Nachdem der Arzt Lee mehrfach versichert hatte, dass Rays Verletzungen bestens verheilten und sie inzwischen schon fast ganz genesen war, hatte er mit ihr das Krankenhaus verlassen. Inzwischen hatte Lee auch das leichte Prickeln in seinem Innersten entdeckt, dass sich verstärkte, je näher sie ihm war. Es war, als spüre er ihre Anwesenheit unter seiner Haut.
Natürlich hatte er bereits gewusst, dass blutsverbundene Vampire den anderen spürten, aber es nun am eigenen Leib zu erfahren, war etwas ganz anderes. Es fühlte sich seltsam und gleichzeitig wunderbar an. Ray gehörte nun zu ihm und er war mehr als zufrieden, dass dies so war.
Lächelnd griff Lee jetzt nach Rays Hand, als sie aus dem großen unscheinbaren Gebäude, in dem sich das Krankenhaus befand, hinaus ins Freie getreten waren.
In einer fließenden Bewegung zog er ihren schlanken Körper an sich und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken.
„Was soll das denn werden?“, fragte sie und sah zu ihm auf.
„Eigentlich würde ich gern dort weitermachen, wo Lina uns vorhin gestört hat“, erklärte er leise und als er sah, dass sie zu einer Erwiderung ansetzte, legte er ihr rasch einen Finger auf die Lippen. „Aber ich weiß natürlich, dass dein Bruder gerade oberste Priorität hat. Versprich mir nur, dass wir später über uns sprechen werden.“
Sie senkte die Lider und sah ihn nicht an, dann nickte sie aber und Lee lächelte erleichtert. Mit den Fingern hob er ihr Kinn, sodass sie wieder zu ihm aufschaute. „Und keine Alleingänge“, verlangte er. „Wir werden deinen Bruder finden. Gemeinsam.“
Ray presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und Lee befürchtete schon, dass sie ihm widersprechen würde. Dann überraschte sie ihn allerdings vollkommen, indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen Kuss auf die Wange drückte. „Danke“, sagte sie dann und lächelte.
Lee musste einmal tief durchatmen, um sich daran zu erinnern, was er gerade gesagt hatte. Sie mussten sich jetzt um Isaac kümmern und dann würden sie endlich Zeit für sich haben.
Rasch umfasste Lee sie deshalb wieder und teleportierte sich mit ihr zum Anwesen der Claks. Dort führte er sie durch das Tor hindurch, um sie dann direkt auf den Treppenabsatz zu teleportieren.
Als er Ray losgelassen hatte, betätigte er die Klingel und es dauerte nicht lange, bis ihnen geöffnet wurde.
„Hallo“, sagte Cam, die eine enge Jeans und einen dunkelgrünen Pullover trug. Sie schenkte Lee ein Lächeln, ehe ihr Blick zu Ray wanderte. Überrascht zog sie die Augenbrauen nach oben. „Du bist schon wieder auf den Beinen?“
Lee räusperte sich, ehe Ray antworten konnte. „Können wir reinkommen?“, fragte er, denn die Erklärungen zu Rays rascher Genesung würden vermutlich eine längere Unterhaltung werden.
„Natürlich“, erwiderte Cam sofort und machte ihnen Platz.
Als Ray zögerte, legte Lee ihr die Hand auf den Rücken und schob sie vor sich ins Innere des Hauses, wo sie Cam in die Bibliothek folgten.
„Sind Bastian und Duncan da?“, wollte Lee wissen, ehe er mit Ray auf einem der Sofas platznahm.
„Sie sind unten im Büro“, erklärte Cam. „Ich sage ihnen, dass ihr hier seid. Möchtet ihr etwas trinken?“
Ray schüttelte sofort mit dem Kopf, Lee hingegen überlegte kurz. Er hatte schon lange kein Blut mehr zu sich genommen und nachdem Ray auch noch von ihm getrunken hatte, spürte er nun deutlich, dass sein Körper nach dem roten Elixier verlangte. Und auch Ray würde es nicht schaden, noch etwas Blut sich zu nehmen.
„Ich würde etwas B negativ nehmen“, meinte er deshalb und Cam nickte. „Bin gleich wieder da“, erklärte sie und verließ dann die Bibliothek.