Ray könnte sich durchaus daran gewöhnen, auf diese Weise in den Tag zu starten. Schweigend saß sie neben Lee und genoss die angenehme Stille. Sie beide tranken ihren Kaffee und er verspürte im Moment wohl auch nicht den Drang, ihr ein Gespräch aufzudrängen. Ray war das nur Recht. Sie selbst war zwar nach dem Aufstehen nicht schlecht gelaunt, aber sie hatte dann auch selten Lust auf große Unterhaltungen. Lieber trank sie stumm ihren Kaffee und nutzte die friedliche Stille, um ihre Gedanken zu sortieren, ehe ein neuer Tag begann. Oder eine Nacht, wie in ihrem Fall.
Erst als Ray jetzt den letzten Schluck des bitteren Getränks heruntergeschluckt hatte, durchbrach Lee die Stille.
„Also wollen wir?“
Sie nickte und rutschte vom Barhocker, um ihm zur Wohnungstür zu folgen. Dort nahm er seine Jacke vom Haken und half ihr ganz gentlemanlike in die ihre.
Nachdem Lee dann einige Zahlen in die Alarmanlage eingetippt hatte, verließen sie das Apartment und traten auf den geräumigen Flur.
„Also, wohin soll es gehen?“, fragte Lee und Ray nannte ihm ihre Adresse. Einen Moment überlegte er. „Ich kenne mich in der Gegend nicht sonderlich gut aus… Aber da gibt es doch ein Diner, wenn ich mich nicht irre.“
Ray nickte. „Ja, „Max‘ Diner“ liegt nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt.“
„Gut, dann sollte das passen.“ Lee breitete die Arme aus, als wolle er sie umarmen. Verwundert legte Ray den Kopf schief. War das sein ernst?
Als sie nicht reagierte, zog er die Augenbrauen nach oben. „Na, komm schon!“
Noch immer verstand Ray nicht, was das werden sollte.
„Worauf wartest du?“ Lee kam zu ihr und zog sie so plötzlich in seine Arme, dass sie vor Überraschung erst reagieren konnte, als er sie bereits fest umschlungen hielt. „Was…“, brachte sie hervor und schaute zu ihm auf.
Sie stand so dicht an ihn geschmiegt, dass sie sein Aftershave riechen konnte und als sie jetzt in seine tiefblauen Augen schaute, musste sie schlucken. Ihr Herz setzte einen Schlag aus und klopfte dann in einem so wilden Rhythmus in ihrer Brust, dass sie glaubte, es würde gleich herausspringen. Es war absolut albern und sie konnte sich die Reaktion ihres Körpers nicht erklären, aber es ließ sich auch nicht leugnen, dass seine Nähe ihr den Atem raubte.
„Halt dich fest“, flüsterte Lee und sein Atem strich ihr über die Wange.
Instinktiv folgte sie seiner Aufforderung und dann verlor sie den Boden unter den Füßen.