben bereits auf euch gewartet…“
Ein waghalsiger Plan/ Zwei Herzen finden sich
„Haben wir das?“ fragte Benjamin etwas überrascht.
„Richtig. Alles geschah genauso wie es geschehen sollte. Besonders Saras Anwesenheit hier, wird uns dabei helfen, den Frieden zwischen den verfeindeten Trollensippen wieder herzustellen.“
„Aber wie soll das zugehen?“ wollte Sara ungläubig wissen. „ Triobalds Anhänger haben mich schon einmal beinahe umgebracht. Wenn mich Trion nicht gerettet hätte, wäre ich nicht mehr am Leben.“
„Sie hat recht,“ meinte Trion. „Diese Abtrünnigen kümmern sich nicht um Tri- Chan. Viel mehr wollen sie alles zerstören, was uns mit unserem Ursprung verbindet. Auch die Spiritualität in unserem Volk, versuchen sie um jeden Preis auszurotten.“
„Das mag sein, doch wenn nun die Friedensstifterin Tri- Chan wahrhaftig zurückkehren würde, dann würden auch Triobald und seine Leute davon nicht unberührt bleiben.“
„Da habe ich ehrlich gesagt meine Zweifel.“
„Zweifel helfen uns hier nicht weiter,“ meinte der Greif unwirsch und blickte Trion durchdringend an.
Sara kam ihrem Begleiter zu Hilfe und meinte: „Trion hat leider Recht. Ich bin nun mal nicht diese berühmte Trollen Vorfahrin. Auch wenn ich so wie sie aussehe. Ich kann nicht jemanden spielen, der ich nicht bin.“
„Doch das kannst du, denn du weisst wie viel auf dem Spiel steht,“ sprach der Greif ernst.
„Auch wenn ich das weiss, so bin ich doch nicht sonderlich mutig und auch keine wirklich gute Schauspielerin.“
„Ich finde es auch etwas gefährlich Sara als Lockvogel zu benutzen,“ gab Benjamin zu bedenken und legte beschützend den Arm um die junge Frau. Diese nickte ihm dankbar zu.
„Ich verstehe eure Bedenken. Doch glaubt mir, dieses Vorgehen ist der einzig richtige Weg. Es hat, wie vermutet, einen tieferen Sinn, das Sara hergekommen ist. Es wurde so von den Mächten Lichts bestimmt.“
„Aber… ich habe schreckliche Angst!“ sprach Sara und auf einmal stiegen Tränen in ihre Augen.
„Das musst du nicht haben. Ich bin ja da und falls es brenzlig werden sollte, kann ich noch immer meine Macht spielen lassen,“ beschwichtigte sie das Mischwesen. „Allerdings sollten wir eine friedliche Lösung immer der Gewalt vorziehen.“
„Wie aber stellst du dir das Ganze vor?“ wollte nun Malek wissen. Der Greif senkte sein Haupt, dass dieses sich schliesslich auf Augenhöhe der Freunde befand und meinte dann: „Zufällig weiss ich, dass Triobalds Armee sich in drei Tagen am See der tausend Tränen sammeln wird. Dort werden wir und alle Trolle, die auf unserer Seite kämpfen, ebenfalls auftauchen. Allerdings ohne jegliche Waffen.“
„Ohne Waffen?!“ rief Trion entsetzt aus. „Aber das geht nicht! Triobald und seine Leute, werden uns sogleich niedermachen!“
„Das glaube ich nicht. Ich glaube vielmehr, dass das Erscheinen ihres einstigen Idols Tri- Chan, sie zum Nachdenken bringen wird. Und wenn unsere Leute ohne Waffen erscheinen, werden sie ganz bestimmt nochmals ziemlich irritiert sein.“
„Aber… das ist unglaublich riskant!“ rief Sara. „Ich… ich kann das nicht! Es tut mir leid!“ Mit diesen Worten lief sie weinend aus der Höhle.
„Sara!“ rief Benjamin. „So warte doch!“ Besorgt lief er ihr hinterher. Die anderen blieben ziemlich erschüttert zurück.
„Das arme Mädchen!“ sprach Trion. „Ich kann gut verstehen, dass ihr dieser Plan grosse Angst macht. Ich muss sagen, dass es mir nicht viel anders geht als ihr. Das Ganze ist schlichtweg wahnsinnig. Triobald und seine Schergen werden da niemals mitmachen.“
Der Greif erwiderte bekümmert: „Aber es ist der beste Weg. Es tut mir leid, dass ich euch das zumuten muss. Aber ihr müsst mir einfach vertrauen.“
„Wir vertrauen dir ja schon,“ erwiderte Pia „doch für Sara ist das Ganze schlichtweg zu angsteinflössend. Sie hat bisher stets behütet im Reich der Hundert Juwelen gelebt und kam niemals mit Krieg oder dergleichen in Berührung. Ben, Malek ich und auch Trion, haben da schon einiges mehr an Erfahrung. Ich glaube, sie braucht einfach mehr Bedenkzeit.“
„Viel Zeit bleibt uns bedauerlicherweise nicht mehr,“ meinte der Greif.
„Aber wir können Sara doch nicht dazu zwingen, als Tri- Chan aufzutreten. Gibt es denn wirklich keinen anderen Weg? Vielleicht könnte ja ich die Rolle von Tri- Chan übernehmen. Wir müssten dazu einfach einen Verwandlungszauber anwenden.“
„Das wäre leider nicht halb so überzeugend, wie wenn Sara diese Rolle übernimmt. Sie ist genau dafür hergeführt worden.“
„Aber… es muss doch einen anderen Weg geben!“
„Das kann sein, doch kein anderer Weg ist so erfolgsversprechend wie dieser.“
„Was macht dich da bloss so sicher?“ fragte Pia verzweifelt.
„Noch kann ich dir nicht mehr dazu sagen. Ich muss euch einfach nochmals bitten mir zu vertrauen.“
„Also gut, wir werden es versuchen,“ meinte Trion schliesslich. „Aber versprich uns, dass du uns beistehen wirst, wenn Triobald uns dennoch angreifen sollte.“
„Ich verspreche es. Allerdings werde ich mich anfangs im Hintergrund halten. Sollte die Sache aus dem Ruder laufen, bin ich jedoch sogleich zur Stelle.“
„Also gut, dann werde ich also mal unsere Leute zusammenrufen und sie von diesem... wahnsinnigen Plan in Kenntnis setzen. Viele von ihnen sind ja nicht mehr übriggeblieben.
„Und wir werden erst einmal nach Sara und Benjamin schauen,“ meldete sich Malek zu Wort.
„Das ist gut! Tut das! Wir treffen uns in zwei Tagen wieder auf dem Hügelkamm über dem Tränensee. Bis dann!“