Lee wippte nervös mit dem Knie, während er sich fragte, worüber Isaac so plötzlich mit Ray hatte sprechen wollen. Die anderen schienen sich darüber keine großen Gedanken zu machen. Duncan und Adriana spielten in aller Ruhe mit ihrer Tochter und die anderen beiden Paare unterhielten sich über Nichtigkeiten.
Lee hatte versucht, ihren Gesprächen zu lauschen, aber seine Aufmerksamkeit war ihm immer wieder entglitten, weshalb er sich nun nicht mehr die Mühe machte, interessiert zu wirken.
„Lee?“ Bastians Stimme riss ihn jetzt dennoch aus seinen Überlegungen und er sah seinen Freund fragend an.
„Du hast uns gar nicht zugehört, was?“ Bastian schüttelte grinsend den Kopf und Lee zuckte nur vage mit den Schultern.
„Also noch einmal, weißt du etwas über diese Fähigkeit, die Ray und Isaac besitzen?“ Bastians Miene wurde ernster und Lee setzte sich in seinem Sessel auf. „Ja“, erklärte er dann. „Ich habe gesehen, wie Ray sie bei einem Dämon eingesetzt hat und habe sie später danach gefragt.“
Bastian nickte ernst. „Ich habe den anderen gerade erzählt, dass sie auch den Dämon, der dich angegriffen hat, mit ihrer Fähigkeit ausgelöscht hat. Plötzlich waren um sie herum diese Schatten und ich gebe es nur ungern zu, aber sie sah verdammt furchteinflößend aus.“
Ja, genau das hatte Lee auch gedacht. Es war unglaublich gewesen, Ray so zu sehen.
„Sie meinte, dass sie die Fähigkeit von ihrem Vater geerbt hat. Sie und auch Isaac, wobei sie bei ihnen wohl unterschiedlich ausgeprägt sind“, erinnerte Lee sich an Rays Worte. „Während Isaac die Kontrolle über den Körper einer Person übernehmen kann, kann Ray die Organe kontrollieren.“ Er warf einen Blick zu seinem Freund, der das Gesicht verzog. „Das war es also“, murmelte er und als er die fragenden Gesichter der anderen bemerkte, erklärte er: „Sie hat dem Dämon das Herz aus der Brust gerissen, ohne ihn zu berühren.“ In Bastians Stimme klang ein gewisser Hauch Anerkennung mit, aber Lee ahnte, dass es Ray einiges an Überwindung gekostet haben musste, das zu tun. Sie war nicht der Typ, der jemanden umbrachte, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Und ihr Bruder hat die anderen Dämonen erstarren lassen, sodass die Jungs die Chance hatten, sie auszuschalten“, bestätigte Bastian nun auch Lees Ausführungen zu Isaacs Fähigkeiten. „Er hat uns damit den Hintern gerettet“, fuhr Bastian fort. „Ich bin froh, dass er sich uns anschließen will.“
Das war eine Neuigkeit, von der Lee bisher noch nichts gehört hatte. Mit hochgezogener Augenbraue sah er Bastian deshalb an, der sofort nickte. „Er hat sich entschieden, den Jägern beizutreten und er will die Familiengeschäfte auflösen. Ray war ziemlich erleichtert, als sie das gehört hatte.“
Lee seufzte leise. Ja, das waren immerhin gute Nachrichten und er ahnte, wie glücklich Ray darüber war, dass ihr Bruder zur Vernunft gekommen war. „Du arbeitest künftig also mit einem Dämon zusammen?“, hakte er dennoch nach, um Bastian ein wenig aufzuziehen. Er wusste, wie sehr dieser die Dämonen stets verabscheut hatte, doch sein Freund zuckte nur mit den Schultern. „Manchmal muss man wohl auch eine Ausnahme machen“, meinte er dann. „Und Isaac scheint einer von den Guten zu sein. So wie Ray.“
Lee nickte und verstand, dass Bastian ihm damit noch viel mehr sagen wollte. Er gab ihm seinen Segen für eine Zukunft mit Ray. Obwohl er diesen eigentlich nicht brauchte, bedeutete es ihm doch viel, dass Bastian seine anfängliche Meinung geändert hatte.
Allerdings hieß das leider noch immer nicht, dass auch Ray es sich anders überlegt hatte. Sicher, sie hatte ihm das Leben gerettet und sich offenbar große Sorgen um ihn gemacht. Aber die Worte, die sie im SUV zu ihm gesagt hatten, hallten noch immer wie ein stummes Echo in seinem Kopf nach. Sie liebte ihn nicht.
Und das war ein Problem, das er leider nicht so einfach beseitigen konnte.