Ikuchi (イクチ) ist ein Seeungeheuerdrachen der japanischen Mythologie. Es wird zu den Yōkai gezählt und ist mit einer Seeschlange vergleichbar. Es wird auch Ayakashi oder Ikuji gennant, dabei wird Ayakashi häufiger als Bezeichnung für andere seltsame Kreaturen und übernatürliche Phänomene verwendet und hat nichts Besonderes mit Ikuchi zu tun. Die Bezeichnung leitet sich von Toriyama Sekiens Bestiarium Konjaku Hyakki Shūi ab, wo er Ikuchi als Ayakashi bezeichnet hat.
Merkmale
Ikuchi sind kolossale Seeungeheuer, welche entweder als riesige Fische oder monströse Schlangen beschrieben werden.
Ihre Körper sind mit einem glitschig, klebrigen Öl bedeckt, das sich beim Schwimmen im Meer ablöst. Das Öl hat ein "flackerndes" Aussehen
und soll die Konsistenz von Funori (gummiartige Substanz aus Gloiopeltis- Algen) besitzen. Auch wenn Ikuchi nicht sehr dick sind, sind sie enorm lang, sie erreichen mehrere hundert Jō (jap. 丈), was ungefähr 333 Meter Körperlänge beträgt. Manche Berichte benennen das Wesen auch mehrere Kilometer lang ohne aber konkrete Zahlen zu nennen.
Das Wesen ist sehr langsam, insbesondere wenn es über Boote und Schiffe klettert. Diese Überquerungen dauern ein oder zwei Stunden, im extrem 3 Stunden, sodass ihre Bewegungsgeschwindigkeit zwischen 111 und 333 Metern die Stunde (0,1 bis 0,3 km/h) beträgt. Gefärbt ist die Ikuchi wie ein Aal, mit eher dunklen, leicht grünstichigen Färbungen. Trotz ihrer Ähnlichkeit zu Aalen haben die Wesen keine Augen, Nasen oder Mund.
Vorkommen
Ikuchi besiedeln die offene See vor der japanischen Küste. Vor der Küste der Provinz Hitachi (heutige Präfektur Ibaraki) scheint das Wesen häufiger aufzutreten. Kleine Ikuchi sind auf der Insel Hachijō-jima in der Provinz Izu (die Insel gehört jetzt zur Präfektur Tokio ) belegt, welche vermutlich Jungtiere sind, was die Region zur Brutstätte dieser Wesen macht.
Lebensweise
Ikuchi wurden bisher nur nachts gesichtet, weshalb man davon ausgeht, dass sie nachtaktiv sind.
Fortpflanzung
Laut einer Überlieferung sollen Ayakashi aus den Seelen und Geistern ertrunkener Menschen entstehen, die sich wünschen, nicht alleine im Meer ertrunken zu sein. Allerdings kann nicht festgestellt werden, ob hier bei Ikuchi gemeint sind, oder andere als Ayakashi bezeichnete Wesen.
Kulturelle Bedeutung
Gefährlichkeit
Wenn der Weg eines Ikuchi den eines Bootes kreuzt, umhüllt das Seeungeheuer das Boot mit seinem tentakelartigen Körper. Es gleitet über die Seiten und über das Deck mit langsamer Geschwindigkeit. In der Regel werden Boote von Ikuchi mehrere Stunden lahmgelegt, gelegentlich auch einige Tage. Während dieser Zeit müssen die Seeleute ständig den öligen Schleim des Monsters vom Deck schöpfen, um nicht durch den schweren Schleim zum Kentern gebracht zu werden.
Redewendungen
Der Ausdruck "ikuji naki" ("Mangel an Mut") leitet sich angeblich vom Namen dieser Kreatur ab.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Der Ikuchi wurde von Sekien als Seeschlange dargestellt und einige Quellen kategorisieren Ikuchi als zu einer Klasse von Seeschlangen oder Kreaturen ungewisser Identität, was sie zu einer Kryptiden macht.
Neben der Seeschlangenhypothese existiert auch die Hypothese einer unbekannten, gigantischen Seeschlangenart, vergleichbar mit einem Netzpython (Malayopython reticulatus, Syn.: Python reticulatus).
Englische Übersetzer von Sekien betrachten das "lange Ding", wie er es in seinem Werk benannte, das aus dem Meer auftaucht, nicht als den gesamten Körper der seeschlangenähnlichen Kreatur, sondern als einen einzelnen Strang, da die Sekuchi auch als "Tentakel" beschrieben wurde. Hierbei könnte es sich um eine importierte Überlieferung des legendären Kraken handeln.
Taxonomische Stellung
Aufgrund der Darstellung von Toriyama Sekien, welche die Ikuchi unter dem Namen Ayakashi in seinem "Konjaku Hyakki Shui" als eine riesiges Schlangenartiges Wesen zeichnet, wird die Ikuchi heute häufiger als Seeschlange betrachtet, während sie in alten Zeiten als "Fisch" betitelt wurde. Wenn es sich bei dem Wesen um ein reptiloides Mischwesen, dürften sich unter den Aal- und Schleimaalmerkmalen auch Schlangenmerkmale finden. Ähnliche Aalschlangen finden sich u.a. in der hethitischen Mythologie in Form von Illuyanka. Weshalb es naheliegend erscheint, dass Ikuchi mit diesen und anderen Aalschlangen nähere Verwandtschaft besitzt und somit zur Gruppe der Seeschlangen zu zählen ist, innerhalb der Schlangendrachen.
Nachweise
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