17:09 bis 17. 56 Uhr
Ich habe drei Katzen und ich bin müde.
Ich wollte nur zwei Katzen und eine zeitlang war das so, bis Pupsi kam. Auf lauten Pfoten und mit Gebrüll, derweil wir in Kampanien weilend keine Ahnung hatten, bis meine Mutter, die hier wegen der hauseigenen zwei Katzen einzieht, wenn wir verreisen, ein Foto schickte.
Die Sterne stürzen vom Himmel. Perseidensturm im Süden, bestaunt von mir, den Schopf an der Schulter meines Liebsten, in der Hand einen Mojito, als das Handy plingt. Ich sehe nach und ein Foto. Eine graubraun-getigerte, ziemlich kleine Katze steht im strömenden Regen hinter unserer Terrassentür und begehrt Einlass, indem sie sich lang macht, Vorderpfoten auf Glas.
Mutter: Weißt du, wem die Katze ist? Die kommt dauernd!
Ich: Keine Ahnung. Frag mal Frau H. oben an der Sackgasse. Oder die Schwestern nebenan.
Sie hat gefragt. Sogar mit Hilfe einer Nachbarin einen FB-Aufruf gestartet, auf den sich niemand meldete, und nebenher das kleine Monster täglich mehrfach zum Feld getragen. Nur leider war es vor Muttern wieder im Haus. Man hat ja die Türen auf, bei mehr als 30 Grad, und wenn es nicht regnet. Lange Rede, kurzer Sinn: Pupsi war immer da und ein Monster, weil die feliden Prinzessinnen Lily und Emma von ihr gejagt und getriezt wurden. Böse Absicht ist nicht zu unterstellen, der Altersunterschied machts. Sie will ja nur spielen.
Und fressen. (viel)
Und schlafen (auch viel, auf den bevorzugten Schlafplätzen der Prinzessinnen)
Und wieder spielen.
Als wir heimkamen, nannten wir sie Pupsi, weil sie Blähungen hatte. Nach circa einem halben Jahr, in dem wir sie abends/nachts stets rausgeworfen haben, erfuhren wir, wem sie gehört.
Und wie sie heißt, nämlich Günes.
Und dass sie dort keine Katzenklappe haben, aber das macht nichts, denn Günes ist Tanzmeisterin an der Scheibe und schön schreien kann sie auch. "Laßt mich rein!" Ich will rein!" (hopshops)
Leider schrie und tanzte sie bevorzugt bei uns und wir ließen sie rein.
Wenn sie nicht tanzte, schmuste sie auf de anderen Seite des Hauses mit der Fensterscheibe zur Küche, sodass ich täglich mit Glasrein Nasenabdrücke auf Glas entfernte. Je nach Wetter brachte ich es entweder nicht fertig, sie draußen zu lassen (triefnasse Katze) oder es war unmöglich, weil heiß und hier alles offen.
Lily und Emma fanden das nicht schön.
Ich eigentlich auch nicht. Ich wollte, dass die Besitzerin sich um das Tier kümmert, also versuchte ich es mit ein paar SMS, denn ich hatte inzwischen ihre Handynummer. In der Folge wurde ich beschimpft, weil ich die Katze ja nicht reinlassen müsste.
Ich: Sie haben ja nicht mehr alle Nadeln an der Tanne! Ich setze mich kaum bei 30 Grad in mein verbarrikadiertes Wohnzimmer, nur damit ihre Katze nicht reinkommt! Und wenn Sie sie reinließen, müsste sie auch nicht durchnässt im Regen stehen!
So schleppte sich ein Jahr dahin, in dem Günes niemand haben wollte. Weil sie offenbar nachts nicht mehr heimging (oder durfte) kam sie, um bei uns zu schlafen und zu fressen, was Lily und Emma am Allerwertesten vorbeiging, denn Günes war die meiste Zeit des Tages eine bewegungslose Symbiose mit der Katzenschlafburg.
In diesem Herbst/ Winter warfen wir sie so lange abends raus, bis es wirklich kühl wurde.
Dann wurde es kalt.
Und nass.
Und ich wütend.
Fest entschlossen Tabula rasa zu machen, stürmte ich in das Geschäft, in dem die Besitzerin arbeitet. Nachdem ich dort etwas gekauft und in meiner Handtasche verstaut habe, sage ich freundlich: "Ihre Katze ist immer noch jeden Tag bei uns. Wenn sie möchten, können sie sie ja mal abholen kommen."
Das war schon zu nett. Und im Konjunktiv, verdammt! Du hast das falsche Sternzeichen, Tiane, definitiv.
Sie nickt auch nur, grinst doof und schwafelt darüber, dass Katzen nun mal machen, was sie wollen.
Nach dem Austausch von Höflichkeitsfloskeln steuere ich mein Auto an und ärgere mich maßlos. Wutentbrannt zünde ich mir eine Zigarette an.
Tabula rasa?
Du, Tiane?
Mist, Mist, Mist........merda maledetta!
Mit überhöhter Geschwindigkeit rase ich nach Hause, wo ich Günes vor der Tür vorfinde. Verkniffenen Gesichtes nehme ich sie mit rein und füttere drei Katzen. Zwei beäugen eine misstrauisch. Freunde werden die nicht, weshalb ich lieber bei zwei Katzen bliebe, aber verdammte Axt! Das Tier ist mager!
Und am nächsten Tag krank.
Zwei Tage verlässt sie die Schlafburg nicht. (Sie ist pink! Die Burg ist pink und hat Zinnen und einen Wimpel und jetzt schläft der Hofnarr darin!)
Beim Frühstück überlege ich laut, der Nachbarin Bescheid zu sagen, damit sie mit der Katze zum Tierarzt fährt, aber der Liebste schüttelt vage den Kopf. Sein Blick huscht zu dem traurigen Bündel Fell, das viel zu schnell vor sich hin atmet. "Ich fahr' gleich. Ruf Du doch schonmal beim Doc an."
Ich leere meine Kaffeetasse nickend und klemme mich ans Telefon. Das Einfangen der Katze gestaltet sich simpel, weil sie nur ausgepflückt werden muss, und somit gegenteilig zu den Prinzessinnen. Leider sieht Lily Tom mit dem KenneL und stürmt durch die Klappe. (Missverständnis!) In der Folge stürmt Lily 24 Stunden aus der Klappe, wenn sie Tom nur sieht. Die Lage beruhigt sich erst, nachdem ich ihn gebeten habe, den Kennel wieder auf den Dachboden zu räumen. Erst dann schleicht sich das Begreifen in Lily Bewusstsein: Niemand will sie zum Tierarzt bringen. Drei Tage später darf er sie wieder anfassen. An Emma ist das Intermezzo spurlos vorbeigezogen. Sie verschlief es.
Aber keine Stunde nach dem Telefonat ist Günes beim Tierarzt. Keine zwei Stunden später sind sie zurück, der Kennel wird geöffnet, das Tierchen schwankt heraus und....
Ja....direkt auf die Näpfe zu, von denen sie alle leert. Sie frisst! Das erste mal seit 2 Tagen. Hiernach jedoch entschwindet sie wieder in der Burg.
"Der Doc vermutet ne Erkältung . Sie hat hohes Fieber und Antibiotikum gespritzt bekommen."
"Und jetzt?", ratlos schiebe ich mir das Ponyhaar aus der Stirn, "wenn sie wieder draußen übernachtet? Sie kann ja nicht durch unsere Klappe. Wir können sie ja nicht von der Klappe registrieren lassen, weil sie nicht gechippt ist."
"Ich hab' sie Chippen lassen", er zwinkert mir zu, "sie ist jetzt einfach uns."
120 Euro Arztkosten und Fürsorge geben ihm Recht, denke ich. Und dass das auch eine Art ist, Tabula rasa zu machen.
Es hat nie jemand nach ihr gefragt.
Was Lily und Emma bedauern, denn Freunde werden sie nie.
Ich habe drei Katzen und ich bin müde, denn gesund ist das Pupstier ein Energiebündel. Werde ich wach, steht sie neben der gelben Kordel und wartet. Was immer ich tue, ich wedele nebenher mit der Schnur. Beim Staubsaugen werfe ich Plüschmäuse, beim Bügeln wedele ich mit der Kordel, beim Kochen rufe ich den Liebsten, damit er wirft und wedelt. Stundenlang, denn wenn ich es nicht mache, jagt sie die Prinzessinnen.
Sie meint es nicht böse.
Sie will nur spielen