Ray verzog das Gesicht. „Das kannst du nicht wissen!“
„Natürlich kann ich das. Und du weißt es genauso.“ Isaac schüttelte entschieden den Kopf. „Wenn die Geschäfte in die falschen Hände geraten, dann könnte das alles hier verdammt viel Schaden anrichten!“
„Aber das hat es doch schon!“ Sie versuchte nicht darüber nachzudenken, was sie mitbekommen hatte, als sie noch in diesem Haus gelebt hatte.
„Und es könnte noch viel schlimmer werden!“
„Warum kann es nicht einfach aufhören?“ Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie blinzelte sie fort.
„Rose! Sei nicht naiv!“ Ihr Bruder stieß sich von der Schreibtischkante ab und trat zu ihr. Seine Hände legten sich auf ihre Wangen, doch sie entzog sich seiner Berührung.
„Du bist in Gefahr!“, rief sie und nun stahl sich doch eine einzelne Träne über ihr Gesicht. Eilig wischte sie sie fort. „Die Jäger sind dir auf den Versen! Sie werden dich töten, wenn du das hier nicht beendest!“
Die Angst um ihren Bruder schnürte ihr die Kehle zu. Sie konnte nicht ertragen, wenn ihm etwas zustoßen würde.
„Woher weißt du das?“, zischte Isaac, doch sie schüttelte nun mit dem Kopf. „Das ist doch egal! Ich weiß es einfach.“
„Woher?“, wiederholte er seine Frage und klang plötzlich, als würde er ihr drohen. In seinen Augen flackerte eine Wut auf, die sie so noch nie an ihm gesehen hatte.
„Isaac“, setzte sie zu einer Erklärung an, doch Lee kam ihr zuvor. Schützend trat er vor sie und baute sich vor ihrem Bruder auf. „Sie weiß es von mir“, sagte er mit kühler Stimme und ließ dann seine Fangzähne hervorgleiten.
Isaac fluchte und seine Schatten erwachten.
„Nein!“ Ray stürzte an Lee vorbei und auf Isaac zu. Sie würde nicht zulassen, dass er Lee etwas antat. „Hör damit auf!“
Isaac sah sie mit einer Mischung aus Wut und Verachtung an und Ray hatte das Gefühl, ihr Herz würde zerspringen. Sie liebte ihren Bruder, doch gerade hatte sie sein Vertrauen verloren, das wusste sie genau.
„Du und dieser Vampir?“, fragte er voller Abscheu und verzog dabei angeekelt das Gesicht.
„Es ist nicht so wie du denkst“, versuchte sie einen lahmen Versuch, die Dinge zu erklären, doch Isaac hörte ihr nicht zu. „Ich hätte niemals gedacht, dass du zu so etwas in der Lage sein würdest.“
„Isaac“, rief sie flehend und wollte nach ihm greifen, doch er schlug ihre Hand unsanft weg.
„Mr. Delour!“, erklang die alarmierte Stimme und gleich darauf erschien ein fremder Mann in der Tür. „Jäger!“
Er blickte irritiert zwischen den Anwesenden hin und her, ehe seine Augen sich auf Isaac hefteten.
Dieser knurrte jetzt grimmig. „Du hast mich verraten“, sagte er zu Ray.
Mit großen Augen starrte sie ihn an. Nein, das hatte sie nicht!
„Nein! Ich würde niemals…“
„Du hast sie hier her geführt“, brüllte Isaac voller Wut, stieß sie zur Seite und stürmte zur Tür.
Da sie nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte, verlor Ray das Gleichgewicht und sie wäre vermutlich gestolpert, wenn Lee sie nicht aufgefangen hätte. Rasch rappelte sie sich auf und rannte dann hinter ihrem Bruder her, der mit dem anderen Mann den Raum verlassen hatte. „Isaac!“, rief sie ihm nach und sah sich suchend nach ihm um. „Isaac!“
Doch er war verschwunden.