Tiānlóng (chin. 天龍, vereinfacht 天龙, auch T'ien Lung bzw. Tien Lung, zu dt. Himmlischer Drache) sind Himmelsdrachen der chinesischen Mythologie. Ihr Gegenstück sind die Erddrachen Dìlóng.
Etymologie
Während Lóngdrachen seit der Zhou-Dynastie (zirka 1122/1045–770 v. Chr.) mit dem Himmel in Verbindung gebracht werden, taucht der Begriff Tiānlóng erstmals während der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) auf.
Der Begriff Tiānlóng kombiniert Tiān 天"Himmel" und Lóng 龍 "Drache". Da Tiān wörtlich nicht nur den physischen Himmel beschreiben kann, sondern auch das Himmelreich bzw. den göttlichen Himmel, kann Tiānlóng neben Himmelsdrache, auch Himmlischer Drache, heiliger Drache oder gar göttlicher Drache bedeuten.
Merkmale
Der Tiānlóng ist ein riesiger himmlischer Longdrache. Weiter gehört der Tiānlóng den Lóng an, welche bereits in Qui Lóng Entwicklungsstufe die finale Entwicklungsstufe erreichen. Damit besitzt der Drache, trotz himmlischer Lebensweise, keine Flügel; was ihn leicht von den Fēilóng und anderen Ying Long unterscheidbar macht.
Als ein Qui Lóng hat er den Körper eines riesigen Karpfens, mit den Beinen eines Tigers, den Krallen eines Adlers und ein paar Hirschhörnern. Andere Quellen beschreiben den Qui Lóng und dadurch indirekt den Dìlóng, mit dem Kopf eines Kamels, Ohren einer Kuh, Bauch eines Frosches, Pfoten eines Tigers, lange Schnurrhaare einer Katze, Schuppen eines Karpfens, Augen eines Dämons, langer Hals einer Schlange, den Krallen eines Adlers und den charakteristischen Hirschhörnern.
Vorkommen
Tiānlóng besiedeln alle Ebenen des chinesischen Himmels, sowohl die physischen, als auch die transzendenten Bereiche.
Lebensweise
Über die Lebensweise dieser Drachen ist nicht viel bekannt.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Es heißt, diese Drachen stützen die Fundamente der himmlischen Tempel der Götter. Dabei gibt es Quellen, die behaupten, die Drachen würden die Paläste der Götter in den Himmel heben, andere Quellen gehen davon aus, dass die Drachen den gesamten Himmel erheben und so die Behausungen der Götter bewachen.
Im I Ging (chinesisch 易經 / 易经, Pinyin Yìjīng, W.-G. I-Ching – "Buch der Wandlungen od. Klassiker der Wandlungen"), einer Sammlung von Strichzeichen und zugeordneten Sprüchen, dem älteste der klassischen chinesischen Texte, werden Tiānlóng an einigen Stellen erwähnt, teilweise als Reittiere weiser Männer.
Liu Xiang (77 v. Chr.–6 v. Chr.) erzählte in seinem Xinxu (新序 "Neue Vorworte") eine Geschichte über einen Mann namens Zigao, Herzog von Ye, der Drachen liebte und darum sein gesamtes Haus mit Darstellungen von ihnen schmückte. Daraufhin wurde er von einem Tiānlóng besucht, vor dem er aber erschrak und floh.
In der chinesischen buddhistischen Terminologie nehmen die Tiānlóng die gleiche Stellung ein wie die indischen, himmlischen Nāgas, in dem sie den Himmel und alles Göttliche stützen.
Trivia
- Tiānlóng ist der chinesische Name des westlichen Sternzeichens Drache und zeitgleich ein Stern des chinesischen Sternbildes Azurblauer Drache.
- Tiānlóng 天龍 ist in der chinesischen Folklore homofon mit dem Wort Tianlong 天聾 "Heilige Taubheit" (wobei das Schriftzeichen long 聾 "Taubheit" das "Ohrradikal"耳 und ein langes phonetisches Element kombiniert).
- Der Bencao-Gangmu-Eintrag für Wugong 蜈蚣 "Tausendfüßler" führt tianlong 天龍 "himmlischer Drache" als alternativen Namen auf. Vermutlich wegen der Länge der Tiere. Diverse Quellen beschreiben eine Feindschaft zwischen Schlangen und den Tausenfüßlern, gelegentlich auch, dass diese die Schlangen kontrollieren können.
Taxonomische Stellung
Der Tiānlóng ist ein Drache, genauer zählt er zu den Lóngdrachen. Innerhalb dieser Gruppe ist er der Gattung Lóng und dort in der Gruppe der Kaiserlóng, aufgrund seiner 5 Zehen, zuzuordnen. Der nächste Verwandte dürfte der Shén Lóng oder der Dìlóng sein.
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