Es dauerte nur wenige Minuten, dann entdeckte Lee den schwarzen Van, der auf ihn zugefahren kam. Das Fahrzeug bremste und eine blonde Frau und ein brünetter Mann stiegen aus. „Sie haben uns gerufen?“, fragte die Frau.
„Mein Freund, ja“, bestätigte Lee und trat näher an den Van heran, als der Mann die Schiebetür geöffnet hatte. Das Innere des so unscheinbar wirkenden Fahrzeugs, war ähnlich wie ein Krankenwagen eingerichtet. Es gab allerlei Equipment und auch eine Liege.
„Hier hin bitte.“ Der Mann kletterte vor Lee in das Wageninnere und Lee folgte ihm. Vorsichtig legte er Ray dann auf die Liege.
„Was ist passiert?“, fragte die Frau, die ihnen ebenfalls hinterher gekommen war und sich nun über Ray beugte.
„Sie wurde angegriffen. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber sie hat hier eine große Wunde.“ Lee deutete auf ihren oberen Bauch. „Und am Hinterkopf.“
Die Frau nickte und zog sich Gummihandschuhe an. „Vampirin?“
Lee biss sich auf die Unterlippe. „Nein“, murmelte er dann. „Dämonin.“
Sofort fuhren die Köpfe der beiden anderen zu ihm herum. Ehe sie jedoch etwas sagen konnten, fügte Lee rasch hinzu: „Sie ist meine Gefährtin.“
Der brünette Mann runzelte die Stirn und schaute von Lee zu Ray. „Aber…?“
„Helfen Sie ihr einfach“, bat Lee eindringlich. „Bitte!“
Einen Moment tauschten die Ärztin und ihr Helfer einen Blick, dann nickten sie schließlich einvernehmlich. „Wieso heilt sie nicht?“, fragte die Frau dann, während sie Rays Pullover mit einer Schere aufschnitt.
Lee verzog das Gesicht als er sah, dass sein behelfsmäßiger Verband inzwischen schon völlig durchgeweicht war.
„Es gibt da wohl eine Art von Waffen, die Dämonen die Fähigkeit zu heilen nimmt“, erklärte er mit knappen Worten. „Ich weiß nicht viel darüber, aber wenn diese Art der Waffen existierten, dann könnte es gut sein, dass sie mit einer solchen verletzt wurde.“
Die Ärztin warf ihm einen erstaunten Blick zu, sagte aber nichts weiter dazu. Stattdessen löste sie den blutdurchtränkten Stoff von Rays Wunde und gab ihrem Helfer einige knappe Anweisungen. Er reichte ihr Verbandsmaterial. Die angespannte Miene der Beiden war ganz sicher kein gutes Zeichen.
Während sie jetzt einen sterilen Druckverband machten, wurde Lee eiskalt. Und das lag nicht daran, dass er noch immer mit nacktem Oberkörper dastand.
Ray verlor viel zu viel Blut!
„Johnny, fahr los!“, sagte die Ärztin in diesem Moment. „Sie muss in den OP. Wir kommen hier so nicht weiter.“
Der Mann nickte und kletterte nach vorn auf den Fahrersitz. Lee ballte die Hände zu Fäusten. Er wusste, dass sie sich nicht teleportieren konnten, weil das Krankenhaus genau gegen solch übernatürliche Fähigkeiten geschützt war. Die anstehende Fahrt mit dem Van erschien ihm aber dennoch als unfassbar zeitraubend.
„Setzen Sie sich!“ Die Ärztin deutete auf einen ausklappbaren Sitz neben Lee und er tat, was sie sagte. Nachdem er Platz genommen hatte, streichelte er vorsichtig über Rays Wange. „Du schaffst das, hörst du“, murmelte er und hoffte, dass er Recht behalten würde.
Die Notärztin hatte sich inzwischen auf einen ähnlichen Sitz fallen lassen, legte gleichzeitig aber eine Kanüle in Rays Arm und verpasste ihr eine Bluttransfusion.
„Sie wird doch durchkommen, oder?“, fragte Lee in die anschließende Stille, in der die Frau Rays Vitalwerte überprüfte und dabei sehr angespannt wirkte.
„Johnny, sag Bescheid, dass sie den OP vorbereiten“, rief die Ärztin nach vorn, ehe sie ihren Blick auf Lee richtete.
„Ich kann nichts versprechen“, erklärte sie ernst und in ihren Augen blitzte Bedauern auf. „Sie hat sehr viel Blut verloren.“
„Ja, aber sie wird doch wieder“, beharrte Lee.
„Ich bin nicht sicher…“, setzte die Ärztin an, doch Lee ließ sie nicht aussprechen. Seit Herz blieb stehen als er begriff, was sie ihm da gerade zu sagen versuchte.
„Was kann ich tun?“, fragte er und sprang auf. Es war ihm egal, dass er in dem fahrenden Auto Probleme hatte, das Gleichgewicht zu halten. Mit beiden Händen griff er nach Rays Fingern, die so eiskalt waren, dass er zusammenzuckte. Voller Verzweiflung sah er die Ärztin an, die ihn reglos musterte. Die Angst um Ray schnürte ihm die Kehle zu und seine Stimme war nur noch ein Krächzen, als er sagte: „Ich muss doch irgendetwas tun können!“