„Das hast du doch“, mischte sich eine Stimme ein und Ray zuckte zusammen. Lee sah ebenfalls überrascht zur Tür, in der Bastian nun stand. Er hatte ihn nicht kommen hören, aber offenbar, hatte sein Freund Rays letzte Worte mitbekommen.
„Schön zu sehen, dass du wach bist“, wandte sich Bastian nun an ihn und in seinen Augen funkelte ehrliche Erleichterung. Ein klarer Indiz dafür, wie ernst es um Lees Leben gestanden hatte.
Als Lee nickte, deutete Bastian auf die leere Blutkonserve am Tropf. „Brauchst du noch eine?“, fragte er doch Lee verneinte. Im Moment fühlte er sich stark genug und wollte nur wissen, was passiert war.
„Dich hatte es ganz schön erwischt“, erklärte Bastian nun auch umgehend. „Es sah nicht gut aus.“
Ja, das hatte Lee selbst auch gemerkt. Und trotzdem war er nun noch am Leben.
„Ich wollte dir helfen“, fuhr Bastian fort und fuhr sich dann durch das schwarze Haar.
„Du warst selbst verletzt“, erinnerte Lee sich und musterte mit einem kurzen Blick sein Bein.
Seinem Freund schien das nicht entgangen zu sein. Er zuckte mit den Schultern. „Geht schon wieder“, tat er es ab.
„Jedenfalls“, fuhr er dann fort. „Es war Ray, die den Dämon, der dich attackiert hatte, ausgeschaltet hat.“
Lee sah nun mit hochgezogener Augenbraue zu Ray, die bisher geschwiegen hatte. „Mit Hilfe der Schatten“, murmelte sie kleinlaut und Lee verstand sofort, wovon sie sprach. Sie hatte ihre Fähigkeit angewandt.
„Danke“, sagte er und drückte ihre Hand.
„Aber es war zu spät“, widersprach sie.
„Unsinn“, mischte Bastian sich ein, ehe Lee etwas sagen konnte. „Nachdem Isaac mit dieser…“ Er machte eine vage Geste in die Luft. „Fähigkeit“, sagte er dann und verzog das Gesicht. „Nachdem er also damit geholfen hat, die anderen Dämonen auszuschalten, hat Ray dir ihr Blut gegeben und dich damit gerettet.“
Es dauerte einen Moment, bis Lee realisiert hatte, was das zu bedeuten hatte. Dann jedoch riss er überrascht die Augen auf. „Du hast mir dein Blut gegeben?“, fragte er nach und als Ray zögernd nickte, runzelte er die Stirn. „Aber damit hast du die Blutsbindung vervollständigt.“ Kurz vorher hatte sie ihm noch erklärt, dass sie keine tiefgründigeren Gefühle für ihn hegte und es wäre schon mit einer einseitigen Bindung schwierig gewesen, künftig getrennte Wege zu gehen. Aber jetzt da die Bindung komplettiert worden war… Himmel, sie wusste ja nicht, was sie ihnen damit eingebrockt hatte!
„Hast du ihr das nicht gesagt?“, wandte Lee sich deshalb aufgebracht an Bastian, der nur verärgert die Stirn runzelte.
„Danke, dass ihr mir meinen alten Hintern gerettet habt“, brummte er beleidigt, ehe er den Kopf schüttelte. „Natürlich wusste sie, worauf sie sich da einlässt!“ Er schnaubte. „Du tust vielleicht so, als wenn du alles besser machen würdest und glaubst, dass du den Durchblick hast. Aber in Wahrheit bist du genauso blind wie ich es war.“
Lee hatte keine Ahnung, wovon sein Freund sprach. Irritiert sah er ihn an und stellte dann fest, dass auch Ray seinen Worten offenbar nicht ganz folgen konnte.
Gerade wollte er nachfragen, was Bastian ihm zu sagen versuchte, da hob dieser die Hand. „Ich glaube, ich brauche da ein bisschen Unterstützung“, erklärte er. „Mir liegt sowas nicht.“ Dann machte er eine vage Geste in Lees Richtung. „Zieh dir was an und dann komm runter in die Bibliothek.“
Kaum hatte er seinen Satz beendet, stand Ray auch schon auf. Sie hatte gerade zwei Schritte in Richtung Tür gemacht, als Bastian ihr zuzwinkerte. „Vielleicht solltest du hier bleiben und Lee beim Anziehen helfen.“
Er grinste und Lee verdrehte genervt die Augen. Doch obwohl er schon auf einen bissigen Kommentar von Ray gewartete hatte, stammelte die nur: „Ich…ähm… Vielleicht kannst du ja…?“ Damit drückte sie sich an Bastian vorbei und war verschwunden.
Verblüfft sah Lee ihr nach, aber Bastian schüttelte nur sichtlich amüsiert den Kopf.
„Was ist so witzig?“, wollte Lee nun endlich wissen, aber Bastian zuckte nur mit den Schultern. „Es ist nur dann lustig, wenn es einen nicht selbst betrifft“, erklärte er, schenkte Lee ein breites Grinsen und fragte dann: „Brauchst du nun Hilfe oder bekommst du das mit dem Anziehen allein hin?“