Lee öffnete die Augen und sah nichts. Er blinzelte mehrmals, bis er sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte und dann schemenhafte Umrisse wahrnehmen konnte.
Er lag in einem Bett und wenn er sich in dem Raum umblickte, meinte er, es sei das Gästezimmer, in dem er mit Ray geschlafen hatte, bevor sie zu Isaacs Rettung aufgebrochen waren. Ray!
Sofort kamen die Erinnerungen zurück und überrollten ihn mit einer Heftigkeit, dass er die Lider noch einmal kurz schloss. Sie hatten Isaac gefunden, aber die Dämonen waren deutlich in der Überzahl gewesen. Sie hatten gekämpft, aber Lee war verwundet worden. Er hatte seinen Todesstoß gespürt – zumindest hatte er das geglaubt.
Die Tatsache, dass er jetzt hier lag, musste allerdings bedeuten, dass er sich geirrt hatte. Er war dem Sensenmann offenbar noch einmal von der Schippe gesprungen.
Lee schob die Decke ein Stück beiseite, um seine Wunden zu begutachten. Dabei stellte er fest, dass er bis auf einen großen Verband vollkommen nackt war. In seinem Handrücken steckte eine breite Kanüle, die zu einem Tropf mit einer leeren Blutkonserve führte.
Lee zog den Zugang aus seiner Haut und versuchte sich aufzurichten. Er hatte kaum Schmerzen, fühlte sich aber noch immer ziemlich träge und ausgelaugt.
Langsam stieß Lee die Luft aus, ehe er nach der Nachttischlampe tastete und sie einschaltete. In dem Moment als der warme Lichtschein den Raum durchflutete, entdeckte er sie. Ray lag wie eine Katze zusammengerollt auf der anderen Seite des Bettes. Sie trug eine schwarze Leggings und einen hellgrauen, langen Pullover, der über ihren Po nach oben gerutscht war.
Lee lächelte, als er ihr verstrubeltes Haar sah, das ihr ins Gesicht gefallen war. Gerade wollte er seine Finger danach ausstrecken, um es ihr aus der Stirn zu streichen, da regte sie sich. Sie machte einen unverständlichen Laut, blinzelte und riss dann die Augen abrupt auf. Sofort setzte sie sich kerzengerade auf. „Ist was mit ihm?“, fragte sie und sah Lee dann irritiert an.
Er lächelte als er erkannte, wie verwirrt sie war.
„Lee“, entfuhr es ihr. „Du bist wach.“
„Ja“, bestätigte er und kaum hatte er ihr geantwortete, fiel sie ihm um den Hals. Ihre plötzliche Reaktion überraschte ihn so sehr, dass er mit ihr gemeinsam nach hinten und zurück in die Kissen fiel.
Kaum waren sie so gelanget, ließ Ray ihn auch schon wieder los und rückte von ihm ab. „Oh, tut mir leid“, entschuldigte sie sich. „Ich wollte nicht…“ Sie starrte auf seinen Verband, schüttelte dann den Kopf und Lee erkannte Tränen in den Winkeln ihrer Augen. „Hast du starke Schmerzen?“
Noch ehe er die Gelegenheit bekam, ihr zu antworten, sprang sie aus dem Bett. „Ich hole Bastian!“
Nun fuhr auch Lee wieder auf. Gerade als sie herumwirbelte, um zur Tür zu stürzen, gelang es ihm noch, ihr Handgelenk zu greifen. Er zog sie zurück. „Warte“, sagte er und sie blieb tatsächlich stehen.
Mit gerunzelter Stirn sah sie ihn an, als er sie wieder auf das Bett zog und sie widerwillig auf der Kante platznahm.
„Es geht mir gut“, versicherte er. „Bleib hier.“
Ray öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, entschied sich dann aber offenbar dagegen und sah ihn nur abwartend an.
„Sag mir, was passiert ist, nachdem ich das Bewusstsein verloren habe“, bat er deshalb.
Ihr Blick zuckte zu seiner verbundenen Brust und sie schluckte. „Es tut mir leid“, flüsterte sie dann so leise, dass er zunächst glaubte, sich verhört zu haben. Als ihr dann aber eine Träne über die Wange lief, war er sich sicher, dass sie sich gerade bei ihm entschuldigt hatte.
„Was tut dir leid?“, fragte er deshalb und streckte seine Hand nach ihr aus. Mit dem Daumen strich er ihr die Träne aus dem Gesicht, umfing dann ihr Kinn, um sie dazu zu bringen, ihn anzusehen.
„Ich hätte dir helfen müssen“, erklärte sie mit bebender Unterlippe.